Alt 08.02.10, 00:34
Kurse machen Nachrichten: „PIGSI“ sorgt für Aufregung!
Beitrag gelesen: 3087 x 

Der DAX brach am Freitag um 1,79% auf 5434 Indexpunkte ein. “Nicht die Nachrichten machen die Kurse, sondern die Kurse machen die Nachrichten” ist ein Webeslogan eines bekannten Nachrichtensenders, für den ich auch die aktuellen Marktentwicklungen in Interviews kommentieren darf – das nächste übrigens am Montag in n-tv/Telebörse um 11.45 über den Wahlausgang in der Ukraine. Wenn der Markt auffällig korrigiert, werden bei Medien immer nach Begründungen gesucht und Medien beeinflussen wiederum Anleger im Anlageverhalten. So war es auch am Donnerstag und Freitag. Herhalten für den markanten Kursverfall um über 4% in 2 Tagen beim DAX bzw. 3% im Wochenverlauf müssen wieder einmal die „PIGSI“ sowie die Arbeitsmarktdaten in den USA. Dabei waren nach dem starken Kursanstieg seit März 2009 nach dem Verlassen des Haussetrends ohnehin Korrekturen fällig.

Die US-Arbeitsmarktdaten, die jeden Monat die Märkte in helle Aufregung bringen, waren mit 20.000 neuen Arbeitslosen zwar schlechter als erwartet, dennoch sank die US-Arbeitslosenquote von 10 auf 9,7% und das BSP nahm im 4. Quartal anualisiert um 5% in den USA zu. Seit der Krise gingen in den USA nun 8,2 Mio Arbeitslose verloren, was mehr sind als zuvor geschätzt. Sie müssen wissen, dass es sich bei den gemeldeten Zahlen immer um Schätzgrößen handelt, die später dann korrigiert werden. Zudem handelt es sich in den USA – und nicht nur dort – um geschönte Zahlen. In der nächsten Woche müssen die Anleger und Medien die Einzelhandelsumsätze und das Verbrauchervertrauen bewerten, die dann als Argumentationshilfen für die Kurse dienen werden. Die Zahlen bei ThyssenKrupp werden in Deutschland für Stimmung sorgen. Die Unsicherheit und Nervosität der Anleger hat in jedem Fall wieder zugenommen.

Dennoch ist weiteres intensives Nachdenken über die EWU-Problematik für Strategen hilfreich und sinnvoll. Nachdem die EU nun Griechenland enger an die Kandare nehmen und den Sparplan der Regierung überwachen möchte, kommt nun auch Spanien und Portugal wieder ins Visier der EU-Aufseher und angeblich auch der Anleger, was ich bezweifele. Sicherlich: Spanien ist mehr als viermal so groß wie Griechenland und ein Default bei spanischen Anleihen hätte eine größere Wirkung als bei Griechenland, deren Anleihenvolumen kleiner als das vom Saarland ist.

Portugal hat Staatsschulden in Höhe von 286 Mrd. USD (davon 47,3 Mrd. USD bei deutschen Banken), Griechenland von 302 Mrd. USD (davon 43,2 Mrd. USD bei deutschen Banken), Irland aber 938 Mrd. USD (davon 193,3 Mrd. USD bei deutschen Banken) und Spanien 1,153 Billionen USD, (davon 240 Mrd. USD bei deutschen Banken). Der größte Brocken und auch meisten verschuldet ist aber Italien und hierüber spricht kaum einer – wegen „too big to fail!?“ Aber auch hier sollte man die Kirche im Dorf lassen. Zum einen gab es noch keine weitere Herabstufungen bei den Anleihen von den Rating-Agenturen, zum anderen werden hier sicherlich koordinierte EU-Hilfen folgen, auch wenn jetzt Gegenteiliges behauptet von offizieller Seite wird. Auch China kommt als Retter in letzter Not in Betracht. Neben Spanien und Portugal werden sicherlich auch Irland und Italien in den nächsten Monaten in Finanznöte kommen. Ob eine Kette hält, hängt bekanntlich von den schwächsten Gliedern ab.

Auch die Ukraine muss nach den Präsidentschaftswahlen am 7. Februar ihre Hausaufgaben machen und den Haushalt konsolidieren und verlässliche Strukturen schaffen, sonst werden weitere IWF-Zahlungen ausbleiben. Im letzten Jahr betrug das Minus beim BSP 17%. Trotzdem verdoppelten sich die Kurse an der Börse Kiew in 2009. Noch dramatischer und für die Zukunft bedeutender ist aber die Schuldenexplosion in den USA. Obama will in diesem Jahr wieder ein Haushaltsbilanzdefizit von 1,6 Billionen USD zulassen und im Vergleich dazu sind alle „PIGSI“ zusammengenommen „Peanuts“. Auch das bankrotte Kalifornien ist weit mehr verschuldet als so manches südeuropäische Land, was nun im Rampenlicht steht. Aber was die USA angeht, wird es auch hier heißen: „too big to fail“, denn einen Staatsbankrott der USA bedeutet einen weltweite Währungsreform, wo alle ärmer werden, vor allem Chinesen und Japan als Hauptgläubiger von US-Staatsanleihen.

Die Schweiz geriet wieder einmal durch geklaute, pikante Bankdaten, die für 2,5 Mio € zum Verkauf stehen, ins Rampenlicht. Angeblich soll die Daten den deutschen Staat 400 Mio € einbringen – aus „Anlegersicht“ sicherlich kein schlechtes Geschäft für den deutschen Staat, wo die Kassen ach immer knapper werden und Kommunen/Gemeinden schon handlungsunfähig sind. Ein Berliner soll angeblich 4,5 Mio € durch eine Selbstanzeige wegen der Steuerhinterziehung gezahlt haben, womit sich die Hehlerei des Staates finanziell schon gelohnt hat. Weitere Selbstanzeigen werden sicherlich folgen.

Dennoch tut sich die Bundesregierung sicherlich keinen Gefallen, wenn sie Diebesgut selbst verwendet und sich damit selbst zum Hehler macht. Die rechtliche Abwägung zwischen kleinem und größerem Übel ist hier müßig. Es ist nicht verwunderlich, dass nun Me too-Produkte auftauchen und in Baden-Württemberg eine weitere Diskette aufgetaucht ist mit angeblich 2000 deutschen Steuersündern. Danach wurden weitere pikante Daten in Mannheim und München „angeboten“. Abgewickelt werden soll der erste Deal mit dem BND in Frankreich an einem neutralen Ort.

Im letzten Jahr sind in den ersten 9 Monaten in den USA 277 Mrd. USD in den Anleihenbereich, aber nur 2 Mrd. USD in den Aktienbereich geflossen. Bei steigenden Zinsen könnte sich der Trend umkehren. In Emerging Markets sah der Trend anders aus: hier flossen in 2007 54 Mrd. im Aktienbereich hinzu, in 2008 49,5 Mrd. USD ab und in 2009 das Rekordvolumen von 80,5 Mrd. USD wieder hinzu, was auch den starken Anstieg der „BRIC-Börsen in 2009 begründet. Letztendlich ist alles an der Börse eine Kapitalflussrechnung. Die Fonds hatten bis Ende 2009 ihre Cash-Reserven enorm abgebaut, sie sind daher wieder voll investiert. Mit anderen Worten haben sie aber auch ihr Pulver verschossen.

Dafür wurde auf der Sicherheitskonferenz in München rethorisch stark geschossen, wenn auch nicht so stark wie zuvor. Sogar Iran meldete sich zu Wort und machte nur vage Vorschläge, was auch bedeutsam für den Weltfrieden und die Weltbörsen in den nächsten Monaten ist, denn die Urananreicherungsfrage muss bald geklärt werden. Der Iran stimmt im Grundsatz zu, leicht angereichertes Uran im Ausland anreichern zu lassen, dafür aber im Gegenzug stark angereichertes Uran zu erhalten. Die USA wollen eine Zeitspanne von 1 Jahr dazwischen. Die USA nahmen übrigens erstmals nicht an der Konferenz in München teil, was zu denken gibt. Nach den Aussagen vom deutschen Verteidigungsminister Guttenberg spielt der Iran durch allerlei rethorischen Finessen auf Zeit. Außenminister Westerwelle meint zwar dass die Hand zum Iran ausgestreckt bleibe, aber man greift dabei ins Leere.
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Andreas Männicke die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
 Es ist 08:13 Uhr.
Top 



copyright: imagine Grafik - DTP - Webdesign - [AGB / Datenschutz]