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Mitten in die Sommerpause platzt EZB-Chef Mario Draghi mit der vollmundigen Äußerung, man werde den Euro in jedem Fall erhalten... und man könne ihm glauben, die EZB habe die notwendigen Mittel dazu. In Spanien war die Rendite über 7,5% geklettert, auch Italien näherte sich bereits der 7%-Marke, und durch die Bemerkungen von Draghi rutschen die Zinsen unter 7% (Spanien) bzw. unter 6% (Italien).
Die Aussage kam nicht ganz überraschend. Überrascht hatte mich höchstens Finanzminister Schäuble, der Mitte der Woche bekanntgab, dass die Märkte die Bonität Spaniens falsch einschätzten. Diese Äußerung war ein Freibrief für Draghi. Denn die Kritik an einem möglichen Eingreifen der EZB bezieht sich stets darauf, dass dadurch die disziplinierende Funktion des Marktes umgangen würde. In nicht funktionierenden Märkten hat die EZB geradezu die Aufgabe, vernünftige Verhältnisse herzustellen. So ist es denn auch nicht weiter überraschend mehr, dass Schäuble heute die Aussage von Draghi ausdrücklich "begrüßt" hat. Wer nach der Aussage Draghis befürchtete, Merkel und Schäuble würden ihn zurückpfeifen, der täuschte sich. Lediglich die Bundesbank hat Draghis Äußerungen scharf kritisiert, die Politik scheint sich jedoch dem Diktat der Club-Med Länder zu beugen. An den Märkten ist man sich nun sicher, dass die EZB schon bald wieder über den Sekundärmarkt spanische und italienische Staatsanleihen aufkaufen wird. Oder anders gesagt: Banken, die Anleihen ihrer jeweiligen Staaten kaufen, können sich sicher sein, diese zu einem vertretbaren Preis an die EZB weiterverkaufen zu können. Die Folge: An den Aktienmärkten gab es eine Rallye, auch die spanischen und italienischen Staatsanleihen stiegen im Preis, im Umkehrschluss sank die Rendite. Deutsche Staatsanleihen hingegen fielen im Preis, die Rendite, die Deutschland zu zahlen hat, stieg. Als Hort der Sicherheit werden Bundesanleihen um so mehr nachgefragt, je stärker das Eurosystem unter Druck ist. Jetzt, wo die EZB ein wenig des Drucks genommen hat, fließt das überschüssige Geld also auch wieder nach Italien und Spanien. Das Resultat ist dann eine geringere Nachfrage nach deutschen Papiere, die Rendite steigt. "Ohh, wo soll das hinführen", rufen nun wieder die Anhänger der Österreichischen Schule. "Die Bilanz der EZB wird mit wertlosen Staatsanleihen aufgeblasen, es ist eine Inflation des Geldes, die sich erst mit einigen Jahren Verzögerung zwangsweise in steigende Preise umwandeln wird." "Endlich wird Europa vor einer Rezession gerettet", rufen die Anhänger von Nobelpreisträger Paul Krugman und dem Wirtschaftsweisen Peter Bofinger. "Wir müssen uns mit ein wenig mehr Inflation, so etwa 4%, vor der drohenden Rezession und aus der Krise herausretten, sonst werden Revolutionen und Krawalle die Demokratie in ihren Grundzügen in Frage stellen." Wenngleich ich eher dem ersten Weg den Vorzug geben würde, weil ich die Hoffnung auf ein stabiles System noch nicht aufgegeben habe, will ich einen Erfolg des ewigen Durchwurschtelns mit etwas höheren Inflationsraten nicht ausschließen. Immerhin vertritt mein Sandkastenfreund und Trauzeuge diese Ansicht. Auch er hat VWL studiert, und an diesem Punkt diskutieren wir uns immer die Köpfe heiß. Bis zum heutigen Tag haben wir jedoch nicht herausfinden können, welcher Weg der "Bessere" ist. Ja, es gibt kein richtig oder falsch. Wir können nur feststellen, dass einmal mehr die Club-Med Linie dominiert. Die EZB richtet, was die Politik in fünf Jahren Finanzmarktchaos nicht richten konnte. Mit dem Resultat, dass die EZB mächtiger wird. Der berühmte Greenspan-Put wurde zunächst auf Bernanke übertragen: Der alte wie auch der neue Notenbankchef der USA hat stets unterstützend eingegriffen, wenn die Märkte zu stark einzubrechen drohten. Wir haben nun in Europa einen Draghi-Put. Wenn die Refinanzierungskosten für überschuldete Euroländer zu hoch werden, wird Draghi einspringen. Erstaunlich, dass es diesmal bis 7,5% Rendite bei Spanien gedauert hat. Normalerweise hätte ich den Schritt schon bei 7% erwartet. Nachdem Draghi nun die Fronten geklärt hat und sogar Finanzminister Schäuble auf seiner Seite weiß, gehe ich davon aus, dass er künftig wieder spätestens bei 7% aktiv wird. Schauen wir einmal, wie die wichtigsten Indizes im Wochenvergleich auf diese Entwicklung reagiert haben: WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (26.07.2012) | Woche Dow Jones: 12.888 | -0,4% DAX: 6.583 | -2,6% Nikkei: 8.567 | -1,2% Euro/US-Dollar: 1,23 | 0,1% Euro/Yen: 96,26 | -0,3% 10-Jahres-US-Anleihe: 1,43% | -0,08 Umlaufrendite Dt: 1,01% | 0,02 Feinunze Gold: $1.619 | 2,4% Fass Brent Öl: $106,08 | -1,5% Kupfer: 7.532 | -3,1% Baltic Dry Shipping: 958 | -10,8% Zum Wochenbeginn nutzte die FDP das Sommerloch, um Griechenland den Austritt aus der Eurozone nahezulegen. Die Märkte brachen ein obwohl diese Meldung nicht wirklich überraschen konnte. Griechenland ist schon lange ein aussichtsloser Fall und es geht in meinen Augen nur noch um das Timing des Ausstiegs. Es folgten einige schwache Quartalszahlen: Daimler machte mehr Umsatz, kriegt aber die Kosten nicht unter Kontrolle. Die Deutsche Bank hat inzwischen so viel Geschäft außerhalb Eurolands, dass die Euro-Schwäche dem Gewinn zusetzt. Apple leidet unter einer Käuferzurückhaltung vor der Markteinführung des iPhone 5. Gleichzeitig hat Moodys das Tripple-A Rating von Deutschland in Frage gestellt. Auch der EFSF sowie die gesamte deutsche Bankenlandschaft wurden von Moodys abgewertet. Überfällig würde ich sagen, wenn ich mir die Bürgschaftsfreude von Angela Merkel anschaue. Deutschland bürgt für Griechenland, Irland und Portugal und schafft neue Instrumente, um mehr Geld nach Spanien und Italien verschicken zu können. Wenn man Geld ausgibt wie ein betrunkener Seemann auf Landgang, dann darf man sich nicht wundern, wenn man an Kreditwürdigkeit einbüßt. Das schlägt auf die Stimmung. Schauen wir einmal, wie sich der Optimismus bei Anlegern und Analysten entwickelt hat: SENTIMENTDATEN: ANLEGER WERDEN VORSICHTIG Analysten Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen): Kaufen / Verkaufen 06.07.- 13.07. (214): 47% / 18% 13.07.- 20.07. (256): 54% / 21% 20.07.- 27.07. (332): 40% / 16% Kaufempfehlungen der Analysten Daimler, SAP, MTU Aero Engines Verkaufsempfehlungen der Analysten Rolls Royce, Generali, Drax Group Privatanleger 28. KW: 54% Bullen (135 Stimmen) 29. KW: 57% Bullen (151 Stimmen) 30. KW: 46% Bullen (129 Stimmen) Kaufempfehlungen der Privatanleger Gameloft S.A., Groupe Eurotunnel, Nokia Verkaufsempfehlungen der Privatanleger Facebook, Pfleiderer, Solarworld Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise erstellt: http://www.sharewise.com?heibel Die Stimmung hat sich eingetrübt. Sowohl Analysten werden vorsichtiger mit ihren Kaufempfehlungen als auch Privatanleger verlieren an Optimismus. Der richtige Nährboden für eine Sommerrallye? Mehr dazu im nächsten Kapitel. TOP ANALYSTENZIELE Sie wollen wissen, was die Analysten im Einzelnen für Aussagen treffen und wo sie die größten Chancen sehen? Ich habe für Sie ab sofort jede Woche eine Übersicht der Analysen mit den höchsten Kurszielen ausgearbeitet. Die Liste zeigt ganz einfach an, wo das aktuelle Kursziel des Analysten prozentual am meisten über dem aktuellen Kurs liegt: Unternehmen | Analyse v. | Kurs | Kursziel | Upside Daimler | 26.7 | 38,22 € | 88,00 € | 130,25% Dt. Bank | 25.7 | 23,52 € | 40,00 € | 70,07% Hochtief | 23.7 | 36,68 € | 60,00 € | 63,58% Aixtron | 27.7 | 10,88 € | 17,00 € | 56,25% BMW | 23.7 | 57,80 € | 90,00 € | 55,71% Adidas | 26.7 | 46,80 € | 72,00 € | 53,85% Klöckner | 25.7 | 6,63 € | 10,00 € | 50,83% SAP | 25.7 | 51,60 € | 77,00 € | 49,22% Pfeiffer Vacuum | 25.7 | 78,09 € | 115,00 € | 47,27% Aareal Bank | 23.7 | 12,64 € | 18,60 € | 47,15% Es handelt sich um Analysen aus dieser Woche. Bitte genießen Sie diese Übersicht mit Vorsicht. Sie wissen ja, dass häufig auch ein Eigeninteresse des Analysten für eine rosa Brille sorgen kann, weshalb Analysteneinschätzungen tendenziell optimistischer ausfallen als es die Realität anschließend erlauben würde. Aber die Übersicht gibt einen Eindruck darüber, wo die Erwartungen mit dem aktuellen Kurs am weitesten auseinander liegen. Wer letztlich Recht haben wird, der Analyst oder die Anleger, die den Kurs machen, ist in jedem Einzelfall individuell zu beurteilen. AMAZON IN SPENDIERLAUNE Der Gewinn von Amazon ist von 191 Mio. USD im Vorjahresquartal auf 7 Mio. USD eingebrochen. Die Aktie ist in Folge dessen kurz um 5% eingebrochen. Doch schon nach wenigen Minuten wurden die Verluste ausgeglichen, die Aktie notiert inzwischen auf einem Allzeithoch. Quartal für Quartal weise ich auf die Eigenart von Jeff Bezos, Gründer und CEO von Amazon hin: Er will zum weltweit größten Einzelhändler werden. Und schon lange ist Amazon keine Internetbude mehr, das Unternehmen verfügt über die modernsten Logistikzentren weltweit. Kunden können sich bei Amazon darauf verlassen, das Produkt zum (fast) günstigsten Preis zu erhalten, keine Lieferkosten zu zahlen und schon am nächsten Tag beliefert zu werden. Die Infrastruktur, die Bezos im Hintergrund aufgebaut hat, ist einmalig und von keinem Versandhaus wie Neckermann oder Quelle realisierbar. Amazon hat schon lange Firmen aufgekauft, die sich der Optimierung des Lagermanagements verschrieben haben. Und so baut Bezos seine Infrastruktur weiter aus. Der einzige Engpass, den Amazon kennt, ist schnell genug zu wachsen, um mit dem Kundenwachstum Schritt zu halten. Der Umsatz ist um 29% auf 12,8 Mrd. USD angestiegen. Hier sieht man die wahre Entwicklung. Wir sind daran gewöhnt, dass Bezos immer wieder alles ihm zur Verfügung stehende Geld sofort wieder investiert. Amazon ist nach wie vor ein Wachstumsunternehmen. Gleichzeitig drückt Amazon seine elektronischen Lesegeräte (eBook) sowie das Touchpad Kindle Fire in den Markt. Leider werden keine detaillierten Zahlen genannt, doch Analysten gehen davon aus, dass Amazon hier kräftig subventioniert, um sich eine gute Position im Markt zu erkämpfen. Mit recht steigt Amazon also auf ein Allzeithoch. Wie auch Ebay profitiert Amazon von der weiter anhaltend wachsenden Akzeptanz des Kaufens über das Internet. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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