Beitrag gelesen: 9038 x |
||
Unternehmensmeldungen und Börsenentwicklung laufen auseinander. Erinnern Sie sich noch an das Jahresende vor wenigen Wochen: Die Fiskalklippe werde Unternehmen zu Investitionszurückhaltung zwingen. Doch was wir in den ersten Tagen der neuen Berichtssaison zu hören bekommen, klingt nun viel rosiger.
Schauen wir beispielsweise einmal ins Quartalsergebnis des weltgrößten Aluminiumherstellers Alcoa. Der ehemalige Siemens-Chef Klaus Kleinfeld ist CEO des Unternehmens und erfreut die US-Wirtschaft Quartal für Quartal mit einer tiefgreifenden Analyse der verschiedenen Branchen der Weltwirtschaft. Trotz seiner guten Marktanalyse gelang es Kleinfeld bislang nicht, gute Quartalsergebnisse abzuliefern. Diese Woche hingegen konnte er erstmals die Erwartungen der Analysten übertreffen, er berichtete von überraschend positiven Entwicklungen in allen Bereichen des Unternehmens. Für China beispielsweise hob Kleinfeld seine Wachstumsprognose nach oben. Von derzeit 7,5% Wirtschaftswachstum werde China bis zum Jahresende auf 11% anwachsen. Das ist erheblich mehr als irgendein Analyst derzeit prognostiziert, die Optimisten sprechen von 9%. Die Erholung bliebe jedoch nicht auf China begrenzt, die anderen BRIC-Staaten (Brasilien, Russland und Indien) hätten ebenfalls erste Anzeichen für ein sich wieder beschleunigendes Wirtschaftswachstum gezeigt. Zudem erwarte er ein moderates Wachstum für die USA und eine Bodenbildung in Europa. Sein Fazit lautete, Europa schrumpfe nicht schnell genug um China daran zu hindern, die Weltwirtschaft aus dem Sumpf zu ziehen. Auch die Branchensicht Kleinfelds war überaus positiv. Nachdem der Flugzeugmarkt 2012 um 13-14% angewachsen war, ein Wachstum, das nicht wiederholt werden kann, dürfte seiner Einschätzung nach im laufenden Jahr ein weiterer Zuwachs von noch immer 9-10% folgen. Sie wissen, dass nicht nur viele Bauteile der modernen Flugzeuge aus Gewichtsgründen aus Aluminium bestehen, auch von den rund einer Millionen Schrauben, die jeden einzelnen Flieger zusammenhalten, besteht ein Großteil aus Aluminium. Seine Prognose sollten wir also Ernst nehmen. Im Automobilsektor sieht Kleinfeld für die USA ein weiteres Wachstum von 15,5 Mio. auf 16 Mio. Neuwagenverkäufe, das entspricht dann wieder dem Niveau von vor der Finanzkrise. In China werde 7-10% mehr Neuwagen verkauft, bislang geht man von einem Wachstum von nur 6-7% aus. Und der Absatz bei Nutzfahrzeugen werde "nur noch" um 15-19% zurückgehen, was einer Stabilisierung des Rückgangs entspricht. In Europa werde der Rückgang nur noch 6-10% betragen nach 12% im Jahr 2012, und in China werden Laster auf Teufel komm raus gekauft, er erwartet ein Wachstum von 12-19%. Auto und Flugzeuge begründen riesige Industrien in den USA und in Europa. Die positiven Entwicklungen, die Kleinfeld aus dem jüngsten Verhalten seiner Kunden ableitet, sprechen für ein bullisches Jahr 2013. Doch Alcoa war nicht das einzige Unternehmen mit guten Zahlen: Danaher, Anbieter von Test- und Messgeräten für Medizintechnik, überraschte in allen Geschäftsbereichen. Das ist überraschend wenn wir uns die ach so dramatischen Auswirkungen von Obamacare in Erinnerung rufen, die Kritikern zufolge solche Erfolge vereiteln sollten. Gleiches gilt für Stryker, den Anbieter von Hüft- und Knieprotesen, die in den vergangenen Quartalen serienmäßig die Erwartungen verfehlten. Stryker vermeldete bessere Zahlen als erwartet, trotz der neuen Obamacare-Steuer auf ihre Produkte. Oder schauen wir die Technologiebranche an, hier hat Seagate bessere Zahlen geliefert als erwartet. Sie erinnern sich sicherlich noch an diese alten Festplatten, die man nutze, als es noch keine SSD-Flash-Drives gab? Es scheint, dass die Drehscheiben doch noch nicht außer Mode sind und zumindest für extrem große Datenmengen gern genommen werden. SAP gab gestern bekannt, seine Echtzeit-Datenbank HANA mit dem ERP-Programm R/3 zu koppeln. Sie erinnern sich an meine Ausführungen zu Tibcos Echtzeit-Auswertungen bei Macys und für Amazon (siehe Kap 03 im Heibel-Ticker PLUS #16 vom 20.4.2012). Immer mehr Daten werden im Arbeitsspeicher gehalten und in Echtzeit für Auswertungen verwendet. Ein Megatrend, den nun auch SAP für sich nutzen wird. Eine nicht überraschende Ankündigung die einmal mehr zeigt, dass SAP weiterhin neue Wachstumsmärkte für sich erschließen kann. Und heute früh hat noch Wells Fargo gute Quartalszahlen veröffentlicht, ein gutes Omen für die Finanzbranche. Kleinfelds bullische Kommentare zu China wurden zudem noch von Rekord-Exportzahlen aus dem Monat Dezember aus China unterstützt. Insbesondere wenn Sie sich nun nochmals in Erinnerung rufen, wie pessimistisch die Erwartungen für das vierte Quartal des abgelaufenen Jahres noch vor wenigen Wochen waren, überrascht es kolossal, dass die Meldungen dieser Woche nicht zu einer Rallye geführt haben. Schauen wir uns einmal an, wie sich die wichtigsten Indizes entwickelt haben: WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (10.01.2013) | Woche Δ Dow Jones: 13.471 | 0,6% DAX: 7.708 | -0,6% Nikkei: 10.802 | 1,1% Euro/US-Dollar: 1,33 | 1,9% Euro/Yen: 117,94 | 2,7% 10-Jahres-US-Anleihe: 1,89% | -0,01 Umlaufrendite Dt: 1,21% | 0,18 Feinunze Gold: $1.671 | 2,0% Fass Brent Öl: $111,59 | 0,6% Kupfer: 8.107 | -0,3% Baltic Dry Shipping: 751 | 7,3% Nun, der Dow Jones ist immerhin leicht angestiegen. Und das kleine Minus im DAX können wir vielleicht dem Effekt zuschreiben, den ich am vergangenen Freitag beschrieb: Nach der Beruhigung der Situation in den USA werden einige Anleger ihre Gelder wieder aus dem "sicheren Hafen" Deutschland abziehen und zurück in die USA steuern. Der Euro gewinnt weiter an Stärke. Ein Umstand, den EZB-Chef Mario Monti gestern als nebensächlich abtat. Er habe sich um die Geldwertstabilität zu kümmern, und wenn andere Regierungen ihre Währungen entwerteten, ginge ihn das nichts an. Es war das erste Mal, dass ich eine Aussage von ihm gut fand. Es war aber auch das erste Mal, dass ihm eine zu harte Gangart vorgeworfen wurde, und der fragende Journalist stammte aus ... Italien. Am besten liefen die Aktien diese Woche in Japan, doch der Zuwachs im Nikkei konnte nicht einmal den gleichzeitigen Wertverfall des Yens ausgleichen. Japan fährt einen riskanten Kurs. Heute wurden Details zum gigantischen Konjunkturprogramm veröffentlicht. 173 Mrd. Euro werden bereit gestellt. 35 Mrd. Euro davon gehen in den Wiederaufbau der Tsunami- und Atomkatastrophenregion. 30 Mrd. Euro werden für Expansionspläne japanischer Unternehmen zur Verfügung gestellt, um etwas die ungünstigen Wechselkurse auszugleichen. Die beschlossene Umsatzsteueranhebung von 5% auf 8% wird evtl. verschoben. Zusätzlich übt Ministerpräsident Abe Druck auf die Bank of Japan aus, das Volumen günstiger Unternehmenskredite auszuweiten. "More of the same", sagen die Amerikaner: Mehr Altbekanntes! Kanzlerin Merkel würde sagen: "Japan braucht Strukturreformen". Nicht die Konjunkturprogramme der vergangenen zwanzig Jahre können das Land aus der Krise ziehen, sondern Strukturreformen wie sie in Europa derzeit den strauchelnden Club-Med Ländern aufgezwungen werden. Lassen Sie sich also nicht vom nominellen Anstieg der japanischen Aktienkurse blenden, ein großer Teil wird durch den Wertverfall des Yen für uns Europäer aufgezehrt werden. Und in meinen Augen dürfte die internationale Finanzgemeinde bald einmal die Fragen an Japan stellen, die in den vergangenen Jahren in Europa für so großes Chaos gesorgt haben. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
|