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Im Moment geistert durch die Börsen-Medien der Hinweis, dass der crashartig fallende Ölpreis die Deflationsgefahren erhöht und dies schlecht für die Wirtschaft sei. Es ist wieder so eine Argumentation, die, wenn man sie komplett durchdenkt, wenig Sinn macht. Gut, ich vertrete selten die Massenmeinung, was die Themen Deflation und Inflation anbetrifft. Einige von Ihnen werden sich noch erinnern, wie ich in den Jahren nach dem Immobiliencrash in den USA und der Lehman-Brothers-Pleite einer der wenigen war, die vor einer Deflation warnten. Die überwiegende Masse der Anleger erwartete eine große Inflation, mit der Begründung der Geldmengenausweitung.
Wider den Mainstream Ich weiß noch, dass ich mir damals die Finger wund geschrieben habe, um meine anderslautende Prognose zu erläutern und diese gegen die viele Einwände zu vertreten. Einer der Aufhänger war ein historischer Hintergrund und zwar die Entwicklung in Japan nach dem dortigen Immobiliencrash 1990. Mittlerweile ist – wie man sieht – tatsächlich „Deflation“ das große Thema. Die von so vielen prognostizierte große Inflation ist zumindest bis heute ausgeblieben (bis auf die Inflation bei verschiedenen Vermögensklassen, aber das ist ein anderes Thema). Inzwischen haben sich auch die Medien auf das Thema „Deflation“ eingeschossen, zumal auch die Notenbanken immer wieder darauf verwiesen. Und so wird alles, was diese Deflation untermauern könnte, undifferenziert in einen Topf geworfen. Aber auch das ist leider nicht korrekt. Ich versuche daher heute einmal das Thema auf eine, wie ich hoffe, sehr nachvollziehbare Art und Weise möglichst verkürzt und für den Nicht-Ökonomen verständlich darzustellen. Man kann sich in diesem Zusammenhang auf den Standpunkt stellen, dass es eine Art „gute“ und eine „schlechte“ Deflation gibt. Die schlechte, klassische Deflation Wir stellen uns vor, die Wirtschaft eines Landes versinkt in eine Krise. Die Inlandsverkäufe, der Export, die Aufträge der Wirtschaft gehen dramatisch zurück. Die Gewinne der Firmen sinken. Nun werden diese Firmen gezwungen, Arbeitnehmer zu entlassen. Andere Firmen melden Insolvenz an. Insgesamt steigt also die Arbeitslosenquote und die Löhne sinken. Wenn weniger Menschen Arbeit haben, dann können diese auch weniger konsumieren. Das wiederum führt dazu, dass sich der Konkurrenzkampf der Unternehmen verstärkt, da diese um immer weniger kaufkräftige Konsumenten ringen. Dieser Konkurrenzkampf gipfelt in einem Preiskampf, der dazu führt, dass die Preise weiter sinken. Wenn die Preise aber sinken, machen die Unternehmen weniger Gewinn. Also müssen sie weiter sparen, was oft mit noch mehr Entlassungen und noch niedrigeren Löhnen einhergeht (negative Lohn-Preis-Spirale). So steigt die Arbeitslosenquote immer weiter, was zu einem immer schärferen Konkurrenzkampf führt. Gleichzeitig sehen die Verbraucher die Krise und sparen ihr Geld, halten also insbesondere größere Anschaffungen zurück. Gleichzeitig führen die sinkenden Preise dazu, dass größere Investitionen immer mehr nach hinten verschoben werden, weil man es vielleicht „bald noch billiger bekommt“. Beides erhöht den Preisdruck zusätzlich. Es entstehen also „Teufelskreise“, welche die bestehende Deflation fördern oder sogar verstärken und die es schwer machen, aus diesen Spiralen wieder herauszufinden. Das ist das klassische Deflationsszenario, das eben sehr gefährlich ist. Die „gute“ Deflation Wenn aber – wie aktuell – die Ölpreise sinken und die Preise aus diesem Grund sinken, entsteht dieser Teufelskreislauf nicht. Er ist an mehreren Stellen unterbrochen. Aus folgenden Gründen. Wenn die Energiepreise sinken, sinken die Produktionskosten. Da die Preise nicht sofort nachziehen, machen die Unternehmen erst einmal mehr Gewinn. Sie müssen also keine Arbeitnehmer entlassen. Die Zahl der Konsumenten bleibt konstant. Der Preis- und damit der Konkurrenzkampf werden nicht verschärft. Zudem führen stark sinkende Produktionskosten dazu, dass weniger Unternehmen insolvent werden – einfach weil der Kostendruck nachlässt. Auf der anderen Seite könnten sogar mehr Arbeitnehmer eingestellt werden. Auf der Konsumentenseite führt ein sinkender Ölpreis dazu, dass die Konsumenten weniger für Benzin und eventuell auch andere Energieträger (z.B. Öl und Gas zum Heizen) zahlen müssen. Das wiederum hat den Effekt, dass sie MEHR konsumieren können. Die Nachfrage auf Verbraucherseite steigt demnach, anstatt zu sinken. Und auch das führt dazu, dass die Unternehmen noch mehr Geld verdienen und der Konkurrenzkampf sogar sinkt. In diesem Szenario existiert also keine Deflationsspirale. Die durch sinkende Rohstoffpreise getriebene Deflation wird sich zwar in sinkenden Produzentenpreisen und Verbraucherpreisen widerspiegeln (wahrscheinlich nicht mal in den Kernraten), aber sie wird eben nicht diesen verheerenden Effekt haben, wie die Deflation, die eine negative Lohn-Preis-Spirale bewirkt. Ganz vereinfacht: Das Gespenst der steigenden Arbeitslosigkeit, welches ein typisches Merkmal der Deflation ist, ist in einem solchen Deflationsszenario nicht existent (das gilt natürlich nur für ein Industrieland – ein reines Rohstoff-Land, dessen Wirtschaft zu einem großen Teil von Rohstoffen abhängt, wird natürlich unter stark sinkenden Rohstoffpreisen leiden, aber das ist wiederum ein ganz anderes Thema). In der Sache richtig, in der Konsequenz falsch Aus diesem Grund ist die Warnung, dass der stark fallende Ölpreis die Deflationsgefahren erhöht, sicherlich in Bezug auf Verbraucher- und Erzeugerpreise richtig (wie gesagt, nicht die Kernrate, die ohne Energie und Nahrungsmittel dargestellt wird). Falsch ist jedoch die darüber hinaus gehende Interpretation, dass dies ebenso wie die andere Deflation auch für die Wirtschaft schädlich sei. Eher das Gegenteil ist richtig. Das nur, um die zurzeit etwas verwirrende Berichterstattung zum Thema Deflation und Ölpreis zu entwirren. Davon komplett unberührt sind aber die sonstigen Deflationsgefahren und Auslöser, die uns sicherlich noch eine Weile beschäftigen werden. Auch die Frage, ob die fallenden Rohstoffpreise nicht ein Hinweis auf eine starke Wirtschaftsabschwächung sind, die sich dann in Folge wieder deflationär auswirken wird, ist in diesem Kontext natürlich außen vor gelassen. Kommen wir damit zum Schluss noch zum DAX: Target-Trend-Methode funktioniert weiterhin besser als die klassische Charttechnik Zunächst sieht man auch in der weiteren Entwicklung, wie genau sich der DAX an die Linien der Target-Trend-Methode hält. Die schwarze Linie, von der ich viel geschrieben habe, wurde nach dem Ausbruch zwei Mal von oben getestet (siehe rote Pfeile). Die blau gestrichelte Mittellinie bei 9.862 Punkten des aktuellen Rechtecks (das von 9.379 bis 10.345 Punkten reicht) wurde von unten ebenfalls zwei Mal getestet (schwarze Pfeile), bevor sie überwunden wurde. Um Moment kämpft der DAX eben mit dieser Mittellinie, was, wie wir wissen, normal ist. Die Mittellinie wird häufiger hart umkämpft. Ich habe heute die blaue Abwärtstrendlinie des Dreiecks eingezeichnet, von dem ich in den vergangenen Tagen berichtet habe – hier allerdings im Tagesschart. Diese ist heute von oben getestet und sogar wieder unterboten worden, nachdem der DAX erneut im Bereich der 10.000-Punkte-Marke gescheitert ist. Es ist also alles genau so, wie ich geschrieben habe: Den Ausbruch aus dem Dreieck darf man nicht überbewerten, da dieses Dreieck unter der wesentlich wichtigeren 10.000er Mark an Bedeutung verliert. Das entscheidende Signal auf der Oberseite wäre ein Überwinden dieser 10.000er Marke, und dann sollte sich unter steigendem Umsatz ein neues Allzeithoch ausbilden. Erst dann wird es wirklich bullisher. Bis dahin ist alles – unmotiviertes Rauschen… Viele Grüße Ihr Jochen Steffens www.stockstreet.de | ||
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