Alt 18.08.16, 00:55
Standard Aufwärtsdynamik im Goldpreis lässt nach
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Am 6. Juli war in der „Börse-Intern“ zu lesen, dass der Goldpreis seinen Aufschwung fortsetzte und mit 1.375 US-Dollar je Feinunze auf dem höchsten Stand seit zwei Jahren notierte. Seitdem konsolidiert der Kurs auf dem erreichten Niveau seitwärts (gelbes Rechteck).



Insgesamt lässt sich feststellen, dass der Aufwärtsdrang bei Gold nachgelassen hat. Stieg der Preis zu Jahresbeginn noch binnen drei Monaten von ca. 1.050 USD auf 1.284 USD um fast 25 Prozent (dunkelgrünes Rechteck), so legte der Preis seitdem bis zum Hoch bei 1.375 USD nur noch um etwas mehr als 7 Prozent zu. Selbst die Rally vom Zwischentief bei rund 1.200 USD bis zum Hoch vom 6. Juli (hellgrünes Rechteck) machte nur knapp 15 Prozent aus.

Angebot holt Nachfrage wieder ein

Die Gründe für die nachlassende Aufwärtsdynamik liefern die aktuellen Quartalsdaten des World Gold Councils für den Zeitraum von April bis Juni. Demnach ließ die Nachfrage im zweiten Quartal gegenüber dem ersten Quartal 2016 um stattliche 240 Tonnen (t) von 1.290 auf insgesamt 1.050 t und damit um mehr als 18 Prozent nach. Zudem bestimmt neben der Nachfrage auch das Angebot den Preis. Und während es im ersten Quartal 2016 noch zu einem Nachfrageüberhang von rund 155 t kam, herrschte im zweiten Quartal ein Angebotsüberhang von knapp 95 t.


Grafik 1 (Quelle: World Gold Council)

Dennoch war die Nachfrage auch im zweiten Quartal durchaus beachtlich. Denn im Vergleich zum Quartal des Vorjahres stieg sie um 15 Prozent und zum Jahresbeginn um 18 Prozent. Zwar konnte die sehr starke Nachfrage im ersten Quartal, die den Kurs zu Jahresbeginn dynamisch nach oben getrieben hat, nicht aufrechterhalten werden, sie blieb jedoch im zweiten Quartal offenbar stark genug um den Goldpreis zumindest in einem leichten Aufwärtstrend zu halten.

Investmentnachfrage erneut stärkste Kraft

Dabei war es erneut, wie schon im ersten Quartal des laufenden Jahres, ausschließlich die Investmentnachfrage, also die Nachfrage nach Goldbarren, Münzen und mit Gold besicherten Indexfonds, sogenannte Exchange Traded Funds (ETF), die den Goldpreis getrieben hat. Sie stieg im zweiten Quartal um 141 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal und um 127 Prozent zum Jahresbeginn. Zudem war sie im ersten Halbjahr 2016 mit insgesamt 1.064 Tonnen und einem Wert von 41,6 Milliarden Dollar so groß wie nie. Sie lag sogar um 16 Prozent höher als im ersten Halbjahr 2009, dem bisherigen Rekordzeitraum. Damals war die Finanzkrise an ihrem Höhepunkt.

Dies führte dazu, dass die Investmentnachfrage zum ersten Mal in der Geschichte die größte Komponente in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen war. Verantwortlich dafür waren vor allem Zuflüsse in ETFs. Sie lagen im ersten Halbjahr dieses Jahres bei 580 Tonnen und damit sogar um über ein Viertel höher als während der Krise.


Grafik 2 (Quelle: World Gold Council)

Nachfrage nach Gold sinkt

Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Nachfrage nach Gold im zweiten Quartal insgesamt gesunken ist. So ging die Nachfrage der Zentralbanken im Jahresvergleich um ganze 40 Prozent zurück und auch die Schmucknachfrage ließ nach. Wegen der hohen Goldpreise und deren Volatilität sowie den stockenden indischen und chinesischen Absatzmärkten verringerte sie sich um 14 Prozent. Der Technologiesektor fragte derweil drei Prozent weniger Gold nach (siehe Grafik 1).

Und im Vergleich zum ersten Quartal schwächelte selbst die Investmentnachfrage. Sie sank von 617 t auf 448 t, was einen Rückgang von 27 Prozent bedeutet. Hier zeigt sich, wie extrem die Volatilität der Investmentnachfrage sein kann.

Unsicherheit treibt Goldkurs

Treiber des Goldpreisanstiegs und der Nachfrage waren bislang Unsicherheiten am Markt. So erfolgten allein im Juli, dem ersten Monat nach dem Brexit-Votum, Gold-Investments im Gegenwert von weiteren 80 Tonnen. Mehr als die Hälfte des Kapitals kam dabei aus Europa. Und alleine am Tag nach dem Brexit-Votum gewann der Goldpreis zeitweise um über 100 USD dazu. Zudem stieg bei Google die Suchanfrage für „buy gold“ (engl. für „Gold kaufen“) an diesem Tag um 500 Prozent. Daneben sorgten der turbulente US-Wahlkampf sowie die Probleme im italienischen Bankensektor und die anhaltenden Unruhen im Nahen Osten für Unsicherheit unter den Anlegern.

Niedrige Zinssätze

Auch die anhaltende Liquiditätswelle der Zentralbanken tat ihr Übriges. Immer mehr Anlagen werden inzwischen negativ verzinst, sodass sogar die Haltungskosten von Goldbarren teilweise günstiger werden als manche Anleihe. Es wundert daher kaum, dass die globalen Bestände in Gold-Indexfonds in der vergangenen Woche ihr Drei-Jahres-Hoch erreichten. Und hier ist erst einmal kein Ende in Sicht. Denn die EZB hat in nächster Zeit nicht vor, ihren Kurs zu ändern. Die Bank of England hat ihren Leitzins sogar kürzlich erst weiter gesenkt. Und ob die Federal Reserve ihre Zinsen bis zum Ende des Jahres noch einmal erhöhen wird, ist weiterhin offen.

Pause im Aufwärtstrend oder Trendwende?

Der Goldkurs behält vor diesem Hintergrund zurzeit zumindest eine Seitwärtskonsolidierung bei. Vielleicht schafft er sogar bald noch ein neues Jahreshoch. Dazu müsste aber ein erneuter Aufschwung der Investmentnachfrage den Goldkurs weiter beflügeln. Auch eine anziehende Nachfrage der zuletzt schwächelnden Sektoren (Schmuck, Technologie, Notenbanken) könnte bei gleichbleibender Investmentaktivität zu weiter steigenden Kursen führen. Doch Voraussetzung dafür ist, dass die niedrigen Zinssätze und die hohe Liquidität weiterhin bestehen und Gold für (institutionelle) Investoren weiterhin eine vermeintlich sichere Anlage in unsicheren Zeiten bleiben.

Treten die Unsicherheitsfaktoren jedoch in den Hintergrund, weil sich wie üblich ein Gewöhnungseffekt einsetzt, dann könnten sich die Investoren auch schnell wieder aus ihren Gold-Investments verabschieden. Denn gerade ETFs lassen sich nicht nur schnell kaufen, sondern auch genauso schnell wieder veräußern. Auf diese Problematik wurden Sie bereits in der Börse-Intern vom 13. Mai hingewiesen, als der Goldmarkt des ersten Quartals analysiert wurde. Und inzwischen zeichnet sich genau dies in den Daten des World Gold Council zum zweiten Quartal bereits ab.

Fazit

Vor diesem Hintergrund ist die aktuell nachlassende Aufwärtsdynamik im Goldpreis bereits skeptisch zu sehen. Zumal derzeit Investoren so stark wie seit den Höchstständen von Gold im Jahr 2011 nicht mehr auf steigende Goldpreise setzen, was aus antizyklischer Sicht eher für fallende Kurse spricht. 2011 kostete eine Feinunze noch 1.900 Dollar. Kurz darauf trat jedoch der Kurs in einen vier Jahre währenden Sinkflug ein.


Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus
www.stockstreet.de
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