Alt 26.09.16, 20:12
Standard Neues Allzeithoch im NASDAQ 100 - und nun?
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Sehr verehrte Leserinnen und Leser,

vor zwei Wochen mussten wir uns hier mit dem überraschenden Rücksetzer an den US-Börsen beschäftigen. Bearishe Konsequenzen blieben aber zum Glück aus. Stattdessen zeichnet sich das mögliche bullishe Überraschungsszenario ab, das ich damals skizziert hatte. Noch ist es aber nicht soweit. Für die Bullen bleibt noch einiges zu tun – und die Bären haben noch eine letzte Chance. Im Folgenden geht es daher um die nächsten wichtigen Hürden, die nun zu nehmen sind.

Neue Allzeithochs im NASDAQ 100 und NASDAQ Composite!

Aber zunächst zu den klar bullishen Signalen, die es inzwischen gab. Dazu zählen natürlich insbesondere die jüngsten Allzeithochs der NASDAQ-Indizes. Im NASDAQ 100 hat es sogar eine ganz besondere Bedeutung, denn mit dem jüngsten Ausbruch nach oben wurde das alte Allzeithoch von 2000 inzwischen eindeutig überwunden.



Am Mittwoch voriger Woche, also nach Bekanntgabe der Fed-Entscheidung (siehe Börse-Intern vom 22.09.2016), konnte der NASDAQ 100 erstmals die drei kleinen Hochs vom August/September überwinden. Am Donnerstag schoss er noch ein gutes Stück weiter nach oben, bevor die Kurse am Freitag wieder etwas zurückkamen (siehe blaue Ellipse).

Das sind die bullishen Signale

Der NASDAQ 100 sendet damit eine ganze Reihe positiver Signale. Erstens natürlich das neue Allzeithoch selbst, das stets uneingeschränkt bullish ist. Hinzu kommt zweitens die besondere historische Bedeutung des alten Allzeithochs während der Technologieblase, das nun Geschichte ist.

Drittens ist die Art und Weise, wie das neue Allzeithoch entstand, extrem bullish: Es gab den besagten Rücksetzer am Freitag vor zwei Wochen, der den Bären alle Perspektiven eröffnete. Doch stattdessen rissen die Bullen gleich am nächsten Tag das Ruder herum (siehe grüner Pfeil) und starteten einen Wiederanstieg, der ohne nennenswerte Pause zum neuen Allzeithoch führte.

Ein vierter sehr positiver Aspekt ist, dass der NASDAQ 100 damit den anderen großen US-Indizes – Dow Jones, S&P 500 – vorausläuft. Das ist ein ganz typisches Verhalten, das anzeigt, dass die US-Börsenwelt in Ordnung ist. Die genannten marktbreiteren Indizes folgen dann in der Regel mit einigen Tagen Verzögerung.

Was die Bullen nun tun müssen

Damit sind wir auch schon bei den Punkten, die auf der To-Do-Liste der Bullen noch offen sind. Dow Jones und S&P 500 haben eben noch keine neuen Allzeithochs markiert und müssen das nun bald nachholen. Wenn das geschieht, dann ist das vor zwei Wochen skizzierte Überraschungsszenario perfekt. Dann sind die Bären erst einmal geschlagen und die Rally sollte weitergehen.

Aber auch der Umkehrschluss gilt: Sollten die anderen Indizes dem NASDAQ 100 nicht folgen, dann gerät die Rally erneut in Gefahr und die Bären erhalten eine weitere Chance. In diesem Fall könnte es im NASDAQ 100 zu einem Fehlsignal am alten Allzeithoch kommen. Dieses wäre vollendet, wenn der Kurs demnächst wieder unter die dicke rote Linie zurückfällt. Dann gilt der Ausbruch als gescheitert. Und es ist fraglich, ob dann die Bullen noch einmal die Kraft haben, die Lage zu drehen.

Achtung – ein Fehlausbruch ist noch möglich!

Charttechnisch wäre ein solches Fehlsignal ohne weiteres möglich. Im obigen Chart sehen Sie den bisherigen steilen Aufwärtstrend (grün schattiert). Dieser wurde sowohl nach dem Brexit Ende Juni als auch bei dem jüngsten Rückschlag verlassen, aber beide Male kurzfristig zurückerobert. Damit ist er formal noch gültig.

Allerdings konnte der NASDAQ 100 nach dem Brexit nicht mal mehr annähernd in Richtung der Oberkante dieses Trendkanals laufen. Das ist ein typisches charttechnisches Zeichen, dass der betreffende Trend erschöpft sein könnte. Bereits am 12.9. hatte ich Ihnen daher den möglichen neuen, flacheren Aufwärtstrend als Alternative vorgestellt, der ebenfalls im Chart oben zu sehen ist. Und genau diesen Trend hat der NASDAQ 100 am Donnerstag bestätigt, als er im Hoch exakt die Oberkante dieses Kanals berührte (siehe roter Pfeil).

Das ist ein weiterer Hinweis darauf, dass der NASDAQ 100 nun diesem neuen, abgeschwächten Trend folgen könnte. Dieser ist ohne Zweifel ebenfalls bullish, denn er ist weiterhin aufwärtsgerichtet. Aber die Kurse tendieren in einem Trend dazu, zwischen Ober- und Unterkante hin und her zu pendeln. Wenn aber der NASDAQ 100 wieder zur Unterkante dieses neuen Trends läuft, dann würde er mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder unter die dicke rote Linie zurückfallen – und damit dieses gefährliche Fehlsignal produzieren.

Die starke Wirkung bedeutender Widerstände

Diese Variante ist auch aus stimmungstechnischer Sicht recht wahrscheinlich. Immerhin ist das alte 2000er Allzeithoch noch ein sehr starker Widerstand. Es dürfte noch viele Anleger geben, die der Meinung sind, dass die fundamentalen Randbedingungen noch längst nicht ausreichen, um einen solchen Widerstand zu überwinden. (Über die diversen Risiken für Märkte und Konjunktur hatte Sven Weisenhaus in den vergangenen Wochen und Monaten mehrfach umfassend berichtet, siehe z.B. Börse-Intern vom Freitag).

Ein solcher Widerstand ist also aus verschiedenen Gründen geeignet, die Kurse eine ganze Weile in seinem Bann zu halten, bevor sie endgültig weiter steigen. Denken Sie an die 10.000er Marke im DAX: Es brauchte fast ein Jahr, um diesen Widerstand nachhaltig zu überwinden. Und als es schon so schien, dass sich der DAX endgültig davon gelöst hatte, führte ihn eine zähe Konsolidierung wieder dorthin zurück. Und selbst heute – mehr als zwei Jahre nach dem ersten Kontakt mit dieser Marke – bewegt sich der DAX immer noch in der weiteren Umgebung dieser Marke.

Es ist nicht gesagt, dass im NASDAQ 100 das Gleiche geschieht. Die Möglichkeit eines langen Ringens mit dem Allzeithoch aus dem Jahr 2000 sollten Sie aber im Hinterkopf behalten. Vielleicht macht es ja der NASDAQ 100 auch so ähnlich wie der DAX: Er schießt erst einmal kräftig über diese Hürde hinaus, kehrt dann jedoch – anders als der DAX – nicht mehr dorthin zurück.

Ihre Richtschnur für die nächste Zeit

Wie auch immer – für Ihre Anlagetaktik können Sie in der nächsten Zeit die oben genannten Abläufe als Richtschnur nehmen:
1. Der laufende Rücksetzer im NASDAQ 100 sollte idealerweise spätestens am alten Allzeithoch enden und danach wieder in eine Aufwärtsbewegung übergehen.
2. Gleichzeitig oder kurz danach sollten auch Dow Jones und S&P 500 neue Allzeithochs erreichen.
3. Dann sollten signifikante Anschlusskäufe in allen Indizes dafür sorgen, dass die Kurse weiter steigen und sich dadurch nachhaltig von den alten Allzeithochs lösen.
Bei jedem dieser drei Signale können Sie – je nach persönlicher Risikoneigung – Neuinvestments tätigen oder bestehende Positionen aufstocken bzw. Absicherungen auflösen. Wenn eines oder mehrere dieser Signale ausbleiben, wächst die Gefahr, dass die Bären wieder ans Ruder kommen. Dann ist wieder Vorsicht angebracht.

Deshalb sollten Sie auch mit Short-Positionen vorsichtig sein

Vorsichtig sollten Sie auch mit größeren Verkäufen oder Short-Positionen sein – selbst im Fall eines klaren Fehlausbruchs im NASDAQ 100. Es ist noch immer viel heißes Geld unterwegs, das Rendite sucht. Das buy-on-dip-Phänomen, das wir beim jüngsten Rücksetzer beobachten konnten, dürfte noch eine Zeitlang anhalten. Eine gewisse Volatilität an solch wichtigen Marken ist zudem normal.

Andere Anleger könnten hingegen abwarten, was die demnächst beginnende Quartalsberichtssaison bringt. Jüngsten Prognosen zufolge könnte das dritte Quartal besser ausgefallen sein als seine beiden Vorgänger. Vorstellbar ist also auch eine Reihe von Fehlsignalen in beide Richtungen.

Außerdem beginnt im Oktober die traditionell positive Börsenphase des Jahres – inklusive möglicher Jahresendrally. Alles zusammen kann uns an den Börsen einen aufregenden, vielleicht sogar heißen Herbst bescheren.

Mit besten Grüßen

Ihr Torsten Ewert
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