Alt 11.02.17, 11:48
Standard So tickt die Börse: Die Schach-Strategie Donald Trumps
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Endlich habe ich eine einleuchtende Erklärung für das Verhalten von Donald Trump gefunden. Unter http://www.zerohedge.com/news/2017-02-09/trumps-game-chess erklärt ein Schachlehrer, wie er vom Schachlehrer Garri Kasparows unterrichtet wurde (ehemaliger Schachweltmeister). Der Rat an einen spät lernenden Schachspieler: Du wirst niemals die komplexen Strategien, mit denen Schachprofis mehrere Züge in die Zukunft blicken, erlernen. Das ist zu komplex. Also musst Du darauf setzen, Deine Gegner beschäftigt zu halten, damit sie ihre Strategie nicht umsetzen können. Damit wirst Du neun von zehn Spielern besiegen.

Donald Trump ist kein gelernter Politiker. Er wird niemals auf der Bühne der internationalen Diplomatie auch nur einen Blumentopf gewinnen. Kann er gar nicht. Seine Strategie entspricht dem Rat des Schachlehrers Kasparows. Er hält seine politischen Gegner unter Dauerfeuer. Dadurch sind Demokraten, Regierungschefs sowie auch die Medien permanent mit dem Parieren des letzten Angriffs beschäftigt.

Ein weiterer Rat: Ziehe niemals zweimal mit der gleichen Figur, denn das macht berechenbar. Hat Trump sich schonmal mehrfach zu einem Thema geäußert? Nein, kein Thema wird von ihm abschließend behandelt. Er springt von Thema zu Thema, Angriff zu Angriff, macht damit in den Augen der Beobachter zu viele Baustellen auf. Doch diese scheinbar willkürlichen Aktionen haben das Ziel, im Hintergrund seine wichtigsten Mitstreiter in Position zu bringen. Denn, so der Schachlehrer Kasparows, man sollte so früh wie möglich viele seiner Figuren in Position bringen. Wir lesen gleichzeitig über Probleme bei der Vereidigung seiner Minister. Viele der nominierten Minister sind höchst umstrittene Figuren.

Konkretes Beispiel: "Wir sehen uns vor Gericht" twitterte Trump als Antwort auf die außer Kraft gesetzte Einreisebeschränkung. Rechnet er wirklich damit, vor dem obersten US-Gerichtshof zu gewinnen? Oder benötigt er nur Rückendeckung für seine nominierten und noch nicht vereidigten Minister? Oder will er gar nur einfach von ihnen ablenken?

Oder aber legt Trump mit seinen Anschuldigungen gegenüber den Bundesrichtern nur den Grundstein für eine um so härtere Reaktion auf den nächsten IS-Anschlag? Verschwörungstheoretiker unterstellen nun natürlich, dass er einen solchen Anschlag herbeiführen könnte. So ein perfides Verhalten will ich Donald Trump gar nicht unterstellen. Es reicht aber schon, wenn irgendwo in der westlichen Welt ein Anschlag von einem Bürger der sieben betroffenen Nationen verübt wird. Trump würde der unzureichenden Inneren Sicherheit die Schuld geben.

Und wenn der Fall vor dem Obersten Gerichtshof entschieden wird, dann ist auch noch lange nicht gesagt, dass sich die Richter der Meinung der Bundesrichter anschließen. Donald Trump ist als US-Präsident auch oberster Befehlshaber des Landes und somit für die Sicherheit seiner Bürger verantwortlich. Seit 9/11 befinden sich die USA im Kriegszustand und da kann der US-Präsident sich auf mal vorübergehend durchsetzen - und sein Dekret war ja befristet.

Und noch einen Rat hatte der Schachlehrer Kasparows: Kommuniziere deine Absicht. Ein guter Schachspieler geht davon aus, dass der Gegner die Absicht ohnehin durchschaut. Es ist ein Zeichen der Stärke, wenn man seine Absicht kommuniziert. Der Gegner befindet sich ja ohnehin unter Druck und muss immer wieder auf Deine letzte Aktion reagieren. Und die Kommunikation beseitigt die Komponente "Glück", auch Du selbst wirst dadurch besser.

Nun, ich habe noch nie einen Politiker gesehen, der so offen seine Schritte kommuniziert wie Donald Trump.

Mit dieser Strategie wird dem Gegner, ob Medien, Politik oder anderen Regierungschefs, die Möglichkeit genommen, eigene Ziele umzusetzen. Eigene Ziele können, wenn der Dauerbeschuss nur intensiv genug ist, nicht einmal mehr formuliert werden. So wird sich nach kurzer Zeit nur noch alles um Donald Trump und seine Themen drehen, während die Gegner völlig orientierungslos ein bemitleidenswertes Bild abgeben.

So betrachtet kann ich nur eines wiederholen: Donald Trump darf nicht unterschätzt werden. Doch genau das tun derzeit so ziemlich alle Medien, in denen ich über ihn lese. Und wenn wir ihn nicht unterschätzen dürfen, dann sollten wir davon ausgehen, dass er eine Reihe seiner Kernversprechen umsetzen wird. Und dazu gehört die Schaffung neuer Jobs durch weniger Regulierungen, Steuererleichterungen und Repatiation (Rückholung im Ausland lagernder, nicht versteuerter Gewinne).

Ja, Donald Trump setzt die ganze Welt unter Druck. Doch Druck ist nicht gleichbedeutend mit dem Ende der Welt. Hinter den Angriffsfeuer arbeitet er intensiv an seinem Konjunkturprogramm. Und das wird meiner Einschätzung nach nicht nur den USA helfen, sondern größeres Wachstum in den USA wird auch zu MEHR Handel mit Deutschland führen. Die Drohung mit den Importzöllen könnte auch hier nur ein Störfeuer sein.


MARKTGESCHEHEN

Es knistert im Unterholz. Immer mehr Marktkommentatoren legen sich fest, wohin die DAX-Reise als nächstes gehen wird. Doch leider lese ich viele überragend einleuchtende Argumente von Bären sowie auch von Bullen. Die Entscheidung steht noch aus.

Die Quartalsergebnisse sowohl in den USA, als auch in Deutschland waren erfreulich gut. Unternehmen verfügen über günstige Kostenstrukturen und die zart angelaufene Konjunktur verschafft ihnen derzeit üppige Gewinne. Wenn das so weiter geht, dann wird das Zinsniveau nicht nur in den USA steigen, sondern irgendwann auch in Europa anziehen. Das wiederum wäre gut für die Banken, die uns hier in Europa noch für eine nachhaltige Aktienmarktrallye fehlen.

Immerhin, der DAX hat Ende Januar ein 52-Wochenhoch erklommen. Ein US-Zahlenmischer hat die folgende Statistik errechnet: Deutsche Aktien haben in der Zeit seit 1996 nur in 5% der Wochenschlusskurse neue 52-Wochenhochs markiert. Wenn man im Anschluss an ein 52-Wochenhoch gekauft hat, dann hat man durchschnittlich eine wesentlich bessere Performance erzielt, als mit der typischen "Kaufen-und-Halten" Strategie.

In 3 Monaten legt der DAX durchschnittlich um 0,8% zu. Nach einem 52-Wochenhoch ist jedoch durchschnittlich mit +5,2% zu rechnen. Nach 6 Monaten beträgt der durchschnittliche Zuwachs 1,6%, nach 52-Wochenhochs hingegen 6,8%. Der Dow Jones klettert bereits von einem Allzeithoch zum nächsten, der DAX hat da noch Nachholbedarf. Während das Wachstum in den USA durch Obamas gigantische Neuverschuldung kaum noch weiter angeheizt werden konnte, wächst die Wirtschaft in Deutschland selbst unter dem Spardiktat Schäubles stärker als in den USA.

Doch auch die Bären haben gute Argumente: Derzeit glaubt niemand wirklich daran, dass Le Pen die französischen Wahlen für sich entscheiden kann. Sollte sie gewinnen, wird sie den Austritt Frankreichs aus der EU vorantreiben, was meiner Einschätzung nach mit dem Ende der EU gleichzusetzen wäre. Ich gehe schwer davon aus, dass die Chancen Le Pens in den kommenden Wochen deutlich ansteigen werden - zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung. Und da an der Börse Wahrscheinlichkeiten gehandelt werden, wird allein eine vermeintliche Zunahme ihrer Gewinnchance negative Auswirkungen auf die Aktienmärkte haben.

Nach dem Brexit steht mit den Wahlen in Frankreich nicht weniger als die Zukunft Europas auf dem Spiel. Da ist ein bisschen Nervosität an den Börsen durchaus nachvollziehbar, oder?

Und derweil droht der republikanische Rückhalt Trumps zu zerbröseln. In den USA fürchtet man nun, dass Trump viele seiner Versprechen nicht wird einhalten können. Schlimm wäre es, wenn er Steuerkürzungen durchsetzt, denn darauf können sich die Republikaner immer einigen, sein Infrastrukturprogramm mit einem in Aussicht gestellten Volumen von 1 Billionen S-Dollar jedoch nicht. Dann würde die Wirtschaft nicht ausreichend wachsen, um die Steuerausfälle zu kompensieren. Und wenn dann Importzölle auf chinesische Endprodukte dann noch den Einzelhandel belasten, haben wir schnell eine handfeste Wirtschaftskrise in den USA.

Die in dieser Woche veröffentlichten Quartalszahlen waren durchweg positiv, dennoch konnte der DAX nicht mehr weiter nach oben klettern. Schauen wir uns einmal die Entwicklung der wichtigsten Indizes im Wochenvergleich an:

WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES


INDIZES (09.02.2017) Woche Δ Σ '17 Δ

Dow Jones 20.188 1,5% 2,1%
DAX 11.643 0,1% 1,4%
Nikkei 18.908 0,0% -1,1%
Shanghai A 3.333 0,8% 2,6%
Euro/US-Dollar 1,07 -1,0% 1,2%
Euro/Yen 120,51 -0,7% -2,0%
10-Jahres-US-Anleihe 2,39% -0,08 -0,06
Umlaufrendite Dt 0,06% -0,13 0,07
Feinunze Gold $1.235 1,6% 7,2%
Fass Brent Öl $55,72 -1,9% -1,7%
Kupfer 5.862 -0,7% 8,0%
Baltic Dry Shipping 707 -8,2% -23,8%



Wenig Bewegung an den internationalen Finanzmärkten. Der Baltic Dry Verschiffungsindex sticht heraus: Seit Jahresbeginn ist er um -23,8% eingebrochen. Es scheint, die Chinesen haben ihren Außenhandel eingestellt. Doch wie jedes Jahr müssen wir diesen Rückgang ins Verhältnis des chinesischen Neujahrsfests setzen. Eine Woche lang geht da gar nichts in China, und die Woche war dieses Jahr Ende Januar.
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
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