Alt 03.06.18, 21:51
Standard So tickt die Börse: Handelsstreit mit China, und keinem anderen
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Ich halte die Empörung über die von den USA verhängten Stahl- und Aluminiumzölle für verfrüht. US-Handelsminister Wilbur Ross stand gestern in einem Interview Rede und Antwort zur Interpretation dieses Schrittes. Seine Antworten sind sehr aufschlussreich.

Die wichtigste Frage war, ob die gegen die EU, Kanada und Mexiko verhängten Zölle gegen die EU gerichtet seien, oder ob sie eine Antwort auf die weltweite Überproduktion in diesem Marktsegment seien. Seine Antwort: Überproduktion!

Um die Bedeutung dieser Antwort zu erstehen, müssen wir uns vor Augen führen, wer in der Welt am meisten Stahl und Aluminium produziert: China! Noch dazu wurden diese Industrien mit massiven staatlichen Subventionen aufgebaut. China selbst hat das Problem, zu viel des minderwertigen chinesischen Stahls zu produzieren, und überflutet die Weltmärkte.

Der chinesische Stahl wird nicht nur in die USA exportiert, sondern auch nach Mexiko, wo BMW und Mercedes Autos daraus bauen und diese mit billigem, chinesischem Stahl gebauten Autos dann auf dem amerikanischen Kontinent günstig verkaufen. China liefert Stahl auch nach Kanada, Kanada selbst ist der größte Stahl-Lieferant für die USA. Über Kanada umgehen die Chinesen einfach die US-Importzölle. Und China liefert auch viel Stahl in die EU, wo ebenfalls Autos und andere Maschinen für den internationalen Markt gebaut werden. Die EU hat seit 2011 Strafzölle in Höhe von 48,3 bis 71,9% auf ausgewählte chinesische Stahlerzeugnisse erlassen (https://ec.europa.eu/germany/news/2...-stahlrohre_de).

Die akademische Diskussion in Europa dreht sich nun darum, dass die europäischen Maßnahmen als Anti-Dumpingmaßnahmen gegen China im Regelwerk der Welthandelsorganisation WTO erlaubt sind, die protektionistischen Zölle der USA jedoch nicht. Praktisch bekämpfen beide die Überflutung der Weltmärkte mit billigem, chinesischem Stahl. Europa geht da nach Meinung der Trump-Administration nur noch nicht konsequent genug vor, denn die Anti-Dumpingzölle lassen noch eine Menge Billigstahl aus China auf die europäische Märkte, mit dem dann Maschinen für den Export in die USA gebaut werden. Diesen Kanal möchte man nun ebenfalls zu machen.

Wenn wir uns diese Zusammenhänge vor Augen führen, dann wird die Aussage des US-Handelsministers verständlich: Die Zölle sind gegen die Überproduktion aus China gerichtet, nicht jedoch als Strafe gegen die EU. Sie sind eine Rückmeldung aus den Verhandlungen der USA mit China über die Senkung des US-Außenhandelsdefizits mit China sowie über einen fairen Umgang miteinander in Sachen Know-how (Intellectual Property IP) und Marktzugangsbarrieren. Wilbur Ross sprach in diesem Zusammenhang von erzwungenem Wissenstransfer nach China, wenn man dort Geschäfte machen wolle.

Daher finde ich die aufgeplusterten Reaktionen unserer EUrokraten ziemlich übertrieben.

Parallel zu den verhängten "Strafzöllen" hat Donald Trump für die Länder Argentinien, Brasilien und Australien Mengenbeschränkungen eingeführt. Diese Länder dürfen nur bestimme Mengen an Stahl in die USA verkaufen. Die Mengen entsprechen etwa dem, was die Länder selber produzieren und nicht verbrauchen. Auch hier geht es also nur darum, China die Umgehung des Importzolls auf Stahl unmöglich zu machen.

China, China, China! Immer wieder China. Donald Trump strickt ein Netzwerk gegen China. Auch der Korea-Konflikt gehört dazu, wie ich vor einer Woche ausgeführt habe.

In dem oben genannten Interview wurde Wilbur Ross dann noch nach den Autozöllen auf EU-Autos gefragt. Man habe eine Untersuchung eingeleitet, deren Ergebnis man Ende Juni erwarte, so Ross. Das Ergebnis würde dem Präsidenten vorgelegt und dieser entscheide dann.

Trump hat gezeigt, dass er seiner Überzeugung folgt und Zölle verhängt, egal ob das völkerrechtlich richtig oder falsch ist. Er möchte die Handelsbeziehung mit China neu gestalten und zieht dabei alle Register, die ihm zur Verfügung stehen, auch völkerrechtswidrige. Daher gehe ich inzwischen davon aus, dass Trump auch die angedrohten Autozölle gegen die EU einführen wird. er muss das tun, um den Druck auf China aufrecht zu erhalten.

Diese Woche ist Angela Merkel zunächst nach Russland, dann noch nach China gereist. Da sitzt, in den Augen des politischen Establishments, in den USA ein wildgewordener, unberechenbarer Populist, der mit seinen scheinbar willkürlichen Aktionen die Geopolitik aus den Angeln hebt. Höchste Zeit, einen Gegenpol zu bilden. Denn, so werden sicherlich Merkel, Putin und Xi denken, wenn wir uns zusammentun, können wir die USA so stark unter Druck setzen, dass sie ihre Strafzölle einfach wieder aufheben.

Angela Merkel könnte Xi beispielsweise vorschlagen, die Autos, die für den Export in die USA gedacht sind, einfach nach China zu liefern. Doch da wird sie merken, dass die Chinesen 25% Importzoll auf die Autos erheben und der Preis damit inzwischen nicht mehr konkurrenzfähig ist. Zumindest nicht für ein Massenfahrzeug wie den Gold oder Touran. China wird entgegen halten, dass diese Zölle nur gerecht seien, denn immerhin erhebe ja die EU auch hohe Zölle auf eine Reihe von Stahlprodukten und andere chinesische Produkte... ich könnte mir vorstellen, dass die Suche nach Gemeinsamkeiten, um geeint gegen Trump vorzugehen, die seit Jahren bestehenden Differenzen zwischen der westlichen Welt und den aufstrebenden Ländern offenlegt. Denn nur ein Punkt ist unbestritten: Zölle sind mittel- und langfristig schädlich. Der einzige Weg heraus aus dieser Misere ist das Senken von Zöllen. Und genau das möchte Trump erreichen.

Es bleibt bei meiner vor nunmehr zwei Jahren getätigten Aussage: Mit dem US-Präsidenten Donald Trump werden wir einen heißen Ritt vor uns haben, einen Ritt auf den Messers Schneide, immer kurz vor dem Absturz. So sieht es weiterhin aus. Trump setzt mit aller Gewalt seine Wahlversprechen um. Wenn es ihm beim Thema Handelsbeziehungen gelingt, wird auch Deutschland von einem "level playing field", gleiche Spielregeln für alle, profitieren. Deswegen notieren viele weltweite Aktienmärkte nah an ihren Allzeithochs. Doch ein Absturz ist nicht ausgeschlossen, das Establishment versucht wiederum ebenfalls mit aller Macht, ihre Pfründe der Vergangenheit zu sichern und Trump zu stürzen. Die Chance dafür ist ebenfalls vorhanden, es bleibt also spannend.


ITALIENKRISE ODER EUROKRISE 4.0

Permanent spricht man von einer Italienkrise und von den hohen Staatsschulden, die Italien vor sich herschiebt. Es gibt eine Untersuchung, aus der hervorgeht, dass Staaten nur dann an ihrer Überschuldung zugrunde gehen, wenn sie sich in einer Währung verschulden, auf die sie keinen Einfluss haben. Solange sich Italien also in Lira überschuldet hat, konnte sich das Land durch das Streichen von drei Nullen selber aus der Misere ziehen. Mit dem Euro ist das nicht mehr möglich, so zumindest die vorherrschende Meinung.

Ich sehe das anders: Ein Großteil der italienischen Staatsschulden liegen bei italienischen Banken, ein weiterer Teil bei italienischen Privatinvestoren. Und was übrig bleibt, und das dürfte der größte Teil sein, liegt bei der EZB. 130% vom BIP beträgt die Staatsverschuldung inzwischen, der Vertrag von Maastricht sah eine Obergrenze von 60% vor. Derzeit werden Zins und Tilgung bzw. Rückzahlung bei Fälligkeit durch immer neue Staatspapiere finanziert, die überwiegend letztlich in der Bilanz der EZB landen. Pleite wäre Italien dann, wenn die italienischen Banken ihr Geld umgehend zurückfordern. Das tun sie nicht, weil sie selber abhängig sind von der italienischen Politik. Außerdem nimmt ihnen die EZB im Zweifel alles ab. Selbiges gilt sowohl für die italienischen Privatanleger als auch für die etwaigen anderen europäischen Inhaber von italienischen Papieren, sofern sie diese in den vergangenen Jahren nicht längst abgestoßen haben. Bleibt also die EZB als letzter Rettungsanker. Wenn die EZB also keine italienischen Staatsschulden mehr in die eigenen Bücher nimmt, dann ist Schluss mit lustig.

Welche Nationalität hat nochmal der Chef der EZB? Er heißt "Mario", ein typischer italienischer Name. Glauben Sie im Ernst, dass Draghi sein Land ans Messer liefern wird? Ich sage: Niemals!

Insofern ist also auch die Italienkrise nicht weiter als ein Sturm im Wasserglas. Die EU und auch die EZB haben inzwischen Erfahrung mit solchen Situationen. Man wird ausnahmsweise ein paar weitere italienische Staatspapiere aufkaufen, wenn Italien dafür verspricht, doch endlich einen Teil der zur Verfügung gestellten Mittel zu investieren. Irgendeinen Deal muss man der Öffentlichkeit verkaufen, damit man ein abruptes Ende der EU durch eine Pleite Italiens verhindern darf.

Das hat schon bei Spanien, Irland, Portugal, Zypern und Griechenland so funktioniert, es wird nun auch bei Italien funktionieren. Man hat ja nun mit einem ausgewiesenen Finanzexperten an der Spitze der Übergangsregierung erst einmal ein paar Monate Zeit gewonnen, um entsprechende Konditionen auszuhandeln.


DS-GVO IST EIN FÖRDERPROGRAMM FÜR US-GIGANTEN

Über die europäische Datenschutzverordnung habe ich mich schon vor einer Woche ausgelassen. Inzwischen habe ich Informationen darüber erhalten, wer neben Rechtsanwälten und Programmieren noch von dieser gut gemeinten und schlecht umgesetzten Verordnung profitiert: Google und Facebook.

Durch die Umkehrung der Beweislast über die ordentliche Datenbehandlung ist nun jeder noch so kleine Betrieb und Webseitenbetreiber verpflichtet, bestimmte Prozesse zu ermöglichen und diese Prozesse auch jederzeit lückenlos und rechtlich einwandfrei nachzuweisen. Über Google Adsense können Webseitenbetreiber ihre Webseite für Google-Werbung öffnen, Google prüft jedoch, ob der europäische Datenschutz eingehalten wird. Wenn da nicht alles sauber ist, wird die Seite aus dem Verteilerschlüssel genommen.

Auf der anderen Seite ist Google mit ausreichend Anwälten und Entwicklern ausgestattet, um den europäischen Datenschutz auf den eigenen Seiten sicherzustellen. Wenn also bei der Auslieferung von AdWords-Werbung sicher gestellt werden muss, dass alles EU-rechtskonform ist, dann ist Google bei den eigenen Seiten auf der sicheren Seite. Das interessiert insbesondere Werbetreibende, die über Werbung neue Kundendaten einsammeln und diese natürlich rechtskonform erhalten möchten. Wenn die kleinen Webseitenbetreiber da nicht schnell genug mithalten können, dann wird also bis auf Weiteres erst einmal im Google-Universum geworben. Selbiges gilt für Facebook.

Wir halten also fest: Profiteure der europäischen Datenschutzverordnung sind nicht nur Anwälte und Entwickler, sondern auch Google und Facebook. Ob das im Sinne der EUrokraten ist?

WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES


INDIZES (31.05.2018) Woche Δ Σ '18 Δ

Dow Jones 24.416 -1,3% -1,7%
DAX 12.605 -1,9% -2,4%
Nikkei 22.207 -1,0% -2,4%
Shanghai A 3.242 -1,9% -6,4%
Euro/US-Dollar 1,17 -0,5% -2,7%
Euro/Yen 127,34 -0,6% -5,7%
10-Jahres-US-Anleihe 2,82% -0,15 0,40
Umlaufrendite Dt 0,15% -0,18 -0,13
Feinunze Gold $1.299 -0,4% -0,3%
Fass Brent Öl $77,46 -2,3% 16,4%
Kupfer 6.809 0,1% -4,8%
Baltic Dry Shipping 1.090 -1,7% -20,2%
Bitcoin 7.509 -0,8% -46,0%



Nachdem vor zwei Wochen noch alles nach einem schnellen Ende des Handelsstreits zwischen China und den USA aussah, erlebte der Handelsstreit in der nun abgelaufenen Woche wieder einige neue Eskalationsstufen. Entsprechend ist der Ausverkauf an den Aktienmärkten nachvollziehbar und verständlich. Der Dow Jones gab 1,3% ab, der DAX sogar 1,9%. Auch Japan und China mussten Federn lassen.

Zusätzlich schlug die Italienkrise zu, so dass auch der Euro unter Druck geriet. Das Wochenminus gegenüber dem US-Dollar beträgt 0,5%, ganz ähnlich hat sich der Wechselkurs zum japanischen Yen entwickelt (-0,6%).

Anleger flüchten in den vermeintlich Sicheren Hafen, und das ist in Europa nun einmal die Bundesanleihe. Die Umlaufrendite hat sich halbiert!!! auf 0,15%, während die Rendite der Club-Med Staatsanleihen kräftig angesprungen sind. Auch in den USA sucht man die Stabilität der Staatsanleihe (-0,15%punkte auf 2,82%), nachdem kürzlich noch die 3%-Marke übersprungen worden war und das Ende der Welt eingeläutet wurde.

Saudi Arabien und Russland erwägen, ihre Förderkürzungen aufzuheben, um das Ungleichgewicht am Ölmarkt auszugleichen. Nachdem vor zwei Jahren ein Überangebot durch das US-Fracking sowie die Rückkehr des Irans an die weltweiten Ölmärkte erzeugt worden war, hatten Russland und Saudi Arabien ihre Förderung gekürzt. Seither ist die Konjunktur weltweit angezogen, es wird mehr Öl nachgefragt, während gleichzeitig der Iran wieder mit Sanktionen belegt wird. Doch mit 80 USD/Fass Brent Nordseeöl und 70 USD/Fass US WTI Öl scheinen die Saudis und Russen erst einmal zufrieden zu sein. Sollte das Öl weiter ansteigen, würde in den USA ein neuer Frackingboom losgetreten. Das möchte man natürlich vermeiden.

Ich gehe davon aus, dass der Ölpreis über den Sommer weitere 10 USD abgeben wird.

Das Gold verharrt bei 1.300 USD/Uz seit ... solange ich mich erinnern kann. Eigentlich müsste die Alternativwährung aufgrund der angeheizten Euro-Krise doch anziehen, tut es aber nicht. Böse Zungen behaupten, das sei durch Notenbanken manipuliert, die einen steigenden Goldpreis als Indikator für weltweit aufkommende Systemkritik nicht sehen wollen. Hmm, keine Ahnung, was da dran ist, aber für mich klingt das zumindest so, als gäbe es derzeit keine Gefahr für fallende Kurse beim Gold.
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
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