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Diese Woche musste ich eine Fehleinschätzung korrigieren. Anfang Oktober war ich davon ausgegangen, dass vier Problemfelder das Börsengeschehen bestimmen würden: US-Notenbank, China/USA-Handelsstreit, Haushaltsbudget Italien und Brexit.
Nachdem der US-Notenbankchef Jay Powell seine Ankündigung der vier weiteren kategorischen Zinserhöhungen relativiert hatte und die beiden Präsidenten Trump und Xi nach ihrem Gespräch in Argentinien von einem Durchbruch sprachen, war ich davon ausgegangen, dass diese beiden Problemfelder gelöst werden können. Wichtig: An der Börse beginnen die Kurse häufig zu steigen, wenn Lösungsmöglichkeit für möglich erachtet werden. Wenn die Lösung dann zur Gewissheit wird, ist der Kursanstieg meist schon Vergangenheit. Die Verschulung Italiens und der Brexit begleiten uns nun bereits seit so langer Zeit, dass ich diese beiden Problemfelder für die Weltfinanzmärkten nicht mehr für dramatisch erachtete. So ging ich davon aus, dass wir eine ordentliche Jahresendrallye sehen würden. Doch statt weiter nach oben dreht die Börse direkt nach dem G20-Treffen gen Süden und erreichte Anfang dieser Woche ein neues Jahrestief. Der DAX notierte zwischenzeitlich auf Jahressicht bei -18%... ...doch der Dow Jones war im Maximum nur 3,6% unter dem Stand zum Jahresbeginn. Während wir hier in Deutschland also einen dramatischen Ausverkauf erleben, hält sich der US-Aktienmarkt verhältnismäßig stabil. Vielleicht habe ich die Problemfelder hier in Europa nicht wichtig genug genommen. Denn inzwischen sieht es so aus, als seien Italiens Budgetprobleme und der Brexit nur Symptome eines größeren Problems, das auch in Frankreich in Form von gelben Westen zu Tage tritt und in Belgien in Form einer drohenden Regierungskrise. Gleichzeitig ist der Zustand in der Ukraine und insbesondere an der Krim Halbinsel alles andere als stabil. Es scheint, das Problem, das all diese Problemherde eint, ist in der abwartenden, defensiven Haltung der EU zu suchen. Scharfe Zungen beschreiben es sogar mit einer absoluten Handlungsunfähigkeit der EU. Aber auch die gelöst geglaubten obigen Probleme kehrten wieder zurück. Mit der Relativierung seiner in Aussicht gestellten vier Zinserhöhungen konnte Jay Powell den Geist, den er aus der Flasche gelassen hatte, nicht mehr einfangen. Inzwischen werden die US-Konjunkturdaten kritisch betrachtet und es zeigen sich an vielen Fronten rückläufige Indikatoren. Während der Arbeitsmarkt robust ist, brachen Konsumklima und der Häusermarkt bereits ein. Inzwischen reicht es nicht mehr, wenn Jay Powell vielleicht ein bisschen weniger als vier weitere Zinserhöhungen vornimmt, inzwischen fordern erste Volkswirte, dass gar keine Zinserhöhung mehr erfolgen dürfen. Und während Trump und Xi sich freundlich unterhielten, wurde in Kanada die Tochter des Unternehmensgründers von Huawei verhaftet. Sie ist Finanzchefin im Konzern, die USA haben Kanada um die Festnahme gebeten. Der Vorwurf: Huawei habe durch Lieferungen von Netzwerktechnologie an den Iran gegen internationale Sanktionen verstoßen. Kurze Zeit später gibt die internationale Hotelkette Marriott bekannt, dass es Hackern gelungen sei, Daten von 500 Mio. Kunden zu klauen. Die Hacker, so habe man zweifelsfrei feststellen können, seien von chinesischen Behörden gesteuert worden. Heute hat China bekannt gegeben, die im Rahmen des Handelsstreits zusätzlich erhobenen 25% Zoll auf importierte Autos vorübergehend, aber ab sofort auszusetzen. Ebenfalls heute wurde veröffentlicht, dass Chinas Einzelhandelsumsatz im November so langsam gewachsen sei wie seit 15 Jahren nicht mehr. Der Handelsstreit zeigt Wirkung. In Europa ist der Einkaufsmanagerindex auf den niedrigsten Stand seit vier Jahren gefallen. Der Einkaufsmanagerindex gilt als Frühindikator. Der niedrige Stand könnte also auf eine weiter nachlassende Wirtschaftsdynamik im Verlauf des kommenden Jahres deuten. Während also die Lösungsmöglichkeiten in den USA mit großer Skepsis und immer neuen Rückschlägen begleitet werden, wachsen die Probleme in Europa täglich weiter an. Ich habe unser Portfolio dementsprechend nunmehr deutlich defensiver ausgerichtet. Schauen wir mal, wie sich die wichtigsten Indizes im Wochenvergleich entwickelt haben. WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (13.12.2018) Woche Δ Σ '18 Δ Dow Jones 24.597 -1,4% -0,9% DAX 10.925 1,1% -15,4% Nikkei 21.375 -0,6% -6,1% Shanghai A 2.758 1,1% -20,4% Euro/US-Dollar 1,14 -0,2% -5,3% Euro/Yen 128,89 0,5% -4,5% 10-Jahres-US-Anleihe 2,91% 0,03 0,49 Umlaufrendite Dt 0,14% 0,03 -0,14 Feinunze Gold $1.240 0,2% -4,8% Fass Brent Öl $60,75 1,5% -8,7% Kupfer 6.150 -0,2% -14,1% Baltic Dry Shipping 1.365 1,9% -0,1% Bitcoin 3.294 -5,8% -76,3% Diese Woche war ein elementarer Stimmungswechsel in den USA zu beobachten: Jede Meldung wurde in ein negatives Licht gesetzt. Schlechte Konjunkturdaten wurden als Vorbote einer drohenden Rezession gewertet. Gute Konjunkturdaten hingegen schürten die Angst davor, dass Notenbankchef Jay Powell an seinen vier angekündigten Zinserhöhungen festhalten könne. Während der Dow Jones also Federn ließ, konnten sich sowohl der DAX als auch der chinesische Shanghai A-Aktienindex von den heftigen Verlusten der Vorwochen ein wenig erholen. EZB-Chef Mario Draghi kündigte gestern den endgültigen Ausstieg aus dem Anleihenkaufprogramm zum Jahreswechsel an. Das war zwar schon in Aussicht gestellt worden, doch sicher waren sich Marktbeobachter nicht. Gleichzeitig betonte Draghi, die EZB werde alle bei Fälligkeit zurückgezahlten Anleihengelder erneut in entsprechende Papiere investieren. Und das werde mindestens so lange geschehen, bis eine erste Leitzinsanhebung erfolgt, die übrigens nicht vor Herbst 2019 zu erwarten sei. Draghi hält damit an seinem extrem langsamen Ausstieg aus der Liquiditätsflutung fest. Noch immer wird dem Markt kein Geld entzogen, die Liquiditätsflutung wird lediglich weiter zurückgefahren, bzw. endet nun. Der Euro hat in Folge dieser Meldung gegenüber dem US-Dollar weiter an Wert verloren, das Zinsniveau hingegen hat sich etwas stabilisiert. Der Ölpreis erholt sich ein wenig, nachdem er in den vorhergegangenen Monaten eingebrochen war. Die eklatant großen Long-Positionen, die ich im Sommer aufgezeigt hatte, sind inzwischen abgebaut. Der Verkaufsdruck dürfte nun weiter nachlassen. Doch nachlassender Verkaufsdruck ist noch kein aufkommender Kaufdruck. Der nunmehr wieder niedrige Ölpreis nährt die Angst vor einer Rezession. Denn bei einer starken Konjunktur, so die Erfahrung, steigt auch der Ölpreis... und umgekehrt. Der erneute Anstieg des Baltic Dry Verschiffungsindex zeigt einmal mehr die Stimmungsschwankungen der Im- und Exporteure: die nächsten Zölle sind zwar für 90 Tage ausgesetzt, doch vom Tisch sind sie noch nicht. Beginnen die Händler erneut, ihre Lagerbestände aufzufüllen, um im Zweifel für ein Scheitern der Verhandlungen gewappnet zu sein? Der Bitcoin als Gold-Ersatz? Hmm, diesen Ruf dürfte er nun langsam verlieren. Der Bitcoin ist inzwischen im laufenden Jahr um 76% gefallen. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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