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Der DAX hat in der vergangenen Woche um 2% zulegen können. Das Plus wäre noch größer gewesen, wenn nicht die Wirecard 25% abgegeben hätte.
Der Dow Jones ist um 1,5% angesprungen. Auch hier wäre das Kursplus noch größer gewesen, wenn nicht Boeing um 15% eingebrochen wäre. Das Kursplus schreibe ich eher dem Ende der vorangegangenen Konsolidierung zu als einem positiven Ereignis. Soll heißen: In der Vorwoche haben viele Anleger Gewinne mitgenommen und sich gegen fallende Kurse abgesichert. Dieser Prozess war abgeschlossen und mangels neuer Hiobsbotschaften, mangels weiterer Verkaufswilliger, kletterten die Kurse nach oben. Mag sein, dass die Verschiebung der ersten Zinserhöhung durch die EZB auf das nächste Jahr geholfen hat, den Aktienmarkt zu stabilisieren. Doch das allein kann meines Erachtens nicht für einen solchen Kurssprung sorgen. BOEING VOR SCHMERZHAFTEM PROZESS DER FEHLERSUCHE Ersten Vermutungen zufolge macht der große Auftrieb der neuen Boeing 737 MAX 8 Probleme, die durch das entsprechende Korrektursystem MCAS in den Griff bekommen werden sollte. Das scheint nicht einwandfrei zu arbeiten und Piloten wurden nicht ausreichend auf dieses neue System hingewiesen, so die Vermutungen nach dem zweiten Absturz einer Boeing 737 MAX 8 innerhalb weniger Monate. Das Modell wird erst seit 2017 ausgeliefert, bislang werden 370 Maschinen von Fluglinien betrieben. Das noch junge Modell soll der Kassenschlager von Boeing werden, 5.000 Bestellungen liegen vor. Aktuell bleiben alle 370 Maschinen am Boden, bis die Ursache der beiden Abstürze geklärt und eine Lösung gefunden ist. Erinnerungen werden wach: Ob Boeing Dreamliner oder Airbus A380, die Einführung neuer Flugzeugmodelle ist stets mit Geburtsfehlern einhergegangen. Doch 370 Todesopfer binnen weniger Monate hat noch keine Modelleinführung gefordert. Und so hat nun die US-Regierung eine Untersuchung des Zulassungsprozesses des neuen Modells durch die US-Flugbehörde FAA eingeleitet. Der Vorwurf lautet, Boeing habe nicht die erforderlichen Informationen geliefert bzw. die FAA habe sie nicht gefordert, um das neue MCAS-System ausreichend zu prüfen. Boeing sieht sich aktuell also gleich zwei Problemen gegenüber: Zum einen müssen Ingenieure eine Lösung für das fehlerhafte Verhalten des MCAS-Systems finden. Das kann teuer werden, da inzwischen im Raum steht, der konstruktionsbedingt hohe Auftrieb könne gar nicht durch ein MCAS-System gelöst werden, sondern die gesamte Konstruktion müsse überarbeitet werden. Zum anderen steht hier ein Betrugsverdacht im Raum: Haben FAA und Boeing den Zulassungsprozess aus Wettbewerbsgründen (Airbus war mit seinem A320neo schneller) zu schnell und damit nicht sorgfältig durchlaufen und somit den Tod von 350 Menschen verschuldet? In diesem Fall ist der Vertrauensverlust für Boeing immens, einmal abgesehen von den Schadensersatzforderungen der Hinterbliebenen, die in diesem Fall deutlich höher angesetzt werden würden und von Versicherungen ggfls. nicht getragen würden, sondern von Boeing selbst zu leisten wären. Mit einem KGV 2020e von 16 bei einer erwarteten Dividendenrendite von 2,1% ist das Umsatzwachstum von 7-10% von Boeing in meinen Augen sehr sportlich bewertet. Das hohe Bewertungsniveau ist aufgrund der langfristig guten Planbarkeit des Konzernumsatzes sowie der Kosten gerechtfertigt gewesen. Gewesen! Denn die oben angesprochenen Kosten, die nun auf das Unternehmen zukommen, sind nicht das einzige Problem des Konzerns. Der Vertrauensverlust, der allein schon in Folge der Untersuchung des Zulassungsprozesses zu erwarten ist, wird dem Konkurrenten Airbus in die Hände spielen. Die nächsten Bestellungen dürfte Airbus verbuchen. Vielleicht gibt es sogar Boeing-Kunden, die ihre Bestellungen nun stornieren und zu Airbus überwechseln. 30 Mrd. Euro Marktkapitalisierung hat Boeing verloren. Das klingt happig, ist aber vor dem Hintergrund der zuvor hohen Bewertung des Konzerns in meinen Augen noch nicht das Ende vom Lied. Sollten tatsächlich Mauscheleien beim Zulassungsprozess aufgedeckt werden, dürfte die Aktie nochmals unter Druck geraten. Für einen spekulativen Kauf ist es daher in meinen Augen noch zu früh. Auch langfristig fundamental orientierte Anleger sollten meiner Einschätzung nach noch ein wenig auf günstigere Gelegenheiten warten. WIRECARD BLEIBT IN DEN SCHLAGZEILEN Immer wieder ist die Wirecard in die Schlagzeilen geraten. Seit den Vorwürfen der Financial Times London gegenüber dem Unternehmen ist die Aktie von 170 auf 100 Euro eingebrochen. Zwischenzeitlich hat sich die Aktie wieder auf 135 Euro erholt, doch am Freitag sackte der Kurs erneut unter 105 Euro. Die Financial Times hat Informationen über eine betrügerische Buchung in Singapur, mit der der lokale Umsatz künstlich aufgebläht wurde. Der Vorwurf lautet nun, dass der Wirecard-Konzern systematisch und mit Wissen des besten Managements (Gründer & CEO Braun) seinen Umsatz aufgebläht haben könnte. Wirecard hat eine interne Ermittlung durchgeführt, einen Mitarbeiter beurlaubt und keine weiteren "Fehlbuchungen" gefunden. Derzeit läuft noch eine von Wirecard beauftragte externe Ermittlung, deren Ergebnis kurzfristig veröffentlicht werden soll. Es gibt nun drei mögliche Ausgänge dieser Ermittlungen: Entweder die Financial Times lügt, oder sie hat Recht, oder aber sie hat aus einer Mücke einen Elefanten gemacht. Ich glaube an die Mücke. Wirecard ist ein schnell wachsendes Unternehmen und hat es binnen weniger Jahre in den DAX geschafft. Bei schnell wachsenden Unternehmen gibt es in der Regel Wachstumsprobleme. Ich kann mir gut vorstellen, dass es in Singapur einen Mitarbeiter gibt, der sein persönliches Umsatzziel durch das Verbuchen von Luftnummern künstlich erreicht hat. Sicherlich ist das auch nicht der einzige Fehler, der im Wirecard-Konzern in den vergangenen Jahren erfolgte. Wenn lange genug gesucht wird, dürften weitere Problemfälle zu Tage treten. Doch daraus einen systematischen Betrugsfall abzuleiten, halte ich für über das Ziel hinaus geschossen. Wusste CEO Braun davon? Nun, das ist in solchen Fällen und insbesondere, wenn der Fall so stark hochgekocht wird wie hier, nicht die relevante Frage. Es wird irgendwann gefragt, ob er es hätte wissen müssen. Und da wird es schwer für ihn, eine weiße Weste vorzuweisen. Doch es ist das eine, beim Aufbau des internen Kontrollsystems einen Fehler gemacht zu haben, als wenn er davon tatsächlich wusste und die Buchung toleriert hat. Das kann ich mir nur schwer vorstellen. Nun ist Wirecard vor ein paar Jahren nach Indien expandiert, hat dort ein Unternehmen aufgekauft. Bei dieser Transaktion sollen einige Millionenbeträge in windigen Kanälen verschwunden sein. Am Freitag meldete die verantwortliche Behörde aus Singapur, die indischen Behörden über diesen Vorgang informiert zu haben. Die Ermittlungen würden sogar auf weitere Länder ausgeweitet, Indonesien, Malaysia, die Philippinen und Hongkong wurden genannt. Bereits vor einer Woche hat die deutsche Finanzaufsicht BaFin ein Leerverkaufsverbot für Wirecard-Aktien verhängt. Damit reagierte die Behörde einem Artikel der Süddeutschen von heute früh zufolge auf ein FAX, in dem Wirecard zu einer Ausgleichszahlung erpresst werden sollte: wenn das Unternehmen nicht einen bestimmten Betrag bezahlen würde, gebe es eine weitere Short-Attacke. Das Ganze nimmt inzwischen immer abenteuerlichere Formen an. Bei Wirecard werden die 30% Umsatzwachstum mit einem KGV 2020e von nur noch 18 bewertet. Damit ist schon ein Bewertungsniveau erreicht, das auch fundamental orientierten Anlegern als langfristiges Einstiegsniveau dienen kann. Sie werden allerdings starke Nerven benötigen, denn ich gehe davon aus, dass die nunmehr auf eine ganze Reihe asiatischer Länder ausgeweiteten Ermittlungen weitere "Fehler" aufdecken werden. Die Financial Times wird das natürlich stets "Betrug" nennen und entsprechend könnte der Aktienkurs der Wirecard noch eine Weile unter Druck bleiben. Für eine kurzfristige Spekulation ist mir die Geschichte noch zu beweglich. Grundsätzlich bin ich geneigt, eher der Version von Wirecard zu glauben, zumal sich die BaFin klar auf die Seite von Wirecard gestellt hat. Auf der anderen Seite fällt es mir schwer zu glauben, dass die Financial Times hier ihren ?guten? Ruf mit einer ausgedachten oder schlecht recherchierten Story riskiert. Wenn Elefanten streiten, leidet das Gras. Vielleicht ist es besser, vorerst noch abzuwarten, denn wir sind keine Elefanten. EBAY SOLLE STUBHUB AUSGLIEDERN Aktivist Investor Elliott hat sich mit 1,4 Mrd. USD an eBay beteiligt (4%). Er veröffentlichte zur Begründung seines Engagements eine Liste von Verbesserungsvorschlägen für das Ebay-Management, unter anderem solle das Unternehmen den Online-Tickethändler StubHub ausgliedern. StubHub ist eine Ticketbörse für Private. Wer also Konzertkarten oder auch Karten für ein Fußballspiel hat, aber den Termin nicht wahrnehmen kann, der kann über StubHub sein Ticket anbieten. Die Plattform bietet dabei einen umfassenden Käuferschutz und garantiert eine saubere Abwicklung. Die Aktie von Ebay ist infolge dieser Beteiligung um 6% angesprungen. 11% Gewinnwachstum werden mit einem KGV 2020e von 12 bewertet, das ist fair bis günstig. Die schneller wachsende Plattform StubHub würde als separates Unternehmen eine wesentlich höhere Bewertung erfahren, daher würde eine solche Abspaltung den Wert der einzelnen Teile "heben", wie Finanzarchitekten zu sagen pflegen. Die Idee ist gut und würde Bewegung in die Aktie von Ebay bringen. Schauen wir nun einmal, wie sich die wichtigsten Indikatoren in den vergangenen 8 Handelstagen (Fr, 8.3. bis Mo, 18.3.) entwickelt haben. WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (17.03.2019) Woche Δ Σ '19 Δ Dow Jones 25.861 1,4% 12,1% DAX 11.657 1,2% 10,4% Nikkei 21.585 0,6% 7,8% Shanghai A 3.243 -0,3% 24,2% Euro/US-Dollar 1,13 0,9% -1,0% Euro/Yen 126,20 0,7% 0,0% 10-Jahres-US-Anleihe 2,60% -0,05 -0,13 Umlaufrendite Dt 0,00% -0,03 -0,10 Feinunze Gold $1.303 1,3% 1,7% Fass Brent Öl $67,43 1,8% 29,2% Kupfer 6.409 -0,7% 6,5% Baltic Dry Shipping 730 11,1% -42,6% Bitcoin 4.014 2,9% 2,3% Die Entwicklung des Baltic Dry Verschiffungsindex springt ins Auge (+11%): Das chinesische Neujahrsfest ist zu Ende und auch die Hamsterkäufe vor der befürchteten Zollerhöhung sind offensichtlich aufgebraucht, die Frachtkosten normalisieren sich. Im Vergleich zum Jahresbeginn beträgt das Minus nun nur noch 42%. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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