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SAP hat diese Woche die Q-Berichtssaison für die DAX-Unternehmen eröffnet. Wenn wir uns die Reaktion der Aktie anschauen, dann hätte die Berichtssaison nicht schlechter eröffnet werden können: Zwischenzeitlich notierte die Aktie mit 10% im Minus.
Die Kursreaktion relativiert sich jedoch, wenn wir uns vor Augen halten, dass die Aktie in diesem Jahr bereits um 47% angesprungen war. Nach einer so positiven Performance reicht häufig schon ein kleines Haar in der Suppe, um durch Gewinnmitnahmen für einen heftigen Rückschlag zu sorgen. So würde ich die Reaktion auf die SAP-Zahlen einordnen, nachdem ich mir die Details angeschaut habe. SAP hatte erstmals in seiner Unternehmensgeschichte eine größere Anzahl von Mitarbeitern nach Hause geschickt. Es waren gerade die altgedienten Mitarbeiter, die mit Abfindungen entsorgt wurden, da sie für das neue Cloud-Geschäftsmodell nicht mehr benötigt wurden. Ich war in den 90ern im SAP-Beratungsgeschäft unterwegs und habe die damaligen Anstellungsverträge aus dem Hause SAP stets staunend zur Kenntnis genommen. Damals gab es - genau wie heute - kaum IT-Entwickler und so wurden teils unglaubliche Zugeständnisse in die Verträge geschrieben. Wenn diese Mitarbeiter nun mit einer Abfindung versehen werden, dann darf es nicht überraschen, dass diese Abfindungen exorbitant hoch ausfallen. Und genau das ist einer der beiden Gründe für die negative Überraschung in den aktuellen Q2-Zahlen von SAP. Die zweite Überraschung folgt aus der Übernahme von Qualtrics: Den Qualtrics-Mitarbeitern wurden teilweise Aktien von SAP zugesprochen, die aufgrund des exorbitant heftigen Kursanstiegs im ersten Halbjahr 2019 deutlich teurer wurden als ursprünglich kalkuliert. Beides sind Sondereffekte, die sich nicht wiederholen werden und daher auf die Bewertung von SAP mittel- und langfristig keinen Einfluss haben. Dennoch sorgten die Zahlen kurzfristig für einen Schock unter den Anlegern und Gewinnmitnahmen führten zu dem kurzfristig heftigen Kurseinbruch. Es gibt allerdings noch einen dritten Grund, der noch nicht ganz abgeschätzt werden kann: Das Umsatzwachstum blieb leicht hinter den Erwartungen zurück, weil Unternehmen im internationalen Umfeld Investitionen aufgrund der ungewissen geopolitischen Situation zurückhalten. Hier staut sich die Nachfrage auf. Natürlich ist der Handelsstreit zwischen den USA und China eine der Ursachen für die Zurückhaltung der Unternehmern bei Investitionsentscheidungen. Auf der einen Seite können solche Investitionsentscheidungen nicht ewig hinausgezögert werden. Auf der anderen Seite würde eine positive Entwicklung in den Gesprächen zwischen Trump und Xi umgehend zu einem Kursschub bei den betroffenen Aktien wie SAP führen. Es hat für mich den Anschein, dass SAP eine ganze Menge von negativen Dingen in diese Q-Zahlen hinein gepackt hat, von einem "Übergangsjahr" spricht und die Messlatte ein wenig tiefer hängt, um in den kommenden Quartalen dann wieder positiv überraschen zu können... ...ups, die Messlatte wurde aber nicht tiefer gehängt. SAP hält an der Unternehmensprognose fest, das Unternehmen möchte bis 2023 die Gewinnmarge jährlich um 1% verbessern. Hmm, damit bleibt es spannend: Wird SAP die Messlatte irgendwann noch ein wenig tiefer hängen? Dann würde es einen weiteren Kursrückschlag geben. Oder ist mit diesen Q-Zahlen alles Negative berücksichtigt worden? Dann wäre das aktuelle Kursniveau eine gute Kaufgelegenheit. Mit einem KGV von 24 bei 11% Wachstum halte ich die Bewertung für recht ambitioniert und könnte mir vorstellen, dass im weiteren Jahresverlauf erst nochmal Vorsicht angebracht ist. Wer jedoch einen langen Atem hat, für den stellt der aktuelle Rückschlag eine erste Einstiegsgelegenheit dar. SAP hat als größter Konzern Deutschlands den DAX kräftig nach unten gezogen, dennoch konnte der DAX auf Wochensicht sein Niveau halten. In der Vorwoche hatten BASF und Daimler den DAX belastet, dennoch notiert der DAX weiterhin über 12.300 Punkte und ist somit noch nicht zurück in dem Abwärtstrend. Trotz dreier Hiobsbotschaften kann der DAX sein Niveau halten. In meinen Augen ist das bullisch. US-KONSUMPARTY Auch in den USA läuft bereits die Berichtssaison. Dort sorgten die Banken, die traditionell als erstes ihre Zahlen berichten, für Optimismus, dessen Rechtfertigung jedoch fraglich ist: Gute Q-Zahlen der Banken beruhen auf einer ordentlichen Kreditnachfrage der Konsumenten. Konsumenten sind in den USA für den Großteil des BIP verantwortlich. Umgangssprachlich sind die Amis Konsumweltmeister und stützen dadurch die heimische Konjunktur. Würde US-Notenbankchef Jay Powell seine Zinspolitik nach dem Konsumenten richten, müsste er sich derzeit eher Gedanken über eine ZinsERHÖHUNG machen. Dass dieser Konsum kreditfinanziert ist, fällt in den USA nicht weiter auf: das war schon immer so. Doch auch die Logistikbranche hat schon Q-Zahlen veröffentlicht. Mit CSX hat eine der großen Eisenbahngesellschaften schockierende Zahlen vorgelegt. Die Aktie von CSX brach um 10% ein und riss die gesamte Transportbranche mit sich. Wenn weniger transportiert wird, dann schwächelt die Konjunktur. Wenn Jay Powell seine Zinspolitik nach der Transportbranche ausrichtet, die als Vorläufer der Konjunkturentwicklung gilt, dann müsste er sich derzeit Gedanken über eine Zinssenkung machen. Die nächste Zinsentscheidung steht für die kommende Woche an. Eine Zinssenkung (-0,25%) ist bereits zu 100% eingepreist. Die Hälfte der Volkswirte erwartet sogar eine große Zinssenkung (-0,5%). Es besteht also durchaus Überraschungspotential in beide Richtungen. NETFLIX WIRD ZU TEUER Gestern hat Netflix Q-Zahlen veröffentlicht. Umsatz und Gewinn lagen über den Erwartungen, doch das Nutzerwachstum blieb hinter den Erwartungen zurück. Netflix hat den monatlichen Abopreis um 1-2 USD erhöht (je nach Aboart). Ein schwächeres Nutzerwachstum war erwartet worden, doch die Nutzerzahlen sind in einigen Regionen sogar zurückgegangen. Erstmals seit acht Jahren verzeichnet Netflix rückläufige Kundenzahlen. Die Aktie ist um 11% eingebrochen. In den USA war die Kundenzahl rückläufig. Mit Apple, Disney und AT&T gibt es mächtige Gegner, die sich derzeit auf den Markteintritt im Streaming-Geschäft vorbereiten. Bislang galt Netflix als Marktführer, der den Abopreis beliebig erhöhen kann. Ob man 7 oder 8 USD im Monat zahlt, galt bislang als irrelevant für die Entscheidung, ob man Netflix abonniert. Doch diese Überzeugung wurde durch die gestrigen Zahlen zerstört. Plötzlich ist Netflix ein Produkt geworden, dessen Nachfrage durch den Preis bestimmt wird. Damit müssen viele Analysten ihre Bewertungsmodelle umstellen, Netflix wird seine Geschäftsstrategie überdenken müssen. Netflix ist daher ab heute kein Wachstumsunternehmen mehr, das durch seine Marktführerschaft über die Preissetzungsmacht verfügt, sondern ein stinknormales Unternehmen, das sich über Preis und Qualität im Wettbewerb behaupten muss. Der Bewertungsaufschlag der Vergangenheit ist damit futsch. MICROSOFT SETZT DEN MASSSTAB IN DER CLOUD Microsoft hat gestern Abend Zahlen vorgelegt. Dank des brummenden Cloud-Geschäfts Azure liegen Umsatz- und Gewinnwachstum über den Erwartungen. Immer mehr Unternehmen nutzen die Cloud-Speicherdienste von Azure und buchen nun vermehrt Cloud-Software (bspw. Office) hinzu. Hinter der AWS von Amazon ist die Azure-Cloud von Microsoft die Nummer 2 im Markt. Microsoft ist mit 1 Billionen USD derzeit das wertvollste Unternehmen der Welt. Die guten Zahlen von Microsoft sorgen für einen versöhnlichen Wochenausklang am Aktienmarkt. Schauen wir nun einmal, wie sich die wichtigsten Indizes im Wochenvergleich entwickelt haben. WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (18.07.2019) Woche Δ Σ '19 Δ Dow Jones 27.305 0,1% 18,4% DAX 12.260 -0,5% 16,1% Nikkei 21.467 -1,0% 7,3% Shanghai A 3.063 -0,2% 17,3% Euro/US-Dollar 1,12 -0,4% -1,9% Euro/Yen 120,92 -0,5% -4,2% 10-Jahres-US-Anleihe 2,05% -0,06 -0,69 Umlaufrendite Dt -0,37% -0,10 -0,47 Feinunze Gold $1.427 0,8% 11,4% Fass Brent Öl $62,52 -6,4% 19,7% Kupfer 5.947 1,6% -1,1% Baltic Dry Shipping 2.130 22,4% 67,6% Bitcoin 10.569 -7,8% 169,5% Das Zinsniveau sinkt weiter, Zinssenkungsphantasien beim Leitzins drücken auch die langfristigen Zinsen nach unten. Der Goldpreis steigt weiter an (+1,6%). Ray Dalio, Gründer eines der weltweit größten Hedgefonds, empfiehlt in einer aktuellen Analyse Gold als sinnvolle Diversifikation für jedes Anlegerportfolio. Nach den schwachen Q-Zahlen aus der Transportindustrie (CSX) ist der Ölpreis rückläufig (-5,7%). Der Baltic Dry Verschiffungsindex ist kräftig angesprungen (+22%). Mag sein, dass die Lockerung der Sanktionen gegen Huawei für einen Anstieg der Transporttätigkeit Chinas geführt hat. Doch so ganz kann ich mir diesen kräftigen Anstieg noch nicht erklären. Der Bitcoin fällt wieder (-8%). Hier sind überwiegend Angebot und Nachfrage gepaart mit der technischen Analyse ursächlich für die Bewegungen. Nachdem die Aussicht auf Finanzprodukte mit dem Bitcoin die Nachfrage vorübergehend angekurbelt hat, kommt es nun offensichtlich wieder zu einer Normalisierung bzw. Verschnaufpause. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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