Alt 15.03.20, 22:02
Standard So tickt die Börse: Blutbad der Aktienmärkte
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Der DAX hat in den ersten vier Tagen dieser Woche bereits 20,6% verloren, der Dow Jones 16,8% und der Nikkei 10,3%. In China ist offiziellen Zahlen zufolge der Zenit des Coronavirus überschritten, drei Viertel der Wirtschaft läuft wieder und der Shanghai A Aktienindex konnte sich verhältnismäßig stabil mit nur -3,7% halten.

CORONAVIRUS MEDIZINISCH

In China gab es von gestern auf heute Null Neuinfizierte und Null Opfer. Erstmals seit Ausbruch des Coronavirus gibt es keine neuen Fälle in China.

Auch min erst der Welt ist die Zahl der Neuinfizierten von gestern auf heute nur um 5% gestiegen, nachdem seit vier Wochen kontinuierlich zweistellige Zuwachsraten zu verzeichnen waren. Auch die Zahl der Todesopfer ist von gestern auf heute nur um 1,9% angestiegen, die drittniedrigste Zuwachsrate seit Ausbruch der Coronakrise.

Gestern Abend hat Die Bundesregierung über einen Maßnahmenkatalog diskutiert. Offensichtlich gab es große Meinungsverschiedenheiten, denn die Sitzung dauerte wesentlich länger als geplant. Eine bundesweite Schließung aller Schulen wurde nicht beschlossen, die Maßnahmen in Deutschland klingen eher nach gezielten Aktionen, um die Kontrolle zu behalten. Andere Länder sind deutlich aggressiver: Italien ist abgeschlossen, Frankreich und Österreich schließen alle Schulen, die USA lassen niemanden aus Europa ins Land.

Der Fluchtreflex, der tief in uns Menschen verwurzelt ist, lässt uns auf drakonische Maßnahmen hoffen. Jeder Politiker, der jetzt zu viele Maßnahmen durchsetzt, wird später als umsichtig entschuldigt. Jeder Politiker, der jetzt zu wenig macht, wird seinen Posten verlieren. Dennoch versucht die Bundesregierung übertriebenen Aktionismus zu vermeiden.

Sinnvoll ist die Vorgabe, dass geplante und zeitlich unkritische Operationen auf unbestimmte Zeit verschoben werden sollen, um die Intensivkapazitäten der Kliniken frei zu halten. Der Flaschenhals der Corona-Pandemie sind die Intensivbetten. Aus China wissen wir, dass eine hochwertige Intensivbetreuung sehr viele Leben retten kann. Wenn sich der Coronavirus zu schnell ausbreitet und dadurch auf einen Schlag viele Menschen eine Intensivbetreuung benötigen, könnte das die Kapazität in Deutschland übersteigen.

Die Ausbreitung an sich kann nicht verhindert werden. Weder durch das Schließen von Schulen, noch durch das schließen der Landesgrenzen. Es geht lediglich darum, die Ausbreitungsgeschwindigkeit zu verlangsamen, damit die Intensivkapazitäten nicht überfordert werden.

Nun haben wir Mediziner, Wissenschaftler und Politiker, die sich kontinuierlich mit dieser Situation befassen. Gestern Abend ist man zu dem Schluss gekommen, dass wir in Deutschland mit den empfohlenen Maßnahmen (keine Veranstaltungen besuchen) ausreichend vorgesorgt haben, um eine Überlastung der Intensivkapazitäten zu vermeiden.

An den Finanzmärkten ist man anderer Ansicht: Dort höre ich immer wieder, die Maßnahmen seien nicht ausreichend. Erst wenn das öffentliche Leben vollständig zum Erliegen komme, könne der Coronavirus besiegt werden. Und aus dieser Erwartung resultiert die Befürchtung eines wesentlich schlimmeren wirtschaftlichen Schocks, als wir es derzeit vorgerechnet bekommen.

Deswegen finden die Aktienmärkte keinen Boden.

CORONAVIRUS WIRTSCHAFTLICH

Die Schulen sind der kritische Faktor: Werden bundesweit die Schulen geschlossen, dann würden so viele Eltern zur Betreuung ihrer Kinder nicht zur Arbeit gehen können, so dass das öffentliche Leben quasi zum erliegen käme.

Insbesondere Kleinstbetreibe, aber auch viele Mittelständler leben von der Hand in den Mund. Bleibt der Umsatz aus, können die Löhne und Gehälter nicht mehr bezahlt werden. Es würde Insolvenzen hageln, unsere Volkswirtschaft würde tatsächlich einen großen Schock erleiden.

Die EZB hat gestern die Geldschleusen weit geöffnet, doch das reicht den Akteuren an den Finanzmärkten nicht. Die Einflussmöglichkeit der EZB ist offensichtlich an ihre Grenze gestoßen. Der Ruf nach fiskalpolitischen Maßnahmen wird laut: Die Politik soll dafür sorgen, dass bspw. 0%-Kredite für Unternehmen vom Staat mit einer Ausfallgarantie gesichert werden, solange die Betriebe das Geld für die Lohnzahlungen verwenden.

Auf das Beste hoffen, aber sich auf das Schlimmste vorbereiten, lautet eine beliebte Direktive. Ob Die Bundesregierung diese Direktive ausreichend beherzigt, werden wir erst in einigen Wochen wissen.

EINZELAKTIEN

Ich habe in einer Reihe von Updates im Verlauf dieser Woche herausgearbeitet, welche Aktien ich kaufen würde und welche aus dem Depot entfernt werden sollten. Grundsätzlich ist es in dieser Situation müßig, über Unternehmensentwicklungen zu schreiben. Wenn die Deutsche Post nach guten Zahlen und einer Dividendenerhöhung 16% abgibt, dann ist wohl offensichtlich, dass Unternehmensentwicklungen in dieser Woche keinerlei Bedeutung hatten.

Schauen wir uns die Wochenentwicklung einmal in der Übersicht an:

WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES


INDIZES (12.03.2020) Woche Δ Σ '20 Δ

Dow Jones 21.201 -16,8% -26,0%
DAX 9.448 -18,1% -28,7%
Nikkei 17.431 -15,8% -26,3%
Shanghai A 3.026 -4,8% -5,0%
Euro/US-Dollar 1,12 -1,2% -0,1%
Euro/Yen 118,50 -0,5% -3,1%
10-Jahres-US-Anleihe 0,85% 0,12 -1,08
Umlaufrendite Dt -0,83% -0,12 -0,60
Feinunze Gold $1.586 -4,8% 4,8%
Fass Brent Öl $35,09 -23,7% -49,0%
Kupfer 5.694 0,0% -8,3%
Baltic Dry Shipping 599 0,0% -45,0%
Bitcoin 9.092 0,0% 24,7%



Der Ölpreis ist um 24% eingebrochen: Die OPEC+ konnte sich nicht auf Förderkürzungen einigen. Daher hat Saudi Arabien nun begonnen, die tödliche Ölförderung zu erhöhen. Es wird nun mehr Öl gefördert, als Saudi Arabien langfristig fördern kann, um den Weltmarkt mit Öl zu überfluten und den Ölpreis zum Einstürzen zu bringen ... was gelungen ist. Ziel ist es, Russland zum Einlenken zu bewegen.

Anders als die USA, wo inzwischen ein nennenswerter Teil der Wirtschaft Öl produziert und somit von einem hohen Ölpreis profitiert, ist Deutschland ein Ölkonsument. Der niedrige Ölpreis ist ein Konjunkturprogramm für die deutsche Wirtschaft. Ich kann daher nicht nachvollziehen, warum der DAX diese Woche stärker gefallen ist, als der Dow Jones.
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
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