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Irgendwann ist es einfach fällig: Die Korrektur. Während in den USA schon seit Anfang Dezember heftige Kursverluste zu verzeichnen waren, hat sich der DAX bis Anfang dieser Woche verhältnismäßig stabil gehalten. Der Dow Jones hat seit Anfang September bereits 8% verloren, der Technologie-Index Nasdaq sogar 12%. Bis Ende der Vorwoche betrug der Rückgang beim DAX hingegen nur 1%, diese Woche brach der DAX nun auch um 7% ein.
In den USA kann sich die Regierung nicht auf ein weiteres Hilfspaket für die Corona-Opfer einigen. Insbesondere der Gastronomie droht in den USA nun ein Massensterben. Gleichzeitig spitzt sich der Wahlkampf zu und Präsident Trump attackiert erneut China, diesmal mit TikTok. Da gab es einige Investoren, die ihr Geld lieber in das stabilere Europa transferierten und hier Aktien kauften, entsprechend notiert auch der Wechselkurs seit Ende Juli bereits über seinem bisherigen Widerstand bei 1,15 USD/EUR. Doch nun türmt sich in Europa die zweite Coronawelle auf: In Madrid gibt es bereits Unruhen wegen erneuter Kontaktbeschränkungen. Auch in Frankreich und Italien springen die Zahlen über definierte Warnschwellen. Überall gibt es ähnliche Bewegungen, die den Lockdown für unverhältnismäßig halten und gegen eine erneute Verschärfung der Kontaktbeschränkungen demonstrieren. Da ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Kontaktbeschränkungen die Akzeptanz in der Bevölkerung ist, driften wir hier auf eine kritische Situation zu. Die Politik muss bessere Erklärungen finden als im Frühjahr. Deutschland gilt als Musterschüler bei der Corona-Bekämpfung und so haben viele internationale Anleger gerade deutsche Aktien ins Depot geholt. Der Wirecard-Skandal war wohl eher ein Einzelfall, glaubte man. Doch nun ist Grenke unter Beschuss, die Vorwürfe klingen ganz ähnlich. Und der Wortführer Fraser Perring erinnert auch noch an Steinhoff, ein weiterer Bilanzskandal eines Unternehmens aus der erweiterten DAX-Familie. Die Details dazu hatte ich am vergangenen Freitag ausgeführt. Der Finanzplatz Deutschland ist beschädigt. Mitten in diese Verunsicherung hinein, in der Anleger eigentlich gerne wieder zurück in die USA wollen, hält US-Notenbankchef Jay Powell eine Rede, in der er Strukturreformen für die US-Wirtschaft anmahnt: Die Ungleichheit sei durch Corona gewachsen, viele Hilfsgelder seien im Konsum verpufft. Die Geldpolitik der Notenbank könne wichtige fiskalpolitische Anpassungen der Politik nicht ersetzen, so Powell. Ein Hilfeschrei, den ich mir vor 12 Jahren gewünscht hätte. Seither schüttet die Fed jedes konjunkturelle Schlagloch mit Geldscheinen zu. Erst jetzt, wo selbst die außerordentlichen Maßnahmen an ihre Grenzen stoßen, wird die Politik in die Pflicht genommen. Die steigenden Corona-Zahlen in Europa zeigen auch: Ohne Impfstoff ist dem Virus nicht beizukommen. Reisebeschränkungen werden wieder verhängt, die Menschen werden wieder vorsichtiger und gehen weniger in die Öffentlichkeit. Doch in der Impfstoffentwicklung gibt es den erträumten Durchbruch nicht so schnell wie gewünscht: Sanofi-CEO Paul Hudson hat gestern in einem Interview erklärt, dass die Impfstoffentwicklung schneller vonstatten geht als je zuvor, aber dennoch bestimmte Prozesse nicht übersprungen werden können. Es werde noch ein halbes Jahr dauern, bis ein Impfstoff verfügbar sein wird, so eines der führenden Impfstoffunternehmen der Welt. Mag sein, dass Moderna, CureVac oder BioNTech schon schneller einen Impfstoff anbieten können, doch auch dann wird es dauern, bis der Impfstoff flächendeckend verfügbar ist. In Großbritannien wurde eine Ethik-Diskussion losgetreten, da dort zur Beschleunigung des Verfahrens freiwillige Testpersonen, die gegen Corona geimpft wurden, vorsätzlich infiziert werden sollen. Der Herbst kommt und der Durchbruch in der Forschung lässt auf sich warten. Am Mittwoch ist der Anbieter von Wohnmobilen Knaus Tabbert an die Börse gegangen. Statt der 4,6 Mio. Aktien wurden jedoch nur 3,1 Mio. Aktien platziert und das nur zu einem Preis von 58 Euro je Aktie, statt der zuvor als oberes Ende der Preisspanne kommunizierten 74 Euro. Statt 340 Mio. Euro fließen dem Unternehmen also nur 180 Mio. Euro zu. Schlimmer noch, am ersten Handelstag sackte die Aktie dann noch auf 54 Euro ab. Keine Spur von Corona-Euphorie für Wohnmobilhersteller. Heute früh wurde der Rüstungskonzern Hensoldt an die Börse gebracht: Die bayerische Airbus-Tochter stattet das Militär mit Radartechnik aus. Auch für Rüstungsaktien ist das Börsenumfeld eigentlich gut, doch auch Hensoldt musste die Aktien am unteren Ende der Ausgabespanne von 12-16 Euro ausgeben. Und auch Hensoldt notiert aktuell mit 10% im Minus. Die Skepsis unter Anlegern ist groß. Kein Wunder, wenn Sie sich die oben genannten Vorgänge vor Augen führen (Wirecard, Grenke). Hinzu kamen nun wieder einmal Betrugsvorwürfe gegen die Deutsche Bank, die führend im Geldwäschegeschäft mit Russland gewesen sein soll. Und dann ist da noch die deutsche Hoffnung der Internet-Startup-Szene: Rocket Internet: 2014 zu 42,50 Euro an die Börse gegangen ist die Bilanzsumme jährlich geschrumpft. Nun soll das Unternehmen zu einem Kurs von 18,57 Euro wieder von der Börse genommen werden. Böse Zungen schreiben, dass die durch den IPO eingesammelten Millionen nun aufgebraucht sind, das Unternehmen kann billig privatisiert werden. Eine realistische Bewertung der nicht notierten Beteiligungen des Unternehmens war nie möglich. Aktionäre von Beteiligungsgesellschaften fliegen leider meistens im Blindflug. Die Gewinner dieser Woche sind schnell aufgezählt: HelloFresh und ZooPlus sind ohne besondere Meldung angesprungen. Auch Delivery Hero gehört zu den Gewinnern. Anleger greifen reflexartig zu den Corona-Gewinnern. Den größten Wochengewinn erzielte Osram (+16%), allerdings war dafür die Meldung der beherrschenden Muttergesellschaft AMS verantwortlich, die eine höhere Ausgleichszahlung an die Aktionäre ausrief, als zuvor erwartet wurde. Auf der Verliererseite tummeln sich die Corona-Verlierer: Airbus, Lufthansa, MTU Aero und Fraport zeigen, wie anfällig die Logistikbranche ist. Bei den Autos sind Traton, Hella, Sixt und Leoni zweistellig im Minus. Auch Finanztitel sind unter Druck: Deutsche Bank, Allianz, Münchener Rück und die Commerzbank. Billiger, DIC Asset, Dt. Euroshop, Ströer, BVB, ThyssenKrupp, Amadeus Fire, Rheinmetall, Siltronic, Adva, Norden, Hugo Boss und Morphosys sind weitere Aktien, die mit mindestens 8% im Minus sind. Hmm, da lässt sich zwar ein Schwerpunkt bei den konjunktursensiblen Aktien finden, aber grundsätzlich sind alle Bereiche vereinzelt unter Druck gekommen: Auch Corona-Gewinner mit hohem Bewertungsniveau. Somit komme ich als Fazit zum Satz, mit dem ich dieses Kapitel eingeleitet habe: Nachdem viele Risiken über Monate ignoriert wurden, ist eine Korrektur einfach irgendwann mal fällig. Schauen wir mal, wie sich das in der wöchentlichen Entwicklung der wichtigsten Indizes niederschlägt: WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (24.09.2020) Woche Δ Σ '20 Δ Dow Jones 26.852 -3,6% -6,3% DAX 12.449 -5,1% -6,0% Nikkei 23.205 -0,7% -1,9% Shanghai A 3.374 -3,6% 5,9% Euro/US-Dollar 1,16 -2,1% 3,8% Euro/Yen 122,75 -0,9% 0,4% 10-Jahres-US-Anleihe 0,66% -0,03 -1,28 Umlaufrendite Dt -0,52% -0,04 -0,29 Feinunze Gold $1.863 -4,6% 23,2% Fass Brent Öl $41,74 -3,6% -39,3% Kupfer 6.725 -0,8% 8,3% Baltic Dry Shipping 1.605 24,0% 47,2% Bitcoin 10.682 -2,2% 46,5% | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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