Alt 03.02.22, 17:34
Standard Die Mauer der Angst
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Januar dämpft die Stimmung.

In der Rückschau verlief das Aktienjahr 2021 auf globaler Ebene nahezu idealtypisch - dynamische Renditen, keine nennenswerten Rücksetzer. Ganz im Gegensatz dazu wurden Anleger im abgelaufenen Börsenmonat daran erinnert, dass Volatilität auch eine negative Seite hat und Korrekturbewegungen immer wieder auftreten können. Es mangelt nicht an vielfältigen Krisenherden: Inflation, Entscheidungen der Fed und EZB, COVID und geopolitische Risikofaktoren. An dieser Stelle ist es ratsam, sich einige grundlegende Eigenschaften der Aktienmärkte ins Gedächtnis zu rufen.

Der übliche Mechanismus

An den Aktienmärkten gehört es zum alltäglichen Geschäft, dass diverse Risikofaktoren die Marktstimmung kurzzeitig erheblich beeinträchtigen können. Am Ende befolgen Märkte allerdings ihre üblichen Mechanismen zur Preisbildung. Sie wägen Gerüchte, Meinungen, Schlagzeilen und Analysen ab und lassen sie in die Kurse einfließen. Daher haben weithin bekannte Faktoren nur selten einen dauerhaften Einfluss auf Aktien.

Die zuvor genannten Risikofaktoren haben eines gemeinsam: Sie wurden bereits weitreichend diskutiert, wodurch sich das negative Überraschungspotenzial in Grenzen hält. Ein altes Börsensprichwort besagt, dass Bullenmärkte eine „Mauer der Angst“ erklimmen. Sorgen dämpfen die Erwartungen, so dass der Zustand einer Erleichterung oder einer positiven Überraschung leichter zu erreichen ist – dies sorgt für Rückenwind an den Aktienmärkten.

Risiken im Blick behalten

Selbstverständlich sind die meisten Befürchtungen der Anleger nachvollziehbar, da sie sich mit realen, negativen Einflussfaktoren beschäftigen. Eine Inflationsrate von sieben Prozent im Jahresvergleich ist nichts Positives. Ebenso würden eine chinesische Invasion in Taiwan, eine russische Invasion in der Ukraine oder der Erwerb von Atomwaffen durch den Iran negativ auf die Märkte wirken. Die Hartnäckigkeit von COVID und die uneinheitlichen politischen Reaktionen darauf sorgen für Gegenwind. Zudem sind viele dieser Themen zunehmend politisiert worden, wodurch die Spannung zusätzlich verschärft wurde. Sowohl für die Befürworter als auch für die Gegner der politischen Maßnahmen ist es schwierig, eine objektive Risikobewertung vorzunehmen.

Für Aktienmärkte besteht die relevante Frage jedoch nicht darin, ob etwas „gut“ oder „schlecht“ ist. Der wichtige Punkt ist: Inwieweit haben die Märkte diese Faktoren bereits eingepreist? Die zuvor genannten Risikoherde beherrschen seit längerer Zeit die weltweiten Schlagzeilen. Da so viele Marktteilnehmer darauf fixiert sind, spiegeln die Aktienkurse bereits unzählige Meinung darüber wider, vor allem auch die negativen und extremen Meinungen. Um die Aktienmärkte zu erschüttern, müsste die Realität weitaus schlimmer ausfallen als die bereits in Erwägung gezogenen Szenarien. Bei derart breit diskutierten Problemstellungen sind die Chancen für einen solchen negativen Überraschungseffekt relativ gering.

Fazit

Wir sagen nicht, dass sich die negativen Einflussfaktoren von heute komplett in Wohlgefallen auflösen werden. Ebenso wollen wir nicht andeuten, dass den Aktienmärkten eine glorreiche Spätphase bevorsteht, die sich heute noch keiner vorstellen kann. Aber das ist auch gar nicht nötig, um von steigenden Aktienmärkten für das Börsenjahr 2022 auszugehen. Dazu genügt es, dass die Realität weniger schlimm ausfällt, als es von den Märkten erwartet wird. Zudem bleibt das Grundrezept für einen intakten Bullenmarkt weiterhin bestehen: wachsende Wirtschaft, politischer Stillstand und ein sicherer Abstand zur gefährlichen Euphorie.

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Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Thomas Grüner die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
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