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Anfang des Monats wurde die Aktie von Amazon im Verhältnis 1:20 geteilt. Eine Amazon-Aktie, die zuvor 2.800 Euro wert war, war dann nur noch 140 Euro wert. Dafür hatte jeder Aktionär 20 mal so viele Stücke davon im Depot. Ein Nullsummenspiel für Unternehmen und Aktionäre, dennoch gibt es Gründe für einen solchen Aktiensplitt.
Auch Alphabet hat angekündigt, seine Aktien anlässlich meines Geburtstags am 15. Juli im Verhältnis 1:20 zu splitten. Eine Aktie, die derzeit für 2.080 Euro zu haben ist, würde dann bei 104 Euro notieren. Institutionelle Anleger zahlen häufig Gebühren für ihre Käufe und Verkäufe in Abhängigkeit von der Stückzahl der gehandelten Aktien. Bei einem hohen Aktienkurs können institutionelle Anleger, die hohe Summen bewegen, zu günstigen Konditionen handeln. Ein niedriger Aktienpreis kommt Privatanlegern entgegen, die mit kleinen Summen unterwegs sind. Wer kauft schon gerne eine oder zwei Aktien? Da fühlt man sich irgendwie arm, oder? Jetzt kann man 20 oder 40 Aktien kaufen, das klingt doch ganz anders. Aber das ist wohl nur eine psychologische Komponente. Tatsächlich haben wir in den vergangenen Monaten viel Handelsumsatz über Robinhood-Kunden in Amazon und Alphabet gesehen. Robinhood bietet das gebührenfreie Handeln an und hat zudem noch das Angebot von "fractional" Aktien erfunden, von Aktienanteilen. Kunden von Robinhood können also mit kleinen Beträgen Anteile an einzelnen Aktien erwerben. Das ist schon irgendwie komisch: Hatte man die Aktien doch mal erfunden, um "Anteile" am Unternehmen in verschiedene Hände geben zu können, so wurde nun mit fractional Aktien darauf aufgesetzt, damit man sich Anteile an Anteilen vom Unternehmen leisten kann. Auch Apple hatte lange Zeit von Aktiensplits abgesehen, um den Aktienkurs möglichst attraktiv für institutionelle Anleger zu gestalten. Und auch Berkshire Hathaway wurde von Warren Buffet lange Zeit nicht gesplittet. Robinhood hatte eine Laune des Marktes für sich genutzt und junge Kleinanleger mit dem Angebot des kostenfreien Handels in fractional Aktien gelockt. Doch irgendwie ist dieses Angebot inzwischen obsolet. Genau wie die anderen Dinge, die Robinhood-Anleger noch vor einem Jahr begeisterten: Meme-Aktien wie GameStop und AMC haben ihren Reiz verloren und pendeln im Rahmen der Baisse gen Süden. IPOs, SPACs und Corona-Highflyer erleiden ein ähnliches Schicksal. Eine Generation von jungen Anlegern wird aus dem Markt geschüttelt, wie einst das Platzen der Internetblase Viele meiner Generation für immer verbrannt hat. Robinhood ist das Posterchild, das Vorzeigekind dieser Zeit gewesen und wird nun ausverkauft. Erst vor einem Jahr ging der Neobroker an die Börse und erzielte kurz darauf eine Marktkapitalisierung von 45 Mrd. USD. Heute ist das Unternehmen gerade mal noch 8 Mrd. USD wert. Dabei liegen, halten Sie sich fest, 8 Mrd. USD Nettocash in der Bilanz. Ein Broker, der Robinhood mit seinen 22 Mio. Kunden kauft, bekommt den Kaufpreis im Handumdrehen wieder ausbezahlt. Nicht schlecht, oder? So hat Goldman Sachs die Einstufung für Robinhood nun von Verkaufen auf Neutral hochgestuft. Zwar seien die fundamentalen Entwicklungen weiterhin schlecht, aber dies sei in der aktuellen Bewertung bereits ausreichend eingepreist und auf Sicht von 12 Monaten könne sich die Aktie dem Buchwert nähern, der um 20% höher liege als die aktuelle Marktkapitalisierung. Warum schreibe ich das so ausführlich? Weil das ein erstes Zeichen dafür ist, dass die Neubewertung so langsam ihren Boden erreichen könnte. Erste Kandidaten, die noch kürzlich die Welt im Sturm erobern wollten, sind auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Diese Woche war extrem schmerzhaft. Hatte sich in der Vorwoche noch eine Erholung abgezeichnet, so lief diese jedoch bereits viel zu früh aus. Wir beschließen die schlechteste Halbjahres-Performance des S&P seit fünfzig Jahren! Vor einer Woche noch hatten institutionelle Anleger die Hoffnung, mit ein paar weiteren Pluspunkten in der Performance ihre Kunden mit einem Hoffnungsstreif bei Laune halten zu können. Eine Bodenbildung mit einer Dynamik in einigen gut laufenden Aktien wäre Grund genug gewesen, eine hohe Investitionsquote zu rechtfertigen. Doch als die Erholung viel zu früh auslief, packte die Profis die Angst. Wenn das nun doch noch nicht der Boden ist, dann muss man jede Aktie, die dick im Minus ist, seinen Kunden gegenüber rechtfertigen. Quasi über Nacht änderte sich die Stimmung und es begann ein Ausverkauf, der den DAX diese Woche zwischenzeitlich um bis zu 4% ins Minus drückte. Dabei geben die Entwicklungen dieser Woche kaum Anlass für einen so heftigen Ausverkauf. Im Gegenteil, es gibt tatsächlich erste Hoffnungsschimmer. In China wurden die strengen Lockdowns zurückgefahren. Wer nach China einreist braucht nicht mehr 14, sondern nur noch 7 Tage in Quarantäne. Disneyland Shanghai wurde am Donnerstag nach 3 Monaten erstmals wieder geöffnet. Natürlich gibt es viele Gründe, diese Entwicklungen als Schwalbe abzutun (eine Schwalbe macht noch keinen Sommer). Die Bevölkerung Chinas hat kaum eine Grundimmunisierung, da der dort verwendete Impfstoff minderwertig ist und kaum eingesetzt wurde. Es bleibt das Postulat der Null-Covid Politik und somit sei es nur eine Frage der Zeit, wann die Lockdown-Maßnahmen wieder verschärft werden. Vorsicht ist also ratsam. Aber man muss die Feste feiern, wie sie fallen. Schauen wir mal, wie lange die Entwicklungen in China zu einer Entspannung der Lieferkettenproblematik ausreichen. Die Kamera, die ich seit Monaten im Auge habe, war diese Woche plötzlich wieder verfügbar ... jedoch nicht in der Konfiguration, die ich möchte. Aber immerhin. Ich denke, wenn sich die Lager in den kommenden Wochen füllen, dann wird auch der Inflationsdruck abnehmen... ... weiter abnehmen, sollte ich sagen, denn diese Woche sind viele Rohstoffpreise bereits deutlich zurück gekommen. Kupfer hat diese Woche den größten Preissturz seit 15 Jahren erlebt. Nahrungsmittelpreise gehen deutlich zurück. Lediglich am Energiemarkt bleiben die Verwerfungen durch Russlands Krieg gegen die Ukraine bestehen, doch auch dort hat zumindest der Preisanstieg am Ölmarkt bereits geendet. Der Gaspreis steigt weiter, das ist jedoch unter anderem auch auf die Explosion eines LNG-Terminals in den USA zurückzuführen. In den USA selbst ist der Gaspreis eingebrochen, da man dort nun das Flüssigerdgas, das man nicht mehr exportieren kann, verkaufen muss. Wenn ich eine negative Entwicklung finden soll, der wir den Ausverkauf dieser Woche zuschreiben können, dann die Rezessionsangst. Nachdem nun monatelang Notenbanken in ihrem Bestreben, die Inflation zu bekämpfen, als eher zu zögerlich wahrgenommen wurden, so hat die jüngste Zinsanhebung in den USA um 0,75% in einem Schritt diese Wahrnehmung gedreht: Was, wenn die Inflation durch die von mir oben beschriebenen Entwicklungen bereits eingedämmt ist? Was, wenn wir die höchsten Inflationsraten bereits gesehen haben? Wenn die US-Notenbank nun den Zins weiter anhebt, dann könnte sie eine Rezession riskieren, obwohl das gar nicht mehr erforderlich sein könnte. Okay, die meisten gehen davon aus, dass wir uns bereits in einer Rezession befinden. Die Frage ist also, wie heftig die Rezession wird. Und wenn die Notenbank den Zins zu stark anhebt, könnte das der Wirtschaft sehr stark zusetzen. Schauen wir mal, wie sich die wichtigsten Indizes in der abgelaufenen Woche entwickelt haben: Wochenperformance der wichtigsten Indizes INDIZES (30.06.22) Woche Δ Σ '22 Δ Dow Jones 30.655 -2,2% -15,6% DAX 12.785 -2,5% -19,5% Nikkei 25.936 -2,1% -9,9% Shanghai A 3.550 1,1% -6,9% Euro/US-Dollar 1,04 -1,8% -8,5% Euro/Yen 139,82 -2,0% 6,9% 10-Jahres-US-Anleihe 2,79% -0,32 1,28 Umlaufrendite Dt 1,28% -0,08 1,56 Feinunze Gold $1.802 -1,5% -1,3% Fass Brent Öl $110,83 -2,1% 40,6% Kupfer $8.050 -2,5% -16,9% Baltic Dry Shipping $2.240 -4,8% 1,0% Bitcoin $19.424 -7,1% -58,7% | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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