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In den vergangenen vier Wochen ist der DAX um 11% angestiegen. Wie von mir vermutet reichte es aus, dass keine weiteren Hiobsbotschaften mehr auf die Märkte trafen. Als weitere Trigger für Ausverkäufe ausblieben, begannen die Kurse zu steigen. Von 12.400 Punkten ist der DAX inzwischen auf 13.800 Punkte gesprungen und Charttechniker diskutieren bei dieser Marke, ob wir den Bärenmarkt, die Baisse, für beendet erklären sollten.
Ein Überspringen dieser Marke würde "Anschlusspotential", so Charttechnikerdeutsch, bis 14.400 Punkte eröffnen. Solange der DAX im Bereich zwischen 13.300 und 13.800 pendelt, stehe die Entscheidung über die künftige Richtung noch aus. Passiert ist nicht viel: Der Krieg in der Ukraine tobt weiterhin, Verhandlungen scheinen auf dem aktuellen Stand nicht möglich. Die Inflation steigt nicht mehr weiter an, Rohstoffpreise sind sogar deutlich zurück gekommen. In den USA ist der Konsumentenpreisindex "nur" noch um 8,5% angestiegen, der vorlaufende Produzentenpreisindex um 9,8%. In Deutschland ist der Verbraucherpreisindex um 0,9% angestiegen, der Erzeugerpreisindex war zuletzt um 0,6% angestiegen. Plötzlich erscheint es möglich, dass die Inflation unter Kontrolle gebracht wird, ohne durch zu hohe Leitzinsen eine schwere Rezession zu erzeugen. Diese Hoffnung ist der Hauptgrund für die Rallye der vergangenen Wochen. Allerdings stehen Lohnverhandlungen an und die Politik tut ihr Bestes, um die Arbeitskräftenot zu befeuern. Die Gefahr einer zweiten Inflationswelle ist noch nicht gebannt. Und China hat sein Militär vor Taiwan in Stellung gebracht, nachdem Pelosi, eine der wichtigsten US-Politikerinnen, in Taiwan einen offiziellen Staatsbesuch absolvierte. In den vergangenen vier Wochen wurden allerdings unzählige Quartalszahlen veröffentlicht. Ich hatte große Mühe, da auf dem Laufenden zu bleiben, während ich eigentlich ein wenig Urlaub machen wollte. Der Großteil der Q-Zahlen war positiv, begleitet von kritischen Prognosen. Je nach Tageslaune sorgten entweder die guten Zahlen für Kurssprünge, oder aber die schwache Prognose für Kursverluste. Überwiegend gab es Kurssprünge, weil die gute Sommerlaune überwog und weil in den vergangenen Monaten viele Anleger zu viel Aktien verkauft haben. Diese Woche wurde in den USA der "Inflation Reduction Act" verabschiedet, der Akt zur Reduzierung der Inflation. Enthalten sind Hürden und Belastungen für Klimasünder wie die Ölindustrie, Preisvorschriften für die Pharmabranche sowie Fördermittel für erneuerbare Energien und für die Batterieproduktion. 430 Mrd. USD werden in die Hand genommen, um gegen die globale Erwärmung vorzugehen. Befürworter loben die Anstrengungen der Biden-Regierung. Kritiker beklagen, dass Dinge subventioniert werden, die ohnehin schon von der Privatwirtschaft auf den Weg gebracht wurden. Volkswirte weisen darauf hin, dass dieser Akt insbesondere die Gehälter von Ingenieuren weiter in die Höhe schrauben werden, während der Ursprung der Inflation, steigende Rohstoffpreise, bereits seinen Zenit überschritten hat. Wie ich vor zwei Wochen im Rahmen des Bullwhip-Effekts beschrieb, kommt die Inflation wellenartig: Die erste Welle der Rohstoffinflation liegt erst einmal hinter uns. Nun laufen wir auf die zweite Welle zu, die Lohnsteigerungen. In Deutschland macht das Niedrigwasser im Rhein der Industrie zu schaffen: Streckenweise ist der Rhein nur noch 40 Zentimeter tief, für einige Schiffe ist die Passage nicht mehr möglich. Sollte das Niedrigwasser die Rheinschifffahrt nennenswert einschränken, könnte das zu einem Rückgang des BIP um 0,5% führen. Uniper erhält Kohle über den Rhein, BASF erhält Öl. Die Alternative ist die Schiene, doch die ist seit Jahren bereits überlastet. Schauen wir mal, wie sich die wichtigsten Indizes im Verlauf der Woche entwickelt haben. Wochenperformance der wichtigsten Indizes INDIZES (12.08.22) Woche Δ Σ '22 Δ Dow Jones 33.761 3,4% -7,1% DAX 13.796 1,6% -13,2% Nikkei 28.547 1,3% -0,9% Shanghai A 3.433 1,5% -10,0% Euro/US-Dollar 1,03 0,8% -9,5% Euro/Yen 136,92 -0,6% 4,7% 10-Jahres-US-Anleihe 2,85% 0,00 1,34 Umlaufrendite Dt 0,87% 0,12 1,15 Feinunze Gold $1.802 1,6% -1,2% Fass Brent Öl $98,38 3,2% 24,8% Kupfer $8.191 4,4% -15,4% Baltic Dry Shipping $1.556 -2,9% -29,8% Bitcoin $24.656 7,2% -47,5% Der Ölpreis "normalisiert" sich. Ich habe vor einer Woche über die mögliche Alternative für Deutschland, die Atomenergie, geschrieben. Doch ungeachtet dessen scheint sich die globale Energiekrise zu normalisieren. Der Ölpreis ist ja in die Höhe gesprungen, weil das benötigte Öl nicht am richtigen Platz war. Sanktionen verhinderten den Kauf von russischem Öl durch den Westen. Inzwischen wird das russische Öl günstig nach China und Indien geliefert und die dortige Nachfrage auf den Weltmärkten geht zurück, so dass der Westen die frei werdenden Ölkapazitäten erwerben kann. Weder die Ölförderung, noch die Ölnachfrage hat sich nennenswert verändert, daher ist absehbar, dass sich nach Anpassung der Lieferrouten wieder ein Gleichgewicht herstellt. Damit wird ein Ölpreis von 60 USD/Fass wahrscheinlicher als ein Ölpreis von 140 USD/Fass. Dennoch ist der Anpassungsprozess noch nicht abgeschlossen und ich gehe davon aus, dass wir in den kommenden Wochen/ Monaten noch einige heftige Preisschwankungen in beide Richtungen sehen werden. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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