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Am 1. August kündigte Donald Trump abends weitere Strafzölle auf chinesische Importe an, der DAX brach in den folgenden Tagen von 12.250 auf 11.400 Punkte ein.
Seit einigen Tagen zeichnen sich neue Gespräche zwischen den Streithähnen ab, der DAX befindet sich nun auf dem Weg zurück in Richtung 12.250 Punkte (aktuell 12.166, Stand 16:43 Uhr). Ist es wirklich so einfach an der Börse? Reicht es, den Tweets von Donald Trump zu folgen? Nein, natürlich nicht, aber es ist schon mal ein guter Anfang ;-). Gleichzeitig wurde in Italien der Vorstoß Salvinis abgewehrt, nun wird Italien wieder von einer pro-europäischen Regierung geführt. Gleichzeitig wurde in England der Coup von Boris Johnson verhindert, nun wird der harte Brexit für Johnson deutlich schwerer umzusetzen sein. Gleichzeitig zog die Regierungschefin in Hongkong unter dem Druck der Demonstranten ihren umstrittenen Gesetzesentwurf über die Auslieferung von Bürgern Hongkongs nach China zurück. Wenn die Aktienmärkte bei so zarten Ansätzen von Hoffnung schon so stark nach oben drehen, wie würde sich dann die eine oder andere tatsächliche Lösung auf die Kurse auswirken? Nicht übersehen sollten wir auch, dass noch im September in den USA aller Voraussicht nach das Zinsniveau gesenkt wird: 91% der Volkswirte rechnen mit einer Leitzinssenkung um 0,25% am 18.9., über die Hälfte geht von einer direkt folgenden zweiten Zinssenkung Ende Oktober aus. Damit werden die Zinsen für kurzfristige Kredite gedrückt, während gleichzeitig die Fortsetzung der Gespräche zwischen China und den USA sowie auch aktuelle Konjunkturdaten Zukunftshoffnung aufkeimen lassen: Vielleicht kann eine Rezession ja doch noch verhindert werden, denken sich nun einige Unternehmenslenker, und investieren. So steigen die Zinsen für langfristige Kredite, was die invertierte Zinsstrukturkurve der USA wieder zurückdreht. Die Kurve war nur kurz invertiert und - wie ich ausführlich zeigte - gegebenenfalls nur durch einen Fehler Jay Powells überhaupt in diese unglückliche Lage gebracht worden. Wenn das nun alles korrigiert wird, dann könnte eine Rezession in den USA vielleicht noch verhindert werden, glauben viele Anleger, und kaufen zyklische Aktien im Tech-Bereich. Das wirkt sich auch auf Deutschland aus, wo der Tech-Sektor mit +3,7% die Branche mit der besten Wochenperformance darstellt. Silikon-Verarbeiter Siltronic ist mit +13% nur Wochenzweiter hinter ISRA-Vision mit +18%. ISRA-Vision ist auf Oberflächeninspektionen bei Nahrungsmitteln und im Produktionsprozess spezialisiert. Aber auch der Finanzsektor konnte diese Woche profitieren (+3,5%): Wirecard legte um 9% zu, die Deutsche Bank um 8%. CEO Christian Sewing hat diese Woche ein feuriges Plädoyer für die Rolle von Großbanken in Europa gehalten und seine Zuversicht über eine führende Rolle der Deutschen Bank mit einem Programm für private Insiderkäufe unterlegt: Bis Ende 2022 wird Sewing monatlich 15% seines Nettogehalts für den Kauf von Aktien der Deutschen Bank einsetzen. Das nenne ich mal ein Statement! Die Automobilbranche profitierte ebenfalls (+3,3%): Zwar ist die IAA so leer wie selten zuvor, aber die Entspannung in China/ Hongkong ist bei den deutschen Autobauern sichtbar. Insbesondere Schaeffler, die seit Anfang 2018 von 16 auf inzwischen 6 Euro ausverkauft wurde, konnte zu einer kräftigen Gegenbewegung ansetzen (+9%). Heute wurde der Ausbauvertrag für das 5G-Netz in Deutschland abgeschlossen und alle Beteiligten zeigten sich zufrieden. Ralph Dommermuth, CEO von United Internet, war zufrieden über die Lösung, mit der sich die drei Netzausbauer gegenseitig unterstützen müssen, um Funklöcher frühzeitig zu stopfen. Genau dieser Punkt macht es seinem Unternehmen möglich, auch dem kleinster Wettbewerber einen flächendeckenden Service anzubieten. 1&1 sowie United Internet sind um 13% bzw. 10% angesprungen. Varta ist um 16% angesprungen, nachdem das Management ankündigte, mehr Lithium-Batterien bis 2022 zu produzieren, als bislang in Aussicht gestellt. Die Reaktion ist jedoch widersprüchlich: Während der Commerzbank-Analyst ein Kursziel von 110 Euro sieht, da die Prognose noch immer zu niedrig sei, fürchtet Warburg eine Blase und setzt 45 Euro als Kursziel aus. Mit derzeit 89 Euro könnte die Aktie also die Hälfte ihres Wertes verlieren, oder 25% zulegen, je nachdem, wen Sie fragen. Wenn Sie mich fragen: ein KGV 2020e von 40 ist für ein Umsatz- und Gewinnwachstum von über 80% p.a. nicht zu hoch. ThyssenKrupp hat nun einen namhaften Interessenten für die eigene Aufzugsparte: Die finnische Krone hat ein Auge auf die Vorgänge hier in Deutschland geworfen. Würde passen, meinen die Finnen, und entsprechend macht die ausgebombte Aktie von ThyssenKrupp aufgrund der Aussicht auf einen erfolgreichen Verkauf einen Freudensprung von 10%. Soweit ein paar Unternehmensgeschichten, aus denen Sie sehen können, dass die Geopolitik die Reaktion auf positive Entwicklungen zwar dämpfen oder zurückhalten kann, nicht aber vollständig kaputt macht. Irgendwann springen die Aktien mit positiven Entwicklungen dann doch an. Ich bin froh, dass wir diesmal am 2. August unsere Spekulationen vor dem Ausverkauf aufgelöst haben und Anfang September wieder aufbauen konnten. Diesmal hats wunderbar geklappt, doch Sie wissen ja, das ist keine Garantie für die Zukunft :-(. Schauen wir mal, wie sich die wichtigsten Indikatoren im Wochenvergleich entwickelt haben: WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (05.09.2019) Woche Δ Σ '19 Δ Dow Jones 26.809 1,5% 16,2% DAX 12.192 2,3% 15,5% Nikkei 21.200 2,4% 5,9% Shanghai A 3.142 3,9% 20,3% Euro/US-Dollar 1,10 0,2% -3,5% Euro/Yen 117,93 0,9% -6,5% 10-Jahres-US-Anleihe 1,55% 0,04 -1,19 Umlaufrendite Dt -0,60% 0,09 -0,70 Feinunze Gold $1.521 -0,6% 18,8% Fass Brent Öl $60,85 0,8% 16,5% Kupfer 5.662 0,2% -5,9% Baltic Dry Shipping 2.499 9,7% 96,6% Bitcoin 10.592 11,6% 170,1% Insbesondere der Shanghai-Aktienindex konnte diese Woche deutlich zulegen. Ich führe das auf die Spannungen in Hongkong zurück, die zwar noch nicht gelöst, aber zumindest doch etwas entschärft wurden. Die Flucht in den US-Dollar hat diese Woche etwas nachgelassen. Der Euro stieg leicht an, der Renditeunterschied zwischen Deutschland und den USA ging ein wenig zurück. Der Zinsmarkt war überhitzt, wir haben heute einen kleinen Teil unserer Anleihen verkauft, um von dem hohen Kursniveau zu profitieren. Bei nächster Gelegenheit werden wir das Papier aber wieder zurückkaufen. Die Goldrallye legt eine Verschnaufpause ein, wie vor dem Hintergrund der Aktienmarktrallye nicht anders zu erwarten. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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