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Ich würde es mal einen weiteren heftigen Ausverkauf nennen, was wir gestern gesehen haben. Zunächst erfolgte Schritt eins des Ausverkaufs vor zwei Wochen, als der DAX vom Allzeithoch um 10% auf 11.700 Punkte rauschte. Diese Woche folgte Schritt zwei von 12.000 unter 11.400 Punkte. Ich bin gespannt, wo uns Schritt drei hinführt.
Auslöser für den Ausverkauf dieser Woche waren die gestrigen Konjunkturdaten aus den USA. Das US-Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs im Q1 nur mit 0,2%. Im Q4 waren es noch 2% und Volkswirte hatten einen Rückgang auf 1% erwartet. Die 0,2% haben das Vertrauen der US-Anleger in ihre Wirtschaft erschüttert. Daraus ergab sich eine logische Kette, die insbesondere den DAX unter Druck setzte: Eine schwache Konjunktur in den USA könnte die US-Notenbank Fed dazu veranlassen, den US-Leitzins ein wenig später anzuheben als derzeit angenommen. Man rechnet derzeit mit einem ersten Zinsschritt im Juni oder September, nur wenige hoffen auf Dezember. Wenn jedoch die Wirtschaft weiter einbricht, und so muss man es nach den Daten dieser Woche nennen, dann könnte die Fed den ersten Zinsschritt nun doch länger hinauszögern als befürchtet. Wenn das Zinsniveau in den USA nun also länger niedrig bleiben sollte, dann ist der US-Dollar weniger attraktiv. Die US-Dollarstärke der vergangenen Monate könnte also übertrieben gewesen sein, es würde ein Teil dieser US-Dollarstärke zurückgenommen werden. Der Wechselkurs des Euros war von 1,40 zum Zeitpunkt der Ankündigung des Endes der Nullzinspolitik vor einem Jahr unter 1,05 gefallen. In den vergangenen zwei Wochen startete eine Gegenbewegung, die den Euro nach den gestrigen Konjunkturdaten über 1,12 USD/EUR hievte. Wenn der Euro nunmehr also seine Schwäche ablegen sollte, dann wäre der internationale Stimulus für die deutsche Exportindustrie beendet, so die logische Kette, die an der Börse gespielt wird. Da wir nun wissen, dass der DAX zumindest seit Mitte Februar nicht mehr durch überzeugte Anleger aus Deutschland in die Höhe getrieben wurde, sondern insbesondere auch durch US-Anleger auf der Suche nach Alternativen, so verwundert es kaum, dass der DAX nach solchen Hiobsbotschaften entsprechend heftig einbricht. In den USA wird diese Rotation in der Anlegervorliebe durch eine Branchenrotation unterstützt. So werden Unternehmen, deren Geschäft an der Konjunktur, am Ölpreis oder am Zinsniveau hängt, verkauft. Dies sind insbesondere Anbieter von Konsumentenartikeln (schwache Konjunktur bedeutet weniger Geld im Portemonnaie der Konsumenten), Energiekonzerne (schwache Konjunktur schwächt Energienachfrage) sowie Unternehmen des Immobilienmarktes (schwache Konjunktur schwächt Konsumenten). Gleichzeitig wurden die Profiteure dieses Wandels gekauft. So konnten internationale Konzerne, deren Einnahmen unter dem festen US-Dollar litten, zulegen. Die US-Notenbank Fed beendete gestern Abend ihre zweitätige Sitzung und gab traditionell ihre Markteinschätzung bekannt. Es gab keine Veränderung in der Einschätzung bis auf den Umstand, dass man nun gar nicht mehr über einen möglichen Zeitpunkt der ersten Zinsanhebung spricht. Der Zeitpunkt hänge von der Entwicklung am Arbeitsmarkt ab, so die Fed, und man werde die konjunkturelle Entwicklung anhand von Zahlen engmaschig beobachten. Damit haben weder die Falken (hoffen auf frühe Zinserhöhung), noch die Tauben (hoffen aus späte Zinserhöhung) Nahrung für ihre Meinung erhalten - Anleger tappen nun im Dunkeln und müssen sich eine eigene Meinung über die konjunkturelle Entwicklung bilden. So bleibt man in den USA in Wartestellung. Schauen wir uns die Entwicklung der wichtigsten Indizes einmal im Wochenvergleich an: WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (29.04.2015) | Woche Δ Dow Jones: 17.816 | -1,3% DAX: 11.454 | -2,3% Nikkei: 19.520 | -2,5% Euro/US-Dollar: 1,12 | 3,6% Euro/Yen: 134,18 | 3,7% 10-Jahres-US-Anleihe: 2,07% | 0,14 Umlaufrendite Dt: 0,28% | 0,16 Feinunze Gold: $1.184 | -0,3% Fass Brent Öl: $66,39 | 1,4% Kupfer: 6.315 | 4,6% Baltic Dry Shipping: 595 | -0,7% Der Dow Jones hat sich mit -1,3% relativ gut gehalten, denn DAX und Nikkei (Japan ist ebenfalls eine Exportnation, wie Sie sicher wissen, die vom starken US-Dollar profitierte) brachen um -2,3% bzw. -2,5% ein. Der Euro-Wechselkurs legte um +3,6% zu. Vor wenigen Tagen noch hat Bill Gross, die Legende des Anleihemarktes, die deutschen Staatsanleihen als eine sensationelle Shortspekulation herausgestellt. In den vergangenen beiden Tagen ist nun entsprechend die Umlaufrendite um 0,2 Prozentpunkte in die Höhe geschossen. von 0,12% vor einer Woche auf 0,28% heute. In der Welt der Anleihen ist das ein Quantensprung. Doch das sei noch lange nicht alles, so Gross heute in einem Interview. Eine weitere Folge der US-Dollarschwäche der vergangenen zwei Wochen ist der Anstieg der Rohstoffpreise. Der Kupferpreis ist um 4,6% angesprungen und das US-Öl WTI hat den Vorsprung des Nordseeöls verkleinert und notiert nun bei 59,44 USD/Fass. Sie erinnern sich an meine Theorie, dass der gestiegene Ölpreis die Inflation stärker anheizen wird, als dies insbesondere von der EZB gewünscht ist. Ich rechne nicht mit einem Emporschießen in Richtung 100 USD/Fass, die in den vergangenen Jahren normal waren, sondern erwarte, dass der Preis bei spätestens 70 USD/Fass an seine Decke stoßen wird. Ist es Ihnen auch aufgefallen: Energieunternehmen werden verkauft, weil die US-Konjunktur schwächelt. Doch der Ölpreis steigt. Ein Widerspruch, der nicht lange anhalten kann. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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