Alt 02.07.22, 00:29
Standard Wall Street von nachlassenden Zinssorgen gestützt
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NEW YORK (Dow Jones)--Nach den Vortagesverlusten und dem düstersten Aktienhalbjahr seit 1970 haben Anleger an der Wall Street am Freitag wieder etwas Mut gefasst. Vor dem verlängerten Wochenende - am Montag findet wegen des Unabhängigkeitstags kein Handel statt - interpretierten Anleger eher mäßige Daten positiv für den Aktienmarkt. Denn diese könnten die US-Notenbank im Kampf gegen die viel zu hohe Inflation von einer allzu forschen Gangart bei der geldpolitischen Straffung abbringen, so die gängige Spekulation im Handel.

Im späten Geschäft drehten die Kurse ins Plus. Der Dow-Jones-Index gewann 1,0 Prozent auf 31.097 Punkte, S&P-500 und Nasdaq-Composite kletterten um 1,1 bzw. 0,9 Prozent. Es gab dabei 2.412 (Donnerstag: 1.282) Kursgewinner an der Nyse und 828 (2.007) -verlierer. Unverändert schlossen 87 (140) Titel. "Wenn das Inflationsfieber ein wenig nachlässt, verschaffte dies der Fed mehr Spielraum. Das könnte ausreichen, um die Wirtschaft zu beruhigen, ohne große Kollateralschäden zu verursachen", fasste Ökonom Jurrien Timmer von Fidelity Investments die Hoffnungen der Börsianer zusammen.

Keine Trendwende in Sicht

Doch wollten Händler nicht von einer Trendwende sprechen. Denn die hohe Inflation und das Bemühungen der Zentralbanken dieser entgegenzuwirken schürten unverändert Ängste vor einer Verlangsamung des Wachstums bis hin zu Rezessionsorgen. "Wir können sehen, dass die Weichen für eine Rezession gestellt werden", mahnte Chefstrategin Seema Shah von Principal Global Investors. Sie rechnete mit einer Rezession zu Beginn des nächsten Jahres.

Aktuelle Daten zeigten zwar noch keine Anzeichen einer Rezession, aber gleichwohl eine Verlangsamung des Wachstums. Die Aktivität in der US-Industrie hat sich laut ISM im Juni abgeschwächt. Der Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes sank auf ein Zweijahrestief und verfehlte zudem die Erwartungen - blieb aber im Wachstum anzeigenden Bereich. Auch der von S&P Global für Juni erhobene Einkaufsmanagerindex sank in zweiter Veröffentlichung, blieb aber ebenfalls auf Wachstumskurs und übertraf sogar die Erwartungen leicht. Die Baudaten zeigten sich indes schwach.

"Insgesamt stützt der ISM-Index zwar die Befürchtungen, dass die aggressive Straffung der Fed zu einer drastischen Verlangsamung der Wirtschaft führen wird, doch deuten die Details auch darauf hin, dass diese Verlangsamung zu einem schnelleren Rückgang der Inflation führen könnte, als viele derzeit annehmen", beschwichtigte Volkswirt Andrew Hunter von Capital Economics die Zinssorgen der Anleger etwas.

Micron enttäuscht mit Ausblick - GM mit Gewinnwarnung

Ein schwacher Ausblick von Micron drückte den Halbleitersektor um 3,5 Prozent, der damit das Branchenschlusslicht bildete. Die Aktie rutschte um 2,9 Prozent ab. Der Halbleiterhersteller hatte zwar im dritten Quartal kräftige Zuwächse bei Umsatz und Gewinn vermeldet, jedoch einen enttäuschenden Ausblick auf das laufende Quartal geliefert.

Der Kurs von General Motors stieg um 1,4 Prozent - trotz einer Gewinnwarnung für das zweite Quartal. Händler erklärten die Aufschläge mit der bekräftigten Jahresprognose. Die Aktien des Kaufhausbetreibers Kohl's knickten um 19,6 Prozent ein. Laut CNBC sind die Gespräche über eine Übernahme durch die Franchise Group beendet worden. Auslieferungsdaten ließen die Aktien chinesischer E-Autohersteller in den USA fallen. Die Titel von Li Auto, Nio sowie von XPeng sanken um bis zu 4,6 Prozent.

Sichere Rentenhäfen gesucht

Wie schlecht die Stimmung an den Finanzmärkten ist, ließ sich am Rentenmarkt ablesen, der deutlich zulegte. Die nicht überzeugenden Konjunkturdaten dämpften die Zinserhöhungsfantasien, die Renditen gaben kräftig nach und verbuchten die höchsten Wochenverluste seit vier Monaten. Händler sprachen von erkennbaren Rezessionssorgen.

Die Ölpreise erholten sich von den jüngsten Abgaben. Hier ging es um bis zu 2,4 Prozent nach oben. "Niedrige Investitionen in die Exploration und heruntergefahrene Raffinerien während der Coronapandemie hätten das Angebot ins besondere bei Kraftstoffen verknappt. Die geopolitischen Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg und den Russland-Sanktionen verschärften die Lage, hieß es im Handel.

Der Dollarindex legte um 0,4 Prozent zu - der Greenback war gesucht als vermeintlich sicherer Hafen angesichts der trüben Konjunkturaussichten. Der Euro blieb zum Dollar schwächer, erholte sich aber von den Tagestiefs. Insgesamt fiel die Marktreaktion auf die Inflationsrate der Eurozone damit verhalten aus. Der Inflationsdruck hatte im Juni erneut stärker als erwartet zugenommen, wobei die Kerninflation marginal zurückging. Die Erwartung einer Straffung der Geldpolitik durch die EZB scheine bereits sehr gefestigt zu sein, hieß es zum mäßigen Impuls auf den Euro-Wechselkurs.

Gold erholte sich mit den gesunkenen Marktzinsen von den Tagestiefs und zeigte sich auf Tagessicht wenig verändert. Unter der Marke von 1.800 US-Dollar je Feinunze seien Käufer aufgetreten, hieß es.

Kontakt zum Autor: florian.faust@wsj.com

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July 01, 2022 16:07 ET (20:07 GMT)

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