Alt 18.11.09, 05:39
Ökonomischer Schlagabtausch
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Verehrte Leserinnen und Leser,

Nachdem die Indizes Ende Oktober einige deutliche Umkehrsignale ausgebildet haben, konnten zumindest die US-Indizes – allen voran der NASDAQ 100 – wieder neue Hochs ausbilden. Das ist natürlich potenziell bullish, wenn auch ein ganz klarer Hinweis darauf, dass die riesige Liquidität weiter die Kurse treibt.

Warnungen von allen Seiten

Und so erheben sich allerorten vermehrt warnende Stimmen, die auf die vermeintlich ungesunde Basis dieser Rally verweisen. Schließlich sei die Wirtschaft ja noch nicht über den Berg: Riesige Überkapazitäten belasteten die Produktion, die Arbeitslosigkeit senke den Konsum, vor allem in den USA. Und die horrenden Schulden zwängen das System über kurz oder lang ohnehin in die Knie, so wird gesagt.

Da helfen auch die Hinweise auf die wieder verbesserten wirtschaftlichen Daten nicht. Einige Werte, wie zum Beispiel das BIP, werden ja mit geraumer zeitlicher Verspätung veröffentlicht. Damit sind diese Zahlen allenfalls Bestätigung dessen, was durch vorlaufende Indikatoren, beispielsweise die Einkaufsmanager-Indizes, bereits vorweg genommen wurde.

Hinzu kommen außerdem Warnungen, dass diese verbesserten harten Fakten, wie der Anstieg der Produktionstätigkeit, der Exporte und damit der Handelsaktivitäten, auf einen „Nachholeffekt“ zurückgehen, nachdem die Unternehmen in der Krise ihre Lager geleert haben und demzufolge wieder auffüllen mussten. Aus diesem Blickwinkel wäre also wieder ein Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität zu erwarten.

Das gewichtigste Argument der bearishen Ökonomen ist allerdings der Verweis auf die reichlich vorhandenen Überkapazitäten. Egal, ob Stahl, Autos, oder Baustoffe – in fast jeder Branche gibt es Unternehmen, die nur mit halber Kraft arbeiten und für die kaum Besserung in Aussicht ist. So müsste zumindest theoretisch selbst bei einem Untergang von GM kein potenzieller Autokäufer länger auf ein (anderes) Fahrzeug warten oder würde gar leer ausgehen. Zu viele Konkurrenten stehen bereit, solche und andere Lücken auszufüllen.

Schwerer Stand für die Bullen

Die makroökonomischen Bullen haben es in dieser Situation natürlich schwer. Insbesondere Haltungen, die ein „Weiter so!“ oder „Alles wird gut!“ propagieren, erzeugen derzeit unweigerlich Kopfschütteln. Auch andere Erklärungsversuche, wie ein Anziehen des Binnenkonsums in den Schwellenländern sind nur Ausdruck von Zweckoptimismus und vielleicht sogar Hilflosigkeit. Denn einfachste Berechnungen zeigen, dass völlig unrealistische Steigerungsraten der Kauflust in China und anderswo nötig wären, um auch nur einen Bruchteil des vermutlichen Einbruchs des US-Konsums auszugleichen.

Dummerweise haben die Bullen auch kaum positive Beispiele aus der Vergangenheit, die sie ins Feld führen können. Die Bären dagegen verweisen genüsslich auf die lange Depression in den 30er Jahren, die ausufernde Inflation nach dem Ölpreisschock der 70er Jahre und der bis heute anhaltenden Deflationsphase in Japan nach dem Platzen der Blase Ende der 80er Jahre, um ihre Position zu untermauern.

Was wird aus der Aktien-Rally?

Vor allem auch an den Perspektiven der immer noch anhaltenden Aktienmarkt-Rally scheiden sich die Geister. Während einige bereits Übertreibungssymptome ausmachen wollen, sehen andere hierin erst den Anfang eines unglaublichen Anstiegs. Streitpunkt sind hier vor allem die Perspektiven für die Unternehmensgewinne.

Schauen wir uns dazu die entsprechenden Quartalsdaten für den US-Leitindex S&P 500 an:


Quelle: Standard & Poor‘s

Im Chart sehen Sie den Verlauf des S&P 500 (schwarz, linke Skala) sowie die Kurve der Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) auf Basis der tatsächlichen Gewinne der jeweiligen Index-Unternehmen (rot, rechte Skala). Die blauen Balken stellen die Steigerungsraten der Quartalsgewinne in Bezug auf das entsprechende Vorjahresquartal dar (in Prozent, rechte Skala).

Hauptkritikpunkt der Bären ist nun das nach oben geschossene Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), das im ersten und zweiten Quartal 2009 auf Werte über 100 katapultiert wurde (aktuell, d.h. für das dritte Quartal ca. 82). Allerdings erkennen wir, dass auch in früheren Rezessionen die KGV-Werte anstiegen (grüne Kreise), wobei natürlich der aktuelle Anstieg aufgrund der Dramatik der Krise entsprechend stark ist.

Wo die kommenden Gewinne erarbeitet werden

Die Bullen verweisen nun auf die extrem positiven Gewinnphasen der US-Unternehmen nach den letzten beiden Rezessionen (blaue Balken). In den 90er Jahren schafften die Firmen im S&P 500 13 Quartale mit zweistelligen Gewinnzuwächsen (Balken oberhalb der gestrichelten blauen Linie) in Folge, von 2003 bis 2007 sogar 19 Quartale. Sollten die Unternehmen in 2010 oder 2011 in diese Gewinnregionen zurückkehren können, wären die aktuellen Kurse angemessen, so das Argument der Bullen (und entsprechend dieser Analystenerwartung weist S&P auch für 2010 und 2011 bereits deutlich niedrigere KGVs aus – siehe gestrichelter Bereich der roten Kurve rechts im Chart).

Was für die Bären natürlich ausgemachter Blödsinn ist und auch für den unvoreingenommenen Betrachter sehr ambitioniert klingt, erscheint bei näherer Betrachtung nicht völlig unmöglich. Sicherlich ist es vermessen anzunehmen, dass Konzerne wie GM wieder zu ihrer einstigen Größe zurückkehren. Auch die Immobilienunternehmen werden kaum so bald wieder die Renditen der letzten Jahre erreichen. Und wie stabil die zuletzt erneut sehr kräftig gestiegenen Gewinne der Finanzinstitute sind, wird sich ebenfalls erst noch erweisen müssen.

Doch die sich anbahnenden neuen Technologien haben mit Sicherheit das Potenzial einen derartigen Boom auszulösen. Das konnten wir in den 70er und 80er Jahren erleben, als der Siegeszug des Mikroprozessors Automatisierung und PC-Technik beflügelte.

Die Ursachen der Depressionen

Die Gelehrten streiten sich, wie eine Krise oder Depression überwunden werden kann. Einige setzen auf eisernes Sparen, andere auf staatliche Stimuli und Inflation, wieder andere auf Wachstum. Doch Wachstum entsteht nicht aus dem Nichts. Neben Unternehmern, die auch in der Krise Chancen sehen, braucht es vor allem auch gesellschaftliche Erfordernisse, die unter den Nägeln brennen.

An der Schwelle des 20. Jahrhunderts war es die sprunghafte Ausweitung der Industrie und des Handels, die neue Infrastrukturen im Verkehr, der Kommunikation und der Energieerzeugung/-verteilung erforderlich machten. Damals begann der Siegeszug von Auto, Telefon und Elektrizität – Technologien, die schon ein gewisses Entwicklungsstadium hatten und nun in den Fokus ernsthafter wirtschaftlicher Aktivitäten gerieten.

In den 70er Jahren ermöglichte der Mikroprozessor die sprunghafte Erhöhung der Produktivität bei gleichzeitiger Reduzierung des Energieeinsatzes – genau die passende Antwort auf die damalige Energiekrise. Dagegen boten die 30er Jahre noch nicht die produktiven Voraussetzungen, um aus Rundfunk oder gar Fernsehen ein Massenmedium zu schaffen – der Transistor zum Beispiel konnte erst ab den 60er Jahren wirtschaftlich als Massenprodukt gefertigt werden. Und Japan konnte trotz seiner technologischen Erfolge und Erfahrungen aufgrund der starren gesellschaftlichen Strukturen nicht adäquat am internationalen Boom der Internet-Euphorie den 90er Jahren teilnehmen.

Die Auswirkungen auf den Aktienmarkt erkennen wir deutlich in den Charts:



Quelle: MarketMaker

Die Seitwärtsbewegung nach dem 1929er Börsenkrach dauerte fast 20 Jahre, und erst 1954 erreichten die Kurse wieder das gleiche Niveau wie vor dem Crash. Dem Ölpreis-Schock 1973 folgte ebenfalls eine Seitwärtsbewegung, die aber nur wenige Jahre Bestand hatte – dann begann der Technologieboom, der über 15 Jahre anhielt. Der japanische Aktienmarkt dagegen befindet sich immer noch in einer Abwärtsbewegung.

Die Tücken bestehender Trends

Insofern begehen sowohl Bullen als auch Bären derzeit den gleichen Kardinalfehler, nämlich bestehende Trends einfach gedanklich in die Zukunft fortzuschreiben. Die Bären lassen jede Phantasie vermissen, wie die gegenwärtige Situation überwunden werden kann. Die Bullen dagegen vertrauen blind auf die alten Wirkmechanismen wie „Viel Wachstum durch viel Konsum“. Vernachlässigt werden dabei mögliche Paradigmenwechsel, deren wahrscheinliche Dauer und die gesellschaftlichen Randbedingungen für diesen Wandel.

Denn auch wenn wir viele der aktuellen Probleme wie ökologische und ökonomische Erzeugung, Verteilung und Nutzung der Energie bereits theoretisch technisch lösen können, ist die praktische Umsetzung noch ein gutes Stück weit entfernt. Und der verständliche Drang, (das Alte) zu „retten“, behindert natürlich den Umbruch hin zum Neuen.

Insofern haben letztlich beide Lager Recht: Die leuchtende Zukunft, die uns die Bullen versprechen, und in der die jetzigen Sorgen unbedeutend erscheinen werden, ist real – nur der Weg dahin kann unter Umständen etwas länger dauern und steiniger sein, so wie es die Bären prophezeien.

Mit besten Grüßen

Torsten Ewert


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