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Schlechter als erwartet aber nicht schlecht, so könnte man die US-Arbeitsmarktdaten zusammenfassen, die soeben veröffentlicht wurden. Nur 151.000 neue Jobs wurden geschaffen, erwartet wurden 180.000. Doch Yellen hat unmissverständlich gesagt, dass alles über 100.000 neuen Stellen pro Monat gut genug ist für die schwache Erholung der US-Wirtschaft. Die Arbeitslosenquote bleibt bei 4,9%, das Durchschnittseinkommen steigt nur um 0,1% statt wie erwartet 0,2%.
Am 20. und 21. September wird die US-Notenbank tagen und am Ende ihre Zinsentscheidung bekannt geben. Vor einer Woche hatte Janet Yellen im Rahmen der Tagung von Jackson Hole die neue Notenbankstrategie vorgestellt. Die wesentlichen Aussagen, die ich aus dem Text herausgelesen habe, waren, dass für dieses Jahr wohl noch mit einer Zinsanhebung zu rechnen ist, egal ob September oder Dezember. Die Zinsen müssen rauf, um eine Normalisierung des Zinsniveaus herbeizuführen und die bereits ewig lange Niedrigzinsphase zu beenden. Gleichzeitig mit den steigenden Zinsen müsse die Notenbank jedoch neue Instrumente erschließen, um die Liquidität an den Märkten sicherzustellen. Das heißt, auch die US-Notenbank könnte schon bald Unternehmensanleihen aufkaufen und somit genau wie die EZB direkt in die Geschäftswelt hineinfunken. Zudem nannte Yellen noch zwei weitere neue Instrumente: Zum einen die (negative) Verzinsung von Bankeinlagen bei der Notenbank, um dem Markt Liquidität zuzuführen. Banken sollten dadurch gezwungen werden, mehr Kredite zu vergeben, auch wenn die Nachfrage nach Krediten gering sei. Zudem nennt Yellen den langfristigen Ausblick als weiteres Instrument, womit die Erwartungshaltung der Anleger und damit auch das Zinsniveau stark beeinflusst würden. Man habe diskutiert, zuerst sämtliche Vermögenswerte in der Bilanz der Notenbank zu verkaufen, bevor man das Zinsniveau anhebt, doch dieser Weg wurde verworfen. Die Auswirkung der Verkäufe sei zu schwer einzuschätzen, als dass man mit Zinsanhebungen auf das Ende der Verkäufe warten könne. Das heißt, Zinsanhebungen sollen möglichst bald fortgesetzt werden. Gleichzeitig attestiert Yellen der US-Konjunktur zwar Besserung, aber nur sehr langsames Wachstum - und das auf absehbare Zeit. Weder Demographie, noch wirtschaftliche Rahmenbedingungen unterstützen derzeit Wachstumsraten, die an die Achtziger oder Neunziger Jahre erinnern könnten. Im Gegenteil, mit 2% muss man schon sehr zufrieden sein, obwohl das weit hinter den Wachstumsraten nach Rezessionen in der Vergangenheit zurück bleibt. Die Zinsprognose, die Yellen im Rahmen ihrer Rede ausgab, erinnert mich an die besten Börsenprognosen: Entweder die Zinsen steigen, oder aber sie fallen. Bis Ende 2017 ist von 0% bis 3,25% alles drin, bis Ende 2018 hält sie sich sogar einen Korridor von 0% bis 4,5% offen. Sie behält sich jedoch andere Szenarien mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 30% vor. Wow, da hat sie sich ja mal weit aus dem Fenster gelehnt. Dieses Bild kommt in mein Buch "Prognosen, die die Welt nicht braucht". Marktbeobachter interpretierten die Aussagen von Janet Yellen dahingehend, dass sie wohl entweder im September oder Dezember den US-Leitzins um ein Viertel Prozentpunkt anheben werde. Wenige Stunden nach ihrer Rede meldete sich ein weiteres Notenbankmitglied, Stanley Fisher, zu Wort, bekannt als Falke (Falken wollen tendentiell höhere Zinsen) und spricht von zwei möglichen Zinsanhebungen noch im laufenden Jahr. Wenn die Chefin und der zweite Mann unterschiedliche Meinungen vertreten, neige ich dazu, der Chefin zu glauben. Für eine Zinsanhebung im Dezember spricht die Präsidentschaftswahl im November. In Wahljahren halte sich die Fed mit Zinsanhebungen zurück, heißt es in allen einschlägigen Analysen, denn Zinsanhebungen belasten die Wirtschaft und könnten so das Thema Wirtschaft wahlentscheidend aufwerten, was nicht gewollt ist. Hintergrund ist die historisch negative Korrelation zwischen Aktien und Anleihen. Steigt der Aktienmarkt, fallen die Anleihenpreise. Anleger entscheiden sich in der Regel zwischen Aktien und Anleihen. Kapital fließt dann von der einen in die andere Anlageart, die eine fällt, die andere steigt. Kehrt sich der Strom um, fließt das Kapital in die umgekehrte Richtung. Doch in den vergangenen Monaten ist etwas Komisches passiert. Seit vier Monaten gibt es diese negative Korrelation nicht mehr. Anleihepreise steigen parallel zur Aktienmarktrallye. Korrekturen finden in beiden Märkten gleichzeitig statt. Es hat sich eine positive Korrelation gebildet. Das hat zwei Folgen: Zum einen deutet es auf die Resignation der Anleger hin, man hat sich mit dem negativen Zinsniveau abgefunden und glaubt inzwischen kaum mehr an ein Ende. Zum anderen würde die Fed mit einer Zinsanhebung im September, also noch vor den Wahlen, vielleicht sogar den Aktienmarkt ebenfalls anfeuern. Der wichtigste Grund, der gegen die Zinsanhebung vor Präsidentschaftswahlen spricht, ist also derzeit nicht existent. Fazit: So, nun haben wir mal wieder ausführlich über Zinsen gesprochen. Eine Schlussfolgerung für die Aktienkursentwicklung der kommenden Wochen lässt sich daraus meines Erachtens nicht ziehen. Nun wissen Sie, warum ich in den vergangenen Wochen so wenig über Zinsen gesprochen habe. Schauen wir uns mal die Wochenentwicklung der wichtigsten Indizes im einzelnen an: WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (01.09.2016) | Woche Δ Dow Jones: 18.419 | -0,2% DAX: 10.534 | 0,0% Nikkei: 16.925 | 3,4% Shanghai A: 3.206 | -0,2% Euro/US-Dollar: 1,12 | -0,9% Euro/Yen: 115,88 | 2,2% 10-Jahres-US-Anleihe: 1,57% | -0,01 Umlaufrendite Dt: -0,18% | 0,04 Feinunze Gold: $1.311 | -1,0% Fass Brent Öl: $45,55 | -7,8% Kupfer: 2.079 | -0,8% Baltic Dry Shipping: 712 | -0,8% WOCHENRÜCKBLICK Außer Spesen nichts gewesen, DAX, Dow Jones und Shanghai A-Index haben sich im Wochenvergleich kaum verändert. Auch die unterwöchigen Schwankungen hielten sich in einer sehr kleinen Spanne. Lediglich Japans Nikkei kann kräftig zulegen (+3,4%). Es handelt sich dabei um Währungsgewinne gegenüber dem US-Dollar. Während der US-Dollar gegenüber dem Euro um 0,9% zulegen konnte, legte der Euro gegenüber dem Yen um 2,2% zu. Der US-Dollar legte somit gegenüber dem Yen um 3,1% zu, der Großteil der Nikkei-Rallye ist also dem Wechselkurs USD/YEN zuzuschreiben, denn ein Großteil Japans Exporte geht direkt in die USA bzw. wird weltweit in US-Dollar abgerechnet. Grund für den Anstieg des US-Dollars ist sicherlich die Rede von Janet Yellen. Die Aussicht auf einen weiteren Zinsschritt im laufenden Jahr, die bei Bedarf sogar durch Lockerungsmaßnahmen auf Seiten der "unkonventionellen Instrumente" flankiert werden können, stützen den US-Dollar. Die Aussicht auf höhere Zinsen zieht Kapital in die USA. Der Einfluss auf das Zinsniveau ist jedoch bislang gering, Anleihen werden trotz möglicherweise steigender Zinsen gekauft. An den Edelmetallmärkten legen God und Silber eine Verschnaufpause ein, der Goldpreis gab um 1% nach. Interessant ist die Entwicklung am Ölmarkt. Am Mittwoch (Vormittags nach US-Zeit) wurde der US-Lagerbestand an Western Texas Öl bekannt gegeben. Statt der erwarteten 921 Mio. Fässer Öl befanden sich 2.276 Mio. Fässer Öl in den Lagerstätten, also 2,3 Mrd. Fässer. Die USA verbrennen täglich 20 Mio. Fässer, die Ölreserven reichen also für 114 Tage, mehr als ein Viertel Jahr. Schuld daran ist der Ölpreis, der seit Mitte März über 40 USD/Fass WTI notiert. Im Rahmen des Ölpreiscrashs vor einem Jahr haben Ölkonzerne ihre Kosten überarbeitet und insbesondere die Technologien weiterentwickelt, mit denen heute doppelt so viel Öl aus einer Quelle geholt werden kann wie vor 10 Jahren. Heute lohnen sich also Bohrlöcher bei 40 USD/Fass Öl, die vor zwei Jahren noch unrentabel waren. Seit Februar hat sich die Zahl der in Betrieb befindlichen Fördertürme verdreifacht. Ein Grund für die vollen Lager ist also, dass einfach viel mehr gefördert wird. Gleichzeitig geht der Verbrauch von Öl zurück, bzw. wird effizienter. Durch intelligentes Gebäudemanagement benötigen Bürogebäude heute häufig 10% weniger Energie als vor wenigen Jahren, ohne Menschen in dunklen und kalten Räumen zurückzulassen. 40% des Energieverbrauchs der USA wird durch Gebäude verbraucht (Stichwort HVAC: Heating, Ventilation, Air Conditioning - Heizung, Belüftung, Klimaanlage). Die neuen Flugzeuge, die heute auf den Markt kommen, verbrauchen um 20% weniger Sprit als ihre Vorgängermodelle. Über benzinsparende Autos brauche ich Ihnen nichts zu erzählen. Überall werden Technologien entwickelt, die das Öl effizienter nutzen. Entsprechend werden die gleichen Ergebnisse mit weniger Ölverbrauch erzielt. Die Schlussfolgerung, dass eine rückläufige Ölnachfrage Indikator für eine Konjunkturschwäche ist, ist falsch. So war der Ölpreis am Mittwoch nach Bekanntgabe der stark angesprungenen Lagerbestände auf Talfahrt gegangen und nahm die Aktienbörse gleich mit. Noch immer gibt es unzählige Handelsalgorithmen, die auf diesem veralteten Zusammenhang basieren. Binnen anderthalb Stunden war der DOW Jones um ein halbes Prozent ausverkauft. Doch die Zahl der Anleger, die darüber informiert sind, dass der Zusammenhang veraltet ist, steigt und so gab es noch am vormittag Käufe, die den Ausverkauf stoppten. Zudem handelte es sich am Mittwoch um den letzten Tag im Monat August und da sitzen sämtliche Geldmanager gemeinsam vor den Bildschirmen und passen auf, dass da nicht in den letzten Handelsstunden die Monatsperformance ruiniert wird. Natürlich wurde auch der Ölpreis gestützt. Der Ölpreis setzte sodann seine Talfahrt im neuen Monat fort. Gestern ging's dann auf 43 USD/Fass, das Tief wurde heute erneut getestet, bevor sich nun so langsam eine Beruhigung an den Energiemärkten einstellt. An den Aktienmärkten war der Spuk schneller vorbei. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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