Alt 30.10.14, 13:40
Standard Deflationsängste schicken Börsen auf Talfahrt
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Rückläufige Preisdaten in den deutschen Bundesländern lösen am Donnerstagmittag an Europas Börsen neue Deflationsängste aus. Nicht nur dürfte damit auch die deutsche Jahresteuerung im Oktober schwach geblieben sein. Auf Monatssicht zeichnen sich sogar Preisrückgänge ab. Das spricht für eine nur schwache Entwicklung der Wirtschaft in der Eurozone. Damit steigt zugleich der Druck aus die EZB, die geldpolitischen Zügel weiter zu lockern. Der DAX verliert bis zum Mittag 1,5 Prozent auf 8.946 Punkte, für den Euro-Stoxx-50 geht es 1,4 Prozent auf 2.980 nach unten.

Die Lage wird noch dadurch erschwert, dass die US-Notenbank offenbar an ihrem Normalisierungsfahrplan festhalten will. Nach den jüngsten Verwerfungen an den Finanzmärkten hatten Börsianer auf eine "taubenhafte" Fed-Sitzung gesetzt. Dann kam es am Mittwochabend aber anders. Die Notenbanker wollen die Leitzinsen von der weiteren Entwicklung der Wirtschaftsdaten abhängig machen. Und da schlug die Fed leicht optimistischere Töne an, merkt die Commerzbank an. Der Auslastungsgrad am Arbeitsmarkt sei auf dem Weg der Besserung.

Wie Jim Reid von der Deutschen Bank anmerkt, wären diese Fed-Kommentare noch vor zwei Wochen - also zu Hochzeiten der jüngsten Kursschwankungen - undenkbar gewesen. Die US-Notenbank scheine das nötige Vertrauen zu haben, um den Finanzmärkten Liquidität entziehen zu können. Zugleich warnt der Stratege vor einer anhaltend hohen Schwankungsanfälligkeit der Märkte. Klarer Gewinner der Fed-Sitzung ist der Dollar. Der Euro gibt weiter auf 1,2590 Dollar nach, nachdem er bereits am Mittwoch einen US-Cent verloren hatte.

In der laufenden Berichtssaison sorgt Linde mit einer Gewinnwarnung für eine der großen Überraschungen, die Aktie wird an der Börse mit einem Abschlag von 4,8 Prozent gestraft. Dabei wird die einmalige Abschreibung als weniger schlimm betrachtet denn die gesenkten Mittelfristziele bis 2017. "Das sind rund 10 Prozent Senkung der Spanne, das ist zu viel", sagt ein Händler. Linde erwartet nun nur noch 4,5 bis 4,7 Milliarden Euro an operativem Konzernergebnis nach zuvor 5 Milliarden Euro.

Die Aktie der Lufthansa bricht sogar gleich um 7,5 Prozent. Nicht nur ist die Fluglinie mit einer Gewinnwarnung für 2015 aufgewartet. Zugleich stellt der Konzern die Dividende für das laufende Jahr in Frage. Der besser als erwartet ausgefallene operative Gewinn im dritten Quartal spielt keine Rolle. Cantor Fitzgerald sieht keinen Wachstumstreiber für die Lufthansa-Aktie. Zwar dürfte Lufthansa im kommenden Jahr von sinkenden Treibstoffpreisen profitieren, die gesenkte Prognose deute aber darauf hin, dass innerhalb der Branche die Kapazitäten für Langstreckenflüge ausgeweitet werden.

Aber es gibt auch erfreuliche Nachrichten. Als "ausgezeichnet" bezeichnen Händler die Zahlen von Bayer, die Aktie legt um 0,7 Prozent zu. "Das liegt deutlich über den Markterwartungen und auch dem Sentiment gegenüber der Branche", sagt ein Händler. "Bei Crop Science hatte man mit einer Erhöhung der Prognose gerechnet", so ein anderer Händler: "Dass sie die nun aber für den gesamten Konzern hochnehmen, ist eine große Überraschung."

Auch Volkswagen legte überzeugende Zahlen vor, die die Aktie 0,6 Prozent nach oben treiben. Volkswagen hat unter anderem dank der wachsenden Kauflust der Chinesen und wegen Verbesserungen bei der Kernmarke VW überraschend gute Quartalszahlen vorgelegt: Der Konzern steigerte seinen operativen Gewinn im zu Ende gegangenen Dreimonatszeitraum um rund 16 Prozent. Das Nettoergebnis verbesserte Volkswagen sogar um fast 60 Prozent.

Renault-Aktien profitieren von der etwas optimistischeren Prognose für den europäischen Absatzmarkt und steigen um 2,3 Prozent. "Europa ist für Renault nach wie vor ein extrem wichtiger Markt, auch wenn der Fokus zuletzt auf den Emerging Markets lag", merkt ein Händler an. Die Franzosen haben ihre Absatzprognose auf 5 von zuvor 3 bis 4 Prozent erhöht. "Die Nachfrage dürfte also in den vergangenen Wochen und Monaten gestiegen sein", schlussfolgert der Händler.

Nach überraschend starken Quartalszahlen schießen Alcatel-Lucent um 11,5 Prozent nach oben. "Wir sehen gute Kaufgelegenheiten dank des starken dritten Quartals, und auch der Ausblick ist positiv", sagt Sébastien Sztabowicz von Kepler Cheuvreux. Besonders stark sei die Bruttomarge, die im dritten Quartal mit 34,0 Prozent seine Schätzung von 32,2 Prozent klar überboten habe. In vielen Geschäftsbereichen sei die Profitabilität gestiegen.

Der Spezialchemiekonzern Wacker Chemie hat im dritten Quartal dank höherer Absatzmengen in vielen Produktbereichen und teilweise besseren Preise Umsatz und Ergebnis angekurbelt. Für das Gesamtjahr zeigt sich das Unternehmen beim Ergebnis jetzt optimistischer und hat die Prognose hochgenommen, an der Börse wird dies mit einem Kurssprung von 3,8 Prozent honoriert. Im TecDAX steigen Drägerwerk nach Zahlen 6,2 Prozent.

Kontakt zum Autor: manuel.priego-thimmel@wsj.com

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