Alt 23.09.09, 21:48
Das wahre Gesicht der Fed?
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Heute Abend ist es wieder soweit. Im Anschluss an die Sitzung des Federal Open Market Committee (FOMC) wird heute die Zinsentscheidung inklusive Statement veröffentlicht. Die Analysten gehen davon aus, dass es zu keiner Veränderung des US-Leitzinses kommt. Dann werden die Anleger und Analysten auf Veränderungen im Statement selbst reagieren.

Es ist zwar damit zu rechnen, dass in dem Statement von der Erholung der US-Wirtschaft gesprochen wird, wesentlich interessanter ist allerdings, ob Hinweise auf ein Ende der Nullzinspolitik enthalten sein werden. Da man jetzt schon erkennen kann, dass der Dollar erneut in einen dynamischeren Abwärtstrend übergeht und die Märkte eine massive Rally hingelegt haben, sollten Zinsänderungen spätestens Anfang/Mitte 2010 erfolgen. Andernfalls besteht die Gefahr einer massiven Abwertung des Dollars, die im weiteren Verlauf die Inflation in den USA zusätzlich anfeuern würde.

Inflation stützt Börsenkurse?

Jetzt darf man nicht auf die Idee kommen, dass eine Inflation in den USA direkt schädlich für die Börsenkurse sei. Tatsächlich ist es erst einmal andersherum. Dazu ein Beispiel:



In diesem Chart ist der S&P500 einmal in Dollar (blau) und in Euro (rot) zu sehen. Seit März kommt es zu einem deutlichen Kursverlust des Dollar zum Euro, der gerade im April/Mai dynamisch wurde.

Das führt dazu, dass die beiden Kursentwicklungen im oberen Chart ab Mai entsprechend auseinander driften. Interessant ist, was passiert, seitdem der Dollar Anfang September wieder in eine neue dynamischere Abwärtsbewegung übergegangen ist. Diese führt nämlich dazu, dass der S&P500 eine deutliche Aufwärtsbewegung aufweist und das letzte Bewegungshoch nachhaltig brechen konnte. Rechnet man den S&P500 in Euro um, wurde hingegen gerade einmal das letzte Hoch leicht gebrochen (schwarz gestrichelte Linien). Eine derart dynamische Bewegung wie im Orginalindex kann man nicht erkennen.

Zur Orientierung hier der Chart USD / EUR:



Geht also die Dollarschwäche weiter, kann es zu weiteren Kurssteigerungen kommen, die jedoch im Prinzip nur im Innenverhältnis, also aus Sicht der US-Bürger, interessant sind. Im Vergleich zu anderen Währungen würde sich ein solcher Anstieg quasi durch die Wechselkursänderungen auflösen.

Währungsschwäche nicht gleich Unternehmenswertverlust

Das ist auch nur logisch. Wenn eine Währung abwertet, heißt das ja nicht, dass der Wert eines Unternehmens im gleichen Maße mit sinkt. Das wäre aber aus der Sicht eines ausländischen Investors der Fall, wenn bei einer Währungsabwertung der Börsenwert des Unternehmens ungefähr konstant bleiben würde. Wertet eine Währung ab, müsste also eigentlich der Börsenkurs eines Unternehmens ansteigen, um eben diese Abwertung zu kompensieren. Und das passiert auch oft genug aus verschiedenen, sehr komplexen Gründen, deren Darstellung hier den Rahmen sprengen würde - dazu evt. in einem anderen Steffens Daily mehr.

Etwas übertrieben

Man könnte jetzt böse und etwas überspitzt behaupten: Wenn ich eine Börsenrally will, brauche ich lediglich die Währung zu schwächen und schon bastle ich mir eine Mega-Hausse. So ganz stimmt es zwar nicht, aber völlig falsch ist es auch nicht. Die Bewegungen der Währungen werden zudem natürlich nicht eins zu eins von den Aktienmärkten umgesetzt, aber eine Korrelation ist selbstredend zuerkennen.

Es ist also davon auszugehen, dass eine weitere Abwertung des Dollars zunächst einmal zu weiter steigenden Kursen führt.

Mehrere Probleme

Das Problem ist dann nur, dass auch die Rohstoffpreise in Dollar entsprechend anziehen würden. Und schon hätten wir es wieder mit den Auswirkungen zu tun, die wir 2006 / 2007 schon einmal erlebt haben. Steigende Rohstoffpreise werden sich inflationstreibend auswirken und natürlich auch die Unternehmensgewinne belasten. Hinzu kommt die enorme Ausweitung der Geldmenge, die sich natürlich ebenfalls inflationär auswirkt.

Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, wie lange die europäischen Indizes dieses Spiel mitmachen. Die Kurse in den USA steigen, während gleichzeitig der Dollar fällt. Ein steigender Euro müsste eigentlich einen gegenteiligen Effekt hier in Europa auslösen. Wenn die Kurse in Europa jedoch im gleichen Maße wie in den USA mitsteigen, wird das irgendwann zu einem Ungleichgewicht führen.

Wichtige Wochen und Monate

Aber gut, das sind Entwicklungen, die uns erst in vielen Monaten erwarten. Aber Sie sehen, warum die Entscheidungen der nächsten FOMC-Sitzungen derart wichtig sind. Tatsächlich wird die Fed in den nächsten Monaten Farbe bekennen müssen. Will sie Inflation, wird sie die Nullzinspolitik noch möglichst lange beibehalten, will sie zurück zu normalen Verhältnissen, müsste sie so langsam anfangen, die Niedrigzinspolitik aufzugeben.

Meines Erachtens sogar eher schneller als langsam. Zinserhöhungen bis 2 % sollte der Markt eigentlich verkraften, da es immer noch ein sehr expansives Niveau wäre. Ich hoffe nicht, dass Ben Bernanke noch einmal den richtigen Zeitpunkt verpasst.

In den nächsten Wochen und Monaten wird die Fed also ihr wahres Gesicht zeigen - ich bin gespannt.

Viele Grüße

Jochen Steffens
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