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Wie "frei" muss der Welthandel eigentlich sein? Wir verurteilen China, weil das Land ausländischen Unternehmen auferlegt, die Eigentumsmehrheit an jedem Joint-Venture bei Chinesen zu belassen. Jedes ausländische Unternehmen darf nur maximal 49% an seiner chinesischen Tochter halten, der Rest muss Chinesen gehören. Ich weiß nicht, was daran zu schlecht sein soll.
Auf der anderen Seite untersagen wir die Übernahme von deutschen Unternehmen, bspw. Aixtron, durch Chinesen. Wir fürchten um den Verlust unseres Know-hows. Wie wäre es denn, wenn wir die Beteiligung zu 49% zulassen? Das würde die Beziehungen zwischen Deutschland und China stärken, gleichzeitig uns die Kontrolle über das Know-how sichern. Etwas weiter gedacht: Ist es wirklich so gut, wenn westliche Firmen in unterentwickelte Länder einfallen und den dortigen Markt aufrollen, die Gewinne jedoch in ihre Heimat abführen? Wie soll sich das unterentwickelte Land da entwickeln? Würde dort diese 49%-Regel vielleicht ebenfalls Sinn ergeben? Dies nur als kleiner Einschub, dass nicht immer klar definiert ist, welche Strategie für einen freien Welthandel besser ist. Bei der Gelegenheit: Bis heute sind in diesem Jahr der Dow Jones um 4,9% gestiegen, der Nasdaq sogar um 13,4%. Auf der anderen Seite hat der DAX 6,7% abgegeben, der Shanghai-A-Aktienindex sogar 20,4%. In sämtlichen Medien und von allen Politikern ist zu hören, dass sich die USA durch die protektionistische Politik Trumps isolieren und dass sie verlieren werden. Anleger sehen das offensichtlich anders, sonst hätten Sie nicht die US-Aktien hochgejubelt und chinesische und deutsche Aktien ausverkauft. Wer wird Recht bekommen? Meiner Ansicht nach ist es richtig, die Handelspraktiken Chinas aufzubrechen, Donald Trump ist in einer außerordentlich guten Verhandlungsposition. Ob nun sämtliche Forderungen Trumps zur vollen Gänze richtig sind, das darf durchaus bezweifelt werden. Beide Seiten haben ihre Argumente und ich gehe davon aus, dass Trump als auch Xi zu gegebener Zeit kompromissbereit sein werden. Wir dürfen gespannt sein, wann genau "zu gegebener Zeit" sein wird :-). Bis dahin müssen wir heute anerkennen, was nicht mehr wegzulächelnd ist: Viele Bereiche an den Aktienmärkten zeigen Verhaltensweisen auf, die wir nur von Bärenmärkten kennen. Hier einige Beispiele: Die USA sind inzwischen der weltweit größte Ölproduzent. Doch das Öl wird im Landesinnern gefördert und es gibt nicht genügend Pipelines zu den Raffinerien und Häfen des Landes, um das Öl zu exportieren. Entsprechend niedrig ist der Ölpreis für Western Texas Integraler Trude Öl (WTI) im Vergleich zum Nordsee Brent Öl. In den USA zahlen Sie derzeit 10 US-Dollar pro Fass weniger. Das belastet die dortige Ölindustrie, die trotz weltweit steigendem Ölpreis nicht davon profitieren kann. Die Aktien der US-Ölindustrie sacken immer weiter ab. Einen weiteren Bärenmarkt sehe ich in der Halbleiterbranche: Mit Ausnähme von AMD, das kürzlich einen preisgünstigen Graphik-Chip herausbrachte, der mit den Hochleistungschips von Nvidia konkurrieren soll, geben alle Chip-Aktien immer wieder ab: Micron ist von 62 auf 42 USD gerutscht, das KGV 2019e steht bei nur noch 3,8, während der Gewinn um 37% p.a. aus Sicht von fünf Jahren anspringen soll. Aus fundamentaler Sicht muss die Aktie schon längst kräftig anspringen, dennoch sackt der Kurs täglich weiter ab. Bei NXP, Skyworks und Cypress sieht es ganz ähnlich aus. Diese Unternehmen bauen Chips für das Internet der Dinge, doch deren Kursentwicklung vermittelt den Eindruck, dass das Internet der Dinge nicht kommen wird. So werden auch die Maschinenbauer der Chipindustrie abgestraft, siehe Applied Materials und Lam Research. Über den neuen Bärenmarkt bei den sozialen Medien wie Facebook, Twitter und auch Swap habe ich vor einer Woche bereits geschrieben. deren Geschäftsmodell wird derzeit als gefährdet betrachtet, die Politik könnte Knüppel zwischen die Beine werfen und hohe Auflagen erlassen, die eine Nutzung der persönlichen Daten in ihrer heutigen Freizügigkeit nicht mehr ermöglichen. In meinen Augen ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch Alphabet in diesen Abwärtssog fällt. Und wenn wir uns in der Welt umschauen, dann fällt mir auf, dass der Hang Seng Aktienindex von Hong Kong bereits um 21% gefallen ist, wie auch der chinesische Shanghai-Index (siehe oben). Aber auch Russland (-20%), Griechenland (-29%) und ganz zu schweigen von der Türkei (-18%) befinden sich schon lange im Bärenmodus. In Deutschland befindet sich die Autobranche unter Beschuss, genau wie die Finanzbranche und die Versorger. Auf der anderen Seite laufen die Logistik-Branche und der Einzelhandel recht gut, wie auch der Immobiliensektor. In der abgelaufenen Woche hat auch der deutsche Technologiesektor Federn gelassen: Siltronic, Anbieter von Wafern für elektronische Kleinstgeräte des Internets der Dinge, ist um 8% eingebrochen. Als Grund kann ich lediglich die schlechte Branchenstimmung ausmachen, siehe Micron & Co. weiter oben. Wafer sind ein Ausgangsprodukt für die Chips. Gerade die Chipindustrie ist weltweit vernetzt. Donald Trump hat diese Woche Apple aufgefordert, um Importzölle zu umgehen, gleich in den USA zu produzieren. Das würde sämtliche Chip-Unternehmen treffen, auch die amerikanischen, die ihre günstigen Produktionskosten auf den asiatischen Märkten aufgeben müssten. Die ganze Branche würde durchgeschüttelt. ISRA Vision, Spezialist für 3D-Oberflächeninspektion, ist um 11% eingebrochen. Nach der erfolgreichen Aufnahme in den SDAX scheint sich hier der große Fonds Fidelity von seiner Position zu verabschieden. Mit einem KGV 2019e von 39 bei 12% Umsatzwachstum scheint mir die Aktie aktuell auch ziemlich ausgereizt. Auf der Gewinnerseite gibt es aber auch ein Technologieunternehmen: Cancom legte um 10% zu, nachdem der neu designierte CEO und Nachfolger des Gründers einen optimistischen Ausblick gegeben hat. Cancom geht nun mit Volldampf in die Cloud. Südzucker hat um 9% zulegen können. Der Absturz des Zuckerpreises ist beendet, es erfolgte eine Gegenbewegung um 15%. Wir hatten im Tief unsere Südzucker-Unternehmensanleihe aufgestockt und warten nun noch ein wenig ab, um Teilgewinne mitzunehmen. Es bleibt dabei: Anleger bereinigen ihre Portfolios und warten vorerst noch mit Neupositionierungen ab, bis sich die Themen für die kommenden Monate abzeichnen. Dabei ist derzeit mit einer ganzen Reihe von Unsicherheiten zu kalkulieren: Insbesondere die wirtschaftliche Entwicklung wird misstrauisch beäugt. Ist die Entwicklung zu schlecht, droht der Aufschwung zu früh abzuebben. Ist die Entwicklung zu gut, drohen beschleunigte Zinsanhebungen. Chancen einer positiven Entwicklung finden in diesen Tagen leider kaum Beachtung. Schauen wir einmal, wie sich die wichtigsten Indizes entwickelt haben: WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (13.09.2018) Woche Δ Σ '18 Δ Dow Jones 26.146 0,6% 5,3% DAX 12.056 0,8% -6,7% Nikkei 23.095 2,7% 1,4% Shanghai A 2.813 -0,2% -18,8% Euro/US-Dollar 1,17 0,6% -2,5% Euro/Yen 130,98 1,9% -3,0% 10-Jahres-US-Anleihe 2,96% 0,08 0,54 Umlaufrendite Dt 0,25% 0,03 -0,03 Feinunze Gold $1.205 0,4% -7,5% Fass Brent Öl $78,01 2,0% 17,2% Kupfer 5.890 0,7% -17,7% Baltic Dry Shipping 1.382 -6,9% 1,2% Bitcoin 6.497 0,5% -53,3% Nach den heftigen Ausverkäufen an den Aktienmärkten erfolgte diese Woche in Deutschland nur eine mäßige Gegenbewegung. Gute Konjunkturdaten sorgen für ein steigendes Zinsniveau, doch das wiederum wird an der Aktienbörse mit großer Skepsis zur Kenntnis genommen. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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