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Nun ist das unvorstellbare Wirklichkeit geworden: Die Briten verlassen die EU. Umfragen sind das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt werden. Wettbüros, die heimlichen Favoriten der Finanzwelt in den vergangenen Tagen, spiegeln den Spieltrieb der Menschen wider, nicht aber die Realität. Wer glaubt jetzt noch den Umfragen, die Hillary Clinton deutlich vor Donald Trump als nächste US-Präsidentin sehen? Auf Predictit.org hat Trump über Nacht um 5% zugelegt.
Dabei schien das Referendum in den vergangenen Tagen eine deutliche Mehrheit für den Verbleib in der EU zu generieren. An den Finanzmärkten stiegen die Aktienkurse, gestern wurden die Urnengänge fast schon gefeiert. Man war sich zu sicher. Entsprechend heftig ist der heutige Ausverkauf: Der DAX startete mit -10% in den Handelstag, inzwischen sorgen Eindeckungen für eine Gegenbewegung. Doch wenn wir mal ehrlich sind, so ganz überraschend kam der Brexit nun doch nicht. Anfang April haben 60% der Niederländer sich gegen das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine entschieden. Mitte Mai gab es eine denkbar knappe Wahlniederlage des rechtspopulistischen Kandidaten Hofer. Und nun stellen sich die Briten klar gegen Europa. Es sah alles so schön aus in der abgelaufenen Woche: Die Erzeugerpreise in Deutschland steigen. Der ZEW Konjunkturindex lag mit 54,5 deutlich über den Erwartungen, die Konjunkturerwartung ist so optimistisch, wie seit dem vergangenen Herbst nicht mehr. Ebenfalls stark positiv ist der Ifo-Geschäftsklimaindex, der heute veröffentlicht wurde und mit 108,7 auf Wachstum hinweist, das über den Erwartungen liegt. Doch das sind nunmehr Werte der Vergangenheit. Werte, die vor der Brexit-Entscheidung erhoben wurden. Nun wird man die Situation neu bewerten müssen. Welchen Einfluss hat die Entscheidung auf einzelne Branchen? In welchem Zeithorizont werden Auswirkungen zu erkennen sein? Ist die Brexit-Entscheidung vielleicht nur der erste Schritt im Zerfall der EU? Schauen wir nun zunächst auf die Änderung der wichtigsten Indizes im Vergleich zur Vorwoche. Bitte beachten Sie, dass der heutige Ausverkauf noch nicht darin enthalten ist, die Werte wurden gestern Abend genommen. WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (23.06.2016) | Woche Δ Dow Jones: 17.934 | 1,1% DAX: 10.257 | 7,4% Nikkei: 16.238 | 5,2% Shanghai A: 3.027 | 0,7% Euro/US-Dollar: 1,14 | 1,0% Euro/Yen: 120,21 | 2,4% 10-Jahres-US-Anleihe: 1,73% | 0,17 Umlaufrendite Dt: -0,07% | 0,07 Feinunze Gold: $1.262 | -1,7% Fass Brent Öl: $50,38 | 6,2% Kupfer: 4.936 | 0,0% Baltic Dry Shipping: 585 | -2,2% Um 7,4% war der DAX bis gestern Abend gestiegen, kurzzeitig stand der DAX bereits wieder über 10.300 Punkten. Ich hatte mir im Falle eines weiteren Kurssprungs in Folge einer Ablehnung des Brexit für heute einen Put-Optionsschein herausgesucht, den ich Ihnen empfehlen wollte ... zu spät. In Deutschland wurde der Wochengewinn heute früh ausradiert, in Japan hat der Nikkei ebenfalls seinen gesamten Wochengewinn abgegeben und für die USA erwarte ich heute ebenfalls einen kräftigen Ausverkauf, auch wenn die USA als stabiles Zufluchtsland nicht so stark unter die Räder geraten werden wie wir hier in Europa selbst. Der Euro ist heute früh unter seine Unterstützung bei 1,10 USD/EUR gerutscht, konnte jedoch die Marke schnell wieder überwinden. Vorerst ist also nichts passiert, doch die Schlacht findet nun an der Unterseite statt, nicht mehr an der Oberseite. Das Zinsniveau in Deutschland ist weiterhin negativ bis auf eine Sicht von 10 Jahren. Heute ist der Bund Future um 1,5% angesprungen, Sicherheit wird also weiterhin gesucht, der Zins rutscht weiter ins Minus. Der Goldpreis ist bislang moderat angesprungen. Ich habe bereits Meldungen von Goldhändlern in Deutschland gelesen, die sich vor Aufträgen englischer Kunden nicht retten können. Der Goldpreis wird also bislang direkt von den Briten in die Höhe getrieben. Wenn wir dann weitere Referenden beispielsweise in Frankreich in Aussicht gestellt bekommen dürfte die Nachfrage nach Gold weiter steigen. Der Ölpreis hat sich in der abgelaufenen Woche aufgrund der positiven Konjunkturdaten sehr positiv entwickelt, das Plus beträgt 6,2%. Damit ist nun Schluss, denn heute werden die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen eines Brexits eingepreist. Und ein Brexit wird die Konjunktur belasten und dadurch die Nachfrage nach Öl verringern. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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