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„Die Börse hat immer Recht“ ist einer der Lieblingssprüche meiner Leser, wenn ich mit einer Einschätzung falsch lag und dennoch versuche, meine Überzeugung inhaltlich zu rechtfertigen. Ich kann diesen Spruch nicht leiden. Denn die Börse ist alles andere als effizient, die Börse unterliegt Mechanismen, die effiziente Reaktionen verhindern.
Griechenland ist ein Problem für ... ja, für wen eigentlich? Nun, meiner Ansicht nach ist Griechenland ein Problem für Griechenland. Mit 2,5% des EU-BSPs haben die Probleme Griechenlands kaum einen Einfluss auf die Wirtschaft in der EU, geschweige denn der Welt. Aber dennoch wurde gestern weltweit alles verkauft, was nicht niet und nagelfest war. Aktien von Unternehmen, die in Griechenland Geschäfte haben. Aktien von Unternehmen, die von den Problemen der Unternehmen, die in Griechenland Geschäfte machen, profitieren. Entsprechende Aktien von Unternehmen, die von Portugal, von Spanien oder vielleicht sogar von Japan abhängig sind. Denn auch diese Länder haben exorbitant hohe Verschuldungsquoten. Ja, und sogar Aktien von Unternehmen, die mit alledem nichts zu tun haben wurden verkauft. Doch damit nicht genug, auch das Öl wurde ausverkauft und wo geht all dieses Geld hin? Ins Gold? Nein, auch der Goldpreis fiel gestern um 4%. Es wurde alles verkauft. Hat die Börse Recht? Müssen wir wirklich alles verkaufen? Können wir in die Zeitung schauen, auf den Computerbildschirm, auf unseren Depotauszug, und können wir von dem, was wir dort sehen unsere Schlussfolgerungen ziehen? Geben die Ereignisse an den Weltfinanzmärkten Aufschluss über das, was in der realen Welt passiert? Wenn ich den Fernseher anschalte, dann könnte ich zu diesem Schluss kommen. Doch das ist falsch. Nur einige Aktien und einige wenige Anlagebereiche werden derzeit in meinen Augen zu Recht ausverkauft. Die anderen wurden mitgefangen und werden nun „mitgehangen“. An den Finanzmärkten wird das Badewasser mit dem Kind ausgeschüttet. Halten Sie sich also bitte fest, damit Sie an Bord bleiben. Nein, ich habe Anfang Januar, als ich mehrmals zu Gewinnmitnahmen und Verkäufen riet, nicht gewusst, dass Griechenland solche Probleme bekommen würde. Und ich wusste auch nicht, dass Obama plötzlich wild wird. Und noch weniger konnte ich damals vorhersehen, dass China so schnell schon zu einer restriktiven Geldpolitik zurückkehren würde. Aber Anfang Januar lief alles so gut, dass es kaum noch positive Überraschungen geben konnte ... vielmehr war die Gefahr von negativen Überraschungen viel größer geworden. Nach einer Börsenrallye von 60% wäre es waghalsig gewesen, mit dem selben Betrag auf weiter steigende Kurse zu setzen wie im März bei einem DAX-Stand von 3.600 Punkten. Und so haben wir nun die Probleme, die für den notwendigen Ausverkauf sorgen, bevor die Börsen wieder steigen können. Doch denken Sie nicht, dass Hedgefonds, Fondsmanager und andere institutionelle Anleger intelligenter sind als Sie. Dort laufen nicht selten 25 jährige Hochschulabgänger herum, die noch nicht einmal Abitur hatten, als die Börse nach der Jahrtausendwende in eine lange Baisse überging. Der Internetboom war etwas, das es ihnen ermöglichte, Hausaufgaben im Internet zu klauen. Diese Jungs wurden in den letzten Semestern auf die Finanzmathematik getrimmt und sie wissen genau, wie ein diversifiziertes Portfolio aussieht, das ein bestimmtes Beta, einen bestimmten Markt oder eine bestimmte Branche abbildet. Sie suchen die Aktien für ihr Portfolio aus Excel-Tabellen mit unzähligen Kennzahlen heraus. Und wenn sich die Rahmenbedingungen ändern, dann wird das Portfolio an die geänderten Rahmenbedingungen angepasst. Dieser Anpassungsvorgang, wenn auch inhaltlich richtig, geschieht dann so schnell und so pauschal, dass ganze Märkte in die Knie gezwungen werden. Wenn also China statt mit 11% nur noch mit 8% wachsen wird, dann können chinesische Aktien in einem Wachstumsfonds nicht mehr s stark gewichtet sein wie zuvor und in Folge dessen werden chinesische Aktien, egal welche, verkauft. Wenn Griechenland, ein Mitglied der hoch angesehenen EU, in Zahlungsschwierigkeiten gerät, dann müssen auch die als weniger solide geltenden Schwellenländer als gefährdet angesehen werden, so die falsche Annahme vieler Marktteilnehmer in diesen Tagen. Und so wird das Engagement in Schwellenländeraktien zurück gefahren, ohne Rücksicht auf Bewertungsniveau oder Geschäftsaussicht der einzelnen Unternehmen. Hauptsache die angepasste Gewichtung kann schon morgen dem Chef präsentiert werden. Und so liefern Ausverkäufe wie der gestrige für uns besonnene und insbesondere unabhängige Privatanleger hervorragende Kaufchancen in ausgewählten Einzelaktien. Heute Vormittag habe ich Kaufempfehlungen zu fast unserer kompletten Beobachtungsliste an die Heibel-Ticker PLUS Kunden erausgeschickt, die entsprechende E-Mail Benachrichtigungen haben wollen. Es ist falsch, dass der Goldpreis gestern um 4% eingebrochen ist. Ich würde doch meinen, dass der Goldpreis steigt, wenn die Welt unterzugehen droht, oder etwa nicht? Aber der gestrige Ausverkauf hat die Volatilität an den Märkten nach oben schnellen lassen. Und bei einer gestiegenen Volatilität bevorzugen viele Marktteilnehmer eine höhere Cash-Quote. Und somit haben institutionelle Anleger ihre Cash-Quote erhöht und eben alles, auch Gold und entsprechende Goldderivate, verkauft, was den Goldpreis hat einbrechen lassen. Erst in ein paar Tagen oder Wochen werden diese Gelder wieder neue Anlagemöglichkeiten suchen und wenn bis dahin die Unsicherheit auf den Weltfinanzmärkten nicht dramatisch verringert wurde, dann wird ein größerer Anteil dieser Gelder wieder in das Gold zurück fließen. Doch zunächst wurde erst einmal die Cash-Quote erhöht, also auch Gold verkauft. Doch bevor ich mich weiter über den Unsinn auslasse, den Sie gestern und heute an der Börse sehen, schauen wir uns einmal die Probleme Griechenlands und deren Auswirkung auf die EU genauer an. Die Schulden Griechenlands belaufen sich inzwischen auf rund 130% des griechischen Bruttosozialprodukts. Innerhalb der EU sind gerade einmal 60% zugelassen, doch das erfüllt kaum ein Land. Deutschland steht als Musterknabe bei 79%. Japan übrigens bei über 200%. Nur weil ein Land nun 130% des BSPs an Schulden hat hört die Welt nicht morgen auf sich zu drehen. Das Geschrei ist groß, dass Griechenland jedoch eine Kettenreaktion auslösen könnte: Als nächstes fällt Portugal und danach wird schon Spanien genannt. Nun okay, da kommen wir schon langsam an eine Wirtschaftsnation, deren Probleme auch bei uns Wellen schlagen könnten. Portugals Verschuldungsgrad könnte in den nächsten zwei Jahren auf 91% ansteigen, und der von Spanien auf 74%. Wieso wird Spanien kritischer gesehen aus Deutschland? Kritiker betrachten derzeit nur die Neuverschuldung, und die ist dort zugegebenermaßen recht hoch. Aber von einem Staatsbankrott sind wir noch weit entfernt. Die Angst geht umher, dass die EU Griechenland in irgendeiner Form helfen könnte. Doch ich halte das für falsch und unwahrscheinlich. Falsch, weil damit eben die befürchtete Kettenreaktion losgetreten werden könnte. Und unwahrscheinlich weil ich nicht denke, dass unsere Politiker uns vermitteln können, das wir für den Verschwendungswahn anderer Nationen aufkommen müssen. Die EU ist eine Währungsgemeinschaft, keine Solidargemeinschaft. Und das Einspringen anderer EU-Mitglieder ist im EU-Vertrag nicht vorgesehen, vielmehr müssen die Mitglieder sich selbst am Riemen reißen. Es wird nun in meinen Augen nicht mehr lange dauern bis Griechenland damit droht, aus der EU auszutreten. Das würde den Euro in seiner Glaubwürdigkeit schwächen und würde auch enge wirtschaftliche Verflechtungen in Frage stellen. Doch die Auswirkungen für die EU wären relativ gering, für Griechenland hingegen wäre es eine Katastrophe. Man müsste sich um eine neue Währung kümmern und glauben Sie nicht, dass anschließend irgendjemand aus der internationalen Finanzgemeinde Interesse an griechischen Staatsanleihen haben könnte. Ganz abgesehen von den in Euro geschriebenen Verträgen, die umgeschrieben werden müssten. Ich kann mir also nicht vorstellen, dass Griechenland aus der EU austreten wird. Ebenso wenig kann ich mir vorstellen, dass die EU helfend zur Seite eilen wird. Vielmehr wird Griechenland mehr oder weniger alleine durch ein Tal der Tränen gehen müssen, bis es den eigenen Haushalt wieder EU-konform gestaltet hat. Und das wird Gehälter, Jobs, Infrastruktur und Wohlstand kosten. Die Auswirkungen dieses Prozesses für uns in Deutschland? Nicht merkbar. Die Auswirkungen für die Schwellenländer, für die USA, für die Weltfinanzmärkte, für Gold, ...? Nutzen Sie den Ausverkauf, um Ihre Lieblingsaktien günstig einzusammeln. In diese Panik hinein sollten Sie nicht verkaufen, denn das ist stets die schlechteste Reaktion. Wenn die Erklärungen, die ich Ihnen hier soeben über Griechenland aufgezeigt habe, durch die Medien geistern, werden die Börsen schon wieder um 5% höher stehen. Und wenn sich meine Erklärungen dann als falsch herausstellen sollten (was ich nicht glaube), dann haben Sie sodann noch immer Zeit, alles zu verkaufen und in Gold anzulegen. Niemals aber sollten Sie in eine Verkaufspanik hinein verkaufen, denn diese ist zumeist von finanzmathematisch orientierten Jungspunden oder entsprechend programmierten Computern ausgelöst. Schauen wir uns einmal die Wochenperformance der wichtigsten Indizes an: INDIZES (04.02.2010) Dow Jones: 10.002 | -1,2% DAX: 5.533 | -0,1% Nikkei: 10.057 | -3,4% Euro/US-Dollar: 1,367 | -2,2% Euro/Yen: 122,26 | -2,7% 10-Jahre-US-Anleihe: 3,61% | -0,1 Umlaufrendite Dt: 2,89% | 0,0 Feinunze Gold USD: $1.053,37 | -3,0% Fass Crude Öl USD: $72,94 | -1,7% Baltic Dry Shipping I: 2.685 | -13,9% Der DAX hat nur deswegen am besten abgeschnitten, weil er den gestern Abend startenden Ausverkauf im Dow Jones noch nicht mitgemacht hat. Allein gestern Abend brach der Dow Jones um über 2% ein. Der Nikkei hatte in Folge dessen heute Nacht seinen schlechtesten Tag seit Monaten (-2,89%). Natürlich werden bei der vermeintlich unsicheren Lage in Europa auch große Summen aus Euro-Anlagen abgezogen und so ist der Euro-Wechselkurs gegenüber dem US-Dollar (-2,2%) sowie dem Yen (-2,7%) kräftig eingebrochen. Eigentlich müssten unsere exportorientierten, international ausgerichteten Unternehmen wie Daimler oder Siemens vom schwachen Euro profitieren denn die im Ausland erzielten Erlöse gewinnen an Wert. Doch sowohl Daimler (-1,5%) als auch Siemens (-1,6%) notieren kräftig im Minus. Die Rasenmäher-Methode eben. Schauen wir uns einmal die Stimmung unter den Anlegern an: SENTIMENTDATEN ANALYSTEN: Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen): Kaufen / Verkaufen 15.-22. Jan (394): 75% / 25% 22.-29. Jan (342): 56% / 44% 29.1.-5.2. (318): 83% / 17% ANALYSTEN KAUF Volkswagen, Vinci S.A., Hannover Rück, ANALYSTEN VERKAUF Q-Cells, Solon, Renewable Energy PRIVATANLEGER: 3. KW 2010: 69% Bullen (82 Stimmen) 4. KW 2010: 47% Bullen (78 Stimmen) 5. KW 2010: 57% Bullen (70 Stimmen) Durchschnittlich erwarteter DAX-Endstand für heute: 5.648 PRIVATANLEGER KAUF Washington Mutual, Infineon, Wacker Chemie PRIVATANLEGER VERKAUF SMA Solar, Peugeot Die Sentiment-Daten wurden in Zusammenarbeit mit Sharewise erstellt: http://www.sharewise.com?heibel Hui, insbesondere die Analysten sind in dieser Woche bullischer denn je. So viele Kaufempfehlungen hat es schon ewig nicht mehr gegeben. Das macht mich allerdings nachdenklich. Mit 57% Bullen sind die Privatanleger relativ ausgewogen gestimmt. Die schlechte Stimmung hält sich die Waage mit den Chancen, die durch den Ausverkauf entstehen. Weiter unten habe ich die Quartalsergebnisse von Cisco und Visa aufgeschlüsselt. Hier in Deutschland hat die Deutsche Bank gestern ein hervorragendes Ergebnis veröffentlicht. Doch alles, was Sie in der Presse darüber lesen ist: „Die Spitze ist erreicht, besser kann es nicht mehr werden.“ Ich sehe das anders. Auch wenn einzelne Branchen und Märkte im Jahr 2010 gemieden werden sollten, so gibt es doch eine ganze Reihe von Wachstumstrends, die für Anleger überproportionale Erträge ermöglichen sollten. Wie zum Jahreswechsel angekündigt: Nachdem im Jahr 2009 alle Aktien stiegen wird es nunmehr wichtig, auf die richtigen Einzelaktien zu setzen. Cisco und Visa gehören in meinen Augen ebenfalls zu denen, die in diesem Marktumfeld profitieren werden. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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