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EZB-Chef Mario Draghi ist unter Beschuss. Diese Woche hat ein Reuters-Artikel die unterschwelligen Meinungsverschiedenheiten im EZB-Rat aufgedeckt ohne jedoch Namen zu nennen. Lediglich Mario Draghi als Befürworter der lockeren Geldpolitik wurde namentlich genannt. Grundtenor des Artikels: Während die EZB in ihrer Geschichte stets auf Einstimmigkeit oder zumindest auf einen breiten Konsens in der Entscheidungsfindung setzte, beschreitet Mario Draghi immer öfter Wege ohne breite Zustimmung, teilweise sogar gegen zuvor gefasste Mehrheitsbeschlüsse.
So habe er 2012 quasi im Alleingang den Märkten beiläufig signalisiert, die EZB werde den Euro retten, "koste es was es wolle". Für diese Aussage wurde er an den Finanzmärkten gefeiert, denn er beendete damit die Spekulation gegen den Euro und beruhigte die Finanzmärkte. Meine Kritik schon damals: Er hat damit den Druck von Regierungen genommen, Reformen umzusetzen. Und tatsächlich zeigen eine Reihe von Studien, dass die Reformanstrengungen insbesondere in Italien und auch in Frankreich in Folge seiner Ankündigung gen Null gegangen sind. Vor wenigen Wochen befanden sich die Finanzmärkte erneut unter Druck, und Draghi sprach im Rahmen der Konferenz in Jackson Hole, USA, zu den führenden Notenbankern der Welt. Reuters berichtet, dass er gegen die vorherige Absprache, kein Mengenziel zu nennen, in letzter Minute eigenmächtig in seine Rede aufgenommen habe, die EZB-Bilanz auf ein Niveau auszuweiten, das dem Niveau von Ende 2012 entspreche. Damit widerspricht er dem Grundsatz der EZB, sich nicht vorzeitig festzulegen. Wenn also eine Ausweitung der EZB-Bilanz erforderlich ist, dann wird es zügig getan. Doch warum kündigt er heute an, was er morgen tun wird, ohne heute entsprechende Instrumente zur Verfügung zu haben? Laut Reuters ist daraufhin EZB-intern ein Streit ausgebrochen, und Kanzlerin Merkel habe die beiden führenden Streithähne, Draghi und Weidmann, aufgefordert, eine Lösung zu finden. Die Lösung haben wir gestern gesehen: Das von Draghi eigenmächtig verkündete Ziel der Bilanzausweitung auf das Niveau von Ende 2012 steht nun offiziell im EZB-Statement. Es gab auch nur zwei Möglichkeiten: Entweder Draghi nimmt seine Ankündigung zurück und verliert damit seine Glaubwürdigkeit. Kein guter Weg für einen EZB-Chef. Oder aber die EZB tut so, als stünde man hinter ihrem Chef. Und das ist erfolgt. Die EZB behält also ihre Glaubwürdigkeit, das Wichtigste, was eine Notenbank besitzt. Doch sie wirft damit erneut die Frage auf, wie denn diese Bilanzausweitung erzielt werden kann. Nicht mehr "ob", sondern nur noch "wie". Dabei wird das Augenmerk von der Hauptkritik abgelenkt: Ist das überhaupt erforderlich? LTRO wurde 2012 ins Leben gerufen und versorgte den Finanzsektor mit 3-Jahre laufenden Krediten ohne betragliche Obergrenze zu fast Null Prozent. Diese EZB-Ausleihungen wurden bis heute zum größten Teil VORZEITIG zurückbezahlt. Freiwillig also. Der Finanzsektor möchte kein Geld mehr, nicht einmal geschenkt. Was also plant Draghi mit seiner erneuten Bilanzausweitung? Nun, wenn also die Banken kein Geld mehr wollen, mit dem sie Staatsanleihen kaufen können, dann könnte Draghi vielleicht direkt Staatsanleihen kaufen wollen. Das ist jedoch rechtlich umstritten. Also befindet sich ein weiterer neuer Satz im gestrigen EZB-Statement: EZB-Mitarbeiter wurden beauftragt, zeitnah weitere Maßnahmen für diese Zielerreichung vorzubereiten. Der gezielte Kauf von Staatsanleihen ist also nicht möglich. Das Ziel steht nun aber fest. Jetzt sitzen EZB-Mitarbeiter an der Quadratur des Kreises: Wie kann das Ziel im rechtlich gegebenen Rahmen erreicht werden? Der Fehler, den Reformdruck von konjunkturschwachen Staaten zu nehmen, wird also fortgeführt. Allerdings hat Draghi es nun geschafft, dass die gesamte EZB an dem von ihm eigenmächtig gesetzten Ziel arbeitet. Ich würde sagen, ein genialer Schachzug von Mario Draghi, der ihm den Spitznamen Supermario sichern wird. Mit diesem Schachzug hat er alle Kritiker dazu verpflichtet, an seinem eigenmächtig gesetzten und unumkehrbaren Ziel mitzuarbeiten. Selbst Bundesbankchef Jens Weidmann wird sich nun Gedanken machen, wie das Ziel zu erreichen ist, anstelle sich über dessen Notwendigkeit zu streiten. Einmal mehr werden deutsche Geldpolitiker auf der internationalen Ebene vorgeführt. Derweil feiern die USA einen starken Konjunkturaufschwung mit robustem Arbeitsmarkt, und Deutschland verkündet einen erneuten Exportrekord trotz der anhaltenden Spannungen in der Ukraine. Könnte es sein, dass Supermario gar nicht mehr unter Beweis stellen muss, über entsprechende Möglichkeiten zur Bilanzausweitung zu Verfügen, da weltweit die Konjunktur im Kielwasser der USA frühzeitig schon anzieht? Meine Einschätzung dazu lesen Sie in Kapitel 04. WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (06.11.2014) | Woche Δ Dow Jones: 17.554 | 2,1% DAX: 9.377 | 2,9% Nikkei: 16.880 | 2,8% Euro/US-Dollar: 1,24 | -1,4% Euro/Yen: 142,79 | 1,8% 10-Jahres-US-Anleihe: 2,38% | 0,07 Umlaufrendite Dt: 0,69% | -0,03 Feinunze Gold: $1.146 | -2,6% Fass Brent Öl: $83,60 | -1,9% Kupfer: 6.654 | -1,8% Baltic Dry Shipping: 1.436 | 0,8% Gold, Öl und Kupfer befinden sich weiter auf Talfahrt. Präsident Putin vermutet schon einen Komplott gegen Russland, um das rohstoffreiche Land weiter unter Druck zu setzen. Insbesondere der Ölpreis ist seit Jahresbeginn um inzwischen 25% eingebrochen. Einen guten Teil des Ölpreisverfalls konnte ich dem neuen Förderboom in den USA zuschreiben. Doch so langsam erreicht das Texasöl (WTI) ein Preisniveau (77 USD/Fass), bei dem sich die Hochtechnologieförderungen nicht mehr lohnen. Meinen Informationen zufolge liegen die Förderkosten je nach Einsatzort zwischen 70 und 80 USD/Fass. Ein weiterer Ölpreissturz wäre also eine kurzfristige Übertreibung. Derweil honorieren die Aktienbörsen die niedrigen Rohstoffpreise, denn sie wirken ja wie eine Steuererleichterung. Die Einsatzkosten für das produzierende Gewerbe sind niedriger, und der Kostenvorteil kann an die Kunden weitergegeben werden. Gleichzeitig nimmt der sinkende Benzinpreis den Druck von den Bürgern, mit der Bahn oder mit Fahrgemeinschaften zur Arbeit zu fahren. Es wird nicht lange dauern, und der Angebotsüberschuss wird auf eine steigende Nachfrage treffen, was zu einem neuen Preisgleichgewicht führen wird. Umweltverbände schlagen schon Alarm: Der niedrige Ölpreis führt somit erneut zu mehr Verbrauch, die CO2-Ziele sind somit in Frage gestellt. Die Aktienhausse läuft weiter in ihrer vierten Woche in Folge. Der DAX konnte um 2,9% zulegen, und kaum jemand erinnert sich noch an die Gründe, die vor vier Wochen für den heftigen Ausverkauf sorgten. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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