Alt 27.09.17, 20:47
Standard „Das Bundestags-Monster“
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Rekorde und neue Konstellationen.

Deutschland hat gewählt: CDU/CSU und SPD müssen gegenüber 2013 herbe Verluste hinnehmen, Linke und Grüne können ihr Niveau halten, die FDP feiert ein rauschendes Comeback und die AfD stürmt zum Missfallen aller Parteien in den Bundestag. Und jetzt?

SPD zieht sich zurück

Nach der frühen Ankündigung der SPD, in die Opposition zu gehen, verbleibt die Jamaika-Koalition per heute als einzig sinnvolles Mehrheitsbündnis. Viel Arbeit für Angela Merkel, um alles unter einen Hut zu bringen. FDP und Grüne werden in der frühen Phase der Legislaturperiode auf die Interessen ihrer Wählerschaft pochen und keinen angepassten Merkel-Kurs fahren wollen. Selbst der Schulterschluss mit der Schwesterpartei CSU ist für die CDU eine große Aufgabe. Komplizierte Koalitionsverhandlungen voraus! So manche Überraschung scheint vorprogrammiert.

2017 = 2009 + AfD

„Die etablierten Parteien verlieren und werden von der AfD verdrängt!“ Auch wenn diese Interpretation der Ergebnisse mit Blick auf die Vergabe der Zweitstimmen richtig ist, so ist die Situation im Bundestag doch um einiges komplexer - und auch kurioser.

Rechnen Sie mal nach: Im Vergleich zu 2013 mussten Union (minus 65 Mandate) und SPD (minus 40) zwar zahlreiche Sitze abgeben, doch im Vergleich mit 2009 haben sowohl die Union als auch die SPD sogar Sitze hinzugewonnen! Hätten Sie das gedacht?

Verantwortlich für diese kuriose Entwicklung ist zum einen die Tatsache, dass die Verhältnisse im Bundestag 2013 - für die gewählten Parteien - extrem vorteilhaft waren. FDP (4,8 Prozent) und AfD (4,7 Prozent) scheiterten knapp an der 5-Prozent-Hürde, insgesamt gingen 15,9 Prozent der Zweitstimmen „verloren“! Die etablierten Parteien konnten sich nach Herzenslust im Bundestag ausbreiten. In 2017 schafften jedoch sechs statt vier Parteien die Hürde. Der Raum wurde wieder „enger“ und das neue Bild ähnelt eher 2009 als 2013.

Es gilt also: Herbe Verluste in 2017 für die etablierten Parteien - ja. Allerdings sind diese ins Verhältnis zu setzen mit den extremen Zugewinnen bei der vorangegangenen Wahl. Per Saldo hat sich in den letzten acht Jahren für die etablierten Parteien praktisch nichts an der „Mann- und Fraustärke“ im Bundestag geändert.

Das Bundestags-Monster

Aber irgendjemanden muss die AfD doch verdrängt haben? Die Antwort lautet: Nein. Sie hat sich im Vergleich zu 2009 einfach dazugesellt. Die 2017 erstmals angewendete Änderung im Bundeswahlgesetz macht es möglich: Durch die neuen Regeln zur Schaffung von Überhang- und Ausgleichsmandaten vereint der Bundestag in 2017 nunmehr 709 Sitze, in 2013 waren es lediglich 631 Sitze. Teurer wird es für den Steuerzahler auf jeden Fall. Inklusive Diäten, Kostenpauschalen und großzügigem Budget für Mitarbeiter bindet ein Bundestagsabgeordneter mehr als 400.000 € an Staatsgeldern pro Jahr - einfach nachzurechnen mit dem gläsernen Diätenplan. Wenn Sie schwindelfrei sind, dann rechnen Sie das für 709 Abgeordnete für die gesamte Legislaturperiode einmal hoch! Beim Ausgeben des Geldes anderer Leute sind sich Politiker immer schnell einig.

Fazit

Aus Anlegersicht bleibt ein geringes legislatives Risiko bestehen. Das ist positiv für die Aktienmärkte! Die Unsicherheit bezüglich der politischen Lage in Europa hat sich wieder ein Stückchen mehr verflüchtigt, auch wenn das Wahlergebnis in Deutschland bisher eine zähe Hängepartie verspricht. Der europafreundliche Kurs und die weltoffene Wirtschaftspolitik bleiben dabei bestehen - ganz egal, welche Ergebnisse die schwierigen Koalitionsverhandlungen am Ende liefern.

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Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Thomas Grüner die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
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