Alt 01.09.16, 01:16
Standard Die Wirtschaftserholung im Euroraum gerät ins Stocken
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Es gibt neue Anzeichen, dass die Erholung der Wirtschaft in der Eurozone immer mehr ins Stocken gerät. So hat Eurostat, das statistische Amt der Europäischen Union, heute gemeldet, dass die saisonbereinigte Arbeitslosenquote des Euroraums im Juli 2016 bei 10,1 Prozent und damit unverändert gegenüber dem Vormonat lag. Das ist zwar nach wie vor die niedrigste Quote, die seit Juli 2011 im Euroraum verzeichnet wurde, doch ein Blick auf die folgende Grafik (siehe blaue Kurve) zeigt, dass die Erholung am Arbeitsmarkt stagniert und schon seit April auf dem aktuellen Niveau verharrt (roter Kreis).


(Quelle Eurostat) Entwicklung der Arbeitslosenquoten im Euroraum (blau) und in der EU (rot)

Vor diesem Hintergrund verwundert es auch kaum, dass die Inflation ebenfalls nicht weiter steigt. Wie aus einer ebenfalls heute veröffentlichen ersten Schätzung von Eurostat hervorgeht, wird die jährliche Inflation des Euroraums im August mit +0,2 Prozent unverändert gegenüber Juli und damit weit entfernt von der 2 Prozent-Zielrate der Europäischen Zentralbank (EZB) bleiben.

Liquidität der EZB findet nur begrenzt Abnehmer

Trotz aller Bemühungen und einer ultralockeren Geldpolitik scheint es der Notenbank bisher nicht zu gelingen, Schwung in die Wirtschaftsaktivitäten zu bringen. Ihr dürfte es auch ein Dorn im Auge sein, dass selbst die Expansionsrate der Geldmenge M3 für den Euroraum mit dem Rückgang der Jahresrate auf 4,8 Prozent im Juli (Juni 2016: 5,0 %) enttäuschte.

Offenbar kann niemand etwas mit der massenhaften Liquidität anfangen, welche die EZB anbietet. Wohl, weil die Zinsen niedrig sind und sich daher Anlegen nicht lohnt und das Wachstum niedrig ist und sich daher Neu-Investitionen nicht lohnen. Deswegen wird das Geldangebot nur begrenzt angenommen.

Zugpferd schwächelt

Und an diesen Entwicklungen dürfte sich auf absehbare Zeit auch nichts ändern. Denn die bisherigen Zuwächse bei Produktion und Beschäftigung waren zu einem Großteil auf die boomende deutsche Industrie zurückzuführen, die aber inzwischen auch mehr und mehr zu schwächeln scheint.

Stimmung trübt sich überraschend ein

Hier sind wohl auch die Gründe dafür zu finden, dass sich die Stimmung der deutschen Manager im August überraschend weiter eingetrübt hat. Das entsprechende Barometer für das Geschäftsklima fiel sogar recht deutlich, von 108,3 Zählern im Vormonat auf nun 106,2 Punkte, wie das Münchner ifo-Institut bereits am vergangenen Donnerstag zu seiner Umfrage unter 7000 Führungskräften mitteilte.



Deutsche Wirtschaft und DAX im Sommerloch

Das Geschäftsklima fiel damit wieder unter den Stand von Februar 2016 zurück. Und man muss schon bis zur Staatsschuldenkrise im Frühjahr 2012 zurückblicken, um einen Rückgang des ifo-Index von mehr als zwei Punkten zu finden. Die befragten Unternehmen schätzen sowohl ihre derzeitige Lage als auch ihre Aussichten für die kommenden sechs Monate schlechter ein als im Juli (siehe Grafik). Fällt also der DAX zusammen mit der deutschen Konjunktur in ein Sommerloch?

Hinweise auf ein nachlassendes Wirtschaftswachstum mehren sich

Vorerst ist nur die Stimmung im Sommerloch. Allerdings gab das Geschäftsklima in nahezu allen Branchen nach. Und vor allem der Auftragseingang war rückläufig. Das deutet auf eine nachlassende Produktion in Zukunft hin. Zudem war dies schon der zweite Rückgang des ifo-Index. Ein weiterer Rückgang im September und damit der dritte in Folge wäre bei diesem Frühindikator sogar ein Hinweis auf eine drohende Rezession.

Ein weiterer Grund für die eingetrübten Erwartungen wird wohl auch das Brexit-Votum sein. Wegen der damit verbundenen Unsicherheit dürfte die Zurückhaltung der Unternehmen weiter anhalten. Damit sieht es für die deutsche Wirtschaft im zweiten Halbjahr oder zumindest im dritten Quartal nicht gut aus. Die Summe der vorliegenden Daten deutet klar auf ein geringeres Wirtschaftswachstum als im ersten Halbjahr 2016 hin (siehe auch „Deutsche Wirtschaft im Abwärtstrend - der DAX auch?“).

Wachstumsprognosen und DAX-Niveau noch haltbar?

Die Weltbank erwartet bislang für dieses und auch das nächste Jahr ein Wachstum von 1,6 Prozent für die Europäische Union (EU). Ich bin gespannt, wann diese Prognose nach unten revidiert wird. Man kann sich unter diesen Voraussetzungen sicher fragen, warum sich der DAX auf seinem erreichten Niveau halten kann. Doch wie schon mehrfach betont, laufen Aktienkurse der Wirtschaft stets um einige Monate voraus.

Demnach müssten sich die Wirtschaftsdaten allerdings bald bessern. Sonst könnte es sein, dass der DAX mit seiner jüngsten Aufwärtsbewegung einfach nur übertrieben hat und der Kurs wieder in den Abwärtstrend zurückfällt, der im April 2015 begonnen hat (rote Linien).



Sie sehen also, wie wichtig es ist, dass dem DAX der aktuelle Ausbruch nachhaltig gelingt. Denn er wäre ein Signal dafür, dass die momentane Wachstumsschwäche nur temporär wäre. Achten Sie also derzeit genau auf die gestern genannten Chartmarken.


Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus
www.stockstreet.de
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