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Nach der turbulenten Vorwoche mit den Auswirkungen der Katastrophe in Japan, rückten nun wieder fundamentale Daten in den Vordergrund. Der Konsens in Bezug auf die Ausgestaltung des neuen europäischen Rettungsschirms (ESM) und fast schon gravierend schlechte US-Wirtschaftsdaten aus dem Immobiliensektor gewannen die Oberhand und ließen die von Unsicherheit und Angst getriebenen Faktoren Libyen und Japan etwas in den Hintergrund rücken.
Gleich zu Beginn der Woche gerieten Staatsanleihen teilweise unter erhebliche Abgabedruck. Allein der Bund-Future verlor bis zum Abend 46 Basispunkte und verabschiedete sich bei einem Schlusskurs von 122,17 Zählern. Die anhaltende Erholung an den Aktienmärkten und ein gewisser Gewöhnungseffekt hinsichtlich der Situation in Japan und Libyen katalysierten diese Entwicklung. Spekulationen, wonach die EZB die erwartete Zinserhöhung für Anfang April aufgrund der Japan-Krise verschieben könnte, wurden am Montag eher widerlegt. Notenbank-Chef Jean-Claude Trichet stellte bei einer Rede vor dem EU-Parlament nochmals unmissverständlich klar, dass er seinen Ausführungen von Anfang März „nichts hinzuzufügen“ habe. Der europäische Zentralbanker konstatierte damals, dass die steigende Inflation mit „größter Wachsamkeit“ beobachtet werde und bezeichnete eine Anhebung des Leitzinses im April als durchaus „möglich“. Trichet folgt mit dieser Einschätzung einem Großteil seiner nationalen Amtskollegen, wonach eine steigende Inflationsrate unbedingt vermieden werden müsse, so dass diese „mittelfristig nicht zu einem generellen Teuerungstrend führt“, wie der Luxemburger Yves Mersch konstatiert. Außerdem einigten sich die EU-Finanzminister auf die Eckdaten des neuen Europäischen Stabilitäts-Mechanismus, welcher ab 2013 den jetzigen EFSF ablösen soll (Details zum ESM: bonds-weekly-Spezial). Auch am Dienstag hatte das deutsche Anleihenbarometer mit leichten Kursabschlägen zu kämpfen und verlor bis zum Handelsschluss rund 15 Basispunkte. Dennoch weiteten sich die Spreads gegenüber Anleihen der Europeripherie sehr deutlich aus. Am schlimmsten erwischte es kurz laufende Schuldverschreibungen von Portugal, Irland und Griechenland, die teilweise Spread-Ausweitungen im zweistelligen Bereich hinnehmen mussten. Auf Wirtschaftsdatenseite fielen die erneut nachgebenden Hauspreise in den USA negativ auf. Was sich am Dienstag bereits andeutete, verschärft sich zur Wochenmitte weiter: Der US-Immobilienmarkt kommt einfach nicht auf die Beine. Im Gegenteil, die Lage verschlimmert sich zusehends. Für den Monat Februar weist die Statistik für die Eigenheimverkäufe in den Vereinigten Staaten den niedrigsten Wert seit Beginn der Statistik vor 50 Jahren aus. Experten sprechen bereits vom absoluten Tiefpunkt der amerikanischen Immobilienkrise. Die veröffentlichen Zahlen zum US-Immobilienmarkt sprechen für sich: Die Hausverkäufe fielen um satte 16,9 Prozent auf 250.000 Einheiten. Die Immobilienpreise rutschten aufgrund des bestehenden Überangebots um beachtliche 14 Prozent ab. Doch nicht nur in Übersee verschlechtert sich die Lage wieder: „Die Opposition hat nicht nur das Sparpaket, sondern das ganze Land blockiert“, erklärt José Sócrates die Gründe für seinen Rücktritt als Regierungschef Portugals. Kurz vor Beginn des EU-Gipfels in Brüssel steht der strauchelnde Krisenstaat vor einer handfesten Regierungskrise und ist de facto vorerst handlungsunfähig. Sócrates zog am Mittwochabend die Konsequenz aus der gescheiterten Verabschiedung des jüngsten Sparpakets durch die Opposition. Viele Analysten, die ohnehin davon ausgegangen waren, dass Portugal schon bald unter den Rettungsschirm schlüpfen würde, sehen sich nun nochmals bestärkt. Die Renditen portugiesischer Anleihen schossen unmittelbar nach Bekanntgabe in die Höhe. Bondsweekly-Spezial: Der neue Rettungsfonds ESM Die Kapitalstruktur des ESM: Der ESM wird mit einer Kapitalbasis von insgesamt rund 700 Milliarden Euro ausgestattet. Neben den Garantieleistungen (für die gesamte Summe), werden die Euro-Staaten in den nächsten Jahren insgesamt 80 Milliarden Euro als Grundkapital einzahlen. Beides war notwendig, um die Rating-Agenturen zu beruhigen, vor allem um auch zukünftig ein „AAA-Rating“ zu erhalten. Von dem 700 Milliarden Euro großen Fonds, sollen maximal 500 Milliarden Euro als Sofort-Nothilfe zur Verfügung stehen. Wer zahlt und wie viel? Grundsätzlich beteiligen sich alle 17 Mitglieder der Eurozone. Wer wie viel in den Fonds einzahlt, wird nach einem speziellen Schlüssel ermittelt, welcher weitestgehend mit dem Kapitalschlüssel der EZB übereinstimmt. De facto bedeutet das für Deutschland, dass Berlin 27,15 Prozent der Bareinzahlungen sowie der abrufbaren Garantien trägt. In der Summe werden demnach knapp 22 Milliarden Euro an Bareinzahlungen fällig und letztlich wird die Bundesregierung mit Garantien in Höhe von fast 170 Milliarden Euro einstehen. Wer beteiligt sich außerdem? Der IWF wird zu seinem Wort stehen und die gesamte im Raum stehende Kreditsumme nochmals um die Hälfte erhöhen. Nach aktuellem Stand würden also nochmals 250 Milliarden Euro vom Internationalen Währungsfonds hinzu kommen. An wen wird das Geld vergeben? Wie beim EFSF auch, wird das Geld an notleidende Staaten ausgeschüttet. Allerdings nur in dem konkreten Fall, dass die „Finanzstabilität des Euro-Raums als Ganzes“ auf dem Spiel steht. Der Beschluss für Hilfszahlungen muss einstimmig gefällt werden, das heißt die Nationalstaaten erhalten ein uneingeschränktes Veto-Recht für die Verteilung der Hilfsgelder. Außerdem sind die Hilfszahlungen mit rigiden wirtschafts- und finanzpolitischen Auflagen verknüpft. Geld fließt außerdem nur, wenn sich der entsprechende Staat einer strikten Haushaltskonsolidierung nach Vorstellung des ESM und seiner Mitglieder unterordnet. Wie ist der ESM organisiert? Das Vorbild für den neuen Rettungsschirm ist die Struktur des IWF. Den Vorsitz führt der sogenannte Gouverneursrat, der sich aus den 17 Finanzministern des Euroraums zusammensetzt. Jedes Mitglied ist stimmberechtigt, jedoch werden die Stimmen nach dem Kapitalschlüssel gewichtet. Als größter Nettozahler hätte Deutschlands Stimme somit das größte Gewicht. Relativiert wird diese Tatsache jedoch dadurch, dass über die entscheidenden Beschlüsse wie Vergabe, Höhe und Bedingungen etwaiger Hilfszahlungen einstimmig entschieden wird und somit eine unterschiedliche Stimmgewichtung ihren Nimbus verliert. Anlegertrends: Autobauer zeigen sich erholt Nachdem in der Vorwoche vor allem Autowerte, allen voran Toyota, doch sehr in Mitleidenschaft gezogen wurden, kehrt im Rentenhandel wieder etwas Normalität zurück. Die teilweise doch sehr starken Kursverluste konnten zumindest zum Teil wieder etwas egalisiert werden und einige Anleger kehren bereits wieder zurück. Die in den Medien kursierenden Gerüchte, wonach einige Autobauer aufgrund von Lieferengpässen bereits wieder über Kurzarbeit nachdächten, hatten bislang keinen Einfluss auf Automobilanleihen. Toyota (WKN: A0T6BR) Am kommenden Montag startet bereits der nächste Bondm-Kandidat in die Zeichnungsphase. Die Payom Solar AG ist ein herstellerunabhängiger Systemanbieter von Solar-Anlagen. Das Unternehmen plant, erstellt und vertreibt Photovoltaik-Anlagen sowohl im Indach- als auch im Aufdachsegment von der Hausanlage bis zur industriellen Großanlage und übergibt diese schlüsselfertig an institutionelle oder private Investoren und Betreiber. Börse Stuttgart TV – aktuell: Solarwerte erleben in diesen Tagen eine wahre Renaissance: Aktien-Gewinne, teilweise im zweistelligen Bereich, waren in der vergangenen Woche bei Solarwerten keine Seltenheit. In diesem Umfeld will nun die Payom Solar eine neue Anleihe im Bondm-Segment der Börse Stuttgart begeben. Wofür das Geld verwendet werden soll und wo künftige Wachstumsmärkte generiert werden sollen, erläutert Daniel Grosch, Vorstandsvorsitzender der Payom Solar AG bei Börse Stuttgart TV. Interview hier abrufbar: https://www.boerse-stuttgart.de/de/...v.html?vid=5299 Neuemissionen Bei den Neuemissionen behielten in dieser Woche Staatsanleihen knapp die Oberhand: Am Freitag emittierte die Europäische Union eine Anleihe mit Fälligkeit zum 4. April 2018 (WKN: A1GN00). Der Kupon der Schuldverschreibung liegt bei festen 3,25 Prozent. Die Mindeststückelung beträgt 1.000 Euro nominal. Ebenfalls seit Freitag wird in Stuttgart eine fünfjährige Anleihe von Dänemark zu einer Mindeststückelung von 50.000 Euro nominal gehandelt (WKN: A1GNRA). Der feste Kupon ist auf 2,75 Prozent fixiert. Den Abschluss dieser Reihe bildet Belgien mit einer sechsjährigen Anleihe zu einem festen Kupon von 3,5 Prozent (WKN: A1GN5N). Die Mindeststückelung beträgt einmal mehr 1.000 Euro nominal. Auf Seite der Unternehmensanleihen wird seit Montag eine Schuldverschreibung der Commerzbank AG zu einer Mindeststückelung von 1.000 Euro nominal in Stuttgart gehandelt (WKN: CB83CE). Bei einem festen Kupon von 6,375 Prozent wird die Anleihe zum 22. März 2019 fällig. Letztlich emittierte die Südzucker International Finance eine Schuldverschreibung, welche zum 29. März 2018 fällig wird (WKN: A1GNRQ). Die Mindeststückelung liegt erneut bei 1.000 Euro nominal. Der feste Kupon beträgt 4,125 Prozent. Quelle: boerse-stuttgart AG | ||
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