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Wie kann der DAX steigen, wenn der Deutsche Bundestag unsere Steuergelder nach Griechenland schickt? Lassen wir einmal die sozialen Betrachtungen beiseite und schauen durch die Brille eines puren Kapitalisten: Diese Steuergelder werden hier in Deutschland fehlen, werden in erster Linie unsere ärmeren Schichten und Arbeitslosen belasten und werden sich damit mittelbar auch negativ auf das Konsumverhalten in Deutschland auswirken.
Doch der DAX wird nicht von den ärmeren Schichten Deutschlands gekauft, sondern von internationalen institutionellen Investoren. Der Euro notierte heute früh wieder über 1,30 USD/EUR, was ein klares Indiz dafür ist, dass ausländisches Kapital in den Euroraum fließt. Europa steht zusammen und wird Griechenland nicht hängen lassen, dieses Signal wird heute in die Welt ausgesandt. Und da Deutschland insbesondere exportorientierte Unternehmen hat, kümmert es die internationalen Investoren eh kaum, wenn der lokale Konsum ein wenig in Mitleidenschaft gezogen wird. Vielleicht bleiben die Auswirkungen tatsächlich gering. Der ohnehin sparsame Deutsche hat meist so viel auf der hohen Kante, dass er sich alle seine Bedürfnisse und zusätzlich sehr viele seiner Wünsche erfüllen kann. Und wenn nicht, dann wird halt noch ein wenig härter gearbeitet. Schwieriger fällt es mir da, die gute Performance des Dow Jones zu erklären, wo doch das Fiscal Cliff droht. Wenn sich Republikaner und Demokraten in den USA nicht auf einen Kompromiss einigen, werden die von Bush eingeführten Steuererleichterungen wegfallen. Unternehmen lassen schon verlauten, dass sie aus Vorsicht vor dem Fiscal Cliff derzeit nicht einstellen. In den US-Medien gibt es bereits einen Countdown zum Silvestertag, dem Tag, an dem die US-Wirtschaft über die Klippen stürzen wird. Politiker jeder Couleur beharren auf ihren ideologisch begründeten, gegensätzlichen Positionen und betonen nach jedem Gespräch mit der anderen Partei, dass man sich kein bisschen näher gekommen sei. Und der Dow Jones ... steigt. Entweder in den USA zählt man darauf, dass die Politik schon noch rechtzeitig einen Kompromiss finden werde, oder aber man verniedlicht das Problem der plötzlich anfallenden Steuerlast, die auch für Unternehmen in einigen Bereichen erheblich ansteigen wird. Verniedlichen in dem Sinne, dass die gerade zaghaft zu wachsen beginnende US-Wirtschaft auch eine Steuererhöhung verkraften werde. Nun finden Sie mal einen politisch Unabhängigen, der den Steuereffekt verlässlich ausrechnen kann. Gibt es nicht. Sie finden aber jede Menge Ideologen, die das exzessive Schuldenmachen der USA an den Pranger stellen und freimütig zugeben, dass ein Sinneswandel natürlich zunächst einmal schmerzhaft sein werde - wie die Entziehungskur eines Alkoholikers. Aber letztlich werde die Wirtschaft danach gesünder aufgestellt sein als mit der fortwährenden Schuldenmacherei. Und mit diesem Argument gibt es Hardliner auf beiden Seiten des Flures. So habe ich in dieser Woche beim Dow Jones eine bemerkenswerte Entwicklung gesehen: Am Mittwoch öffnete der Dow Jones mit über 100 Punkten im Minus und schloss am Abend mit über 100 Punkten im Plus. Das ist ungewöhnlich, weil normalerweise die Stimmung morgens aus Asien oder Europa vorgegeben wird und im Tagesverlauf nur geringfügig schwankt. Am Mittwoch jedoch startete der Dow Jones mit der Gewißheit, dass es zum Jahreswechsel zur steuerlichen Katastrophe kommen werde und endete mit der Gewißheit, dass es schon irgendeine Lösung geben werde. Nach einer Reihe von Tagen mit pessimistischen Vorzeichen gilt ein solcher Tag bei mir als möglicher Umkehrtag. Ander als wenn nach einer Reihe von pessimistischen Tagen der Dow Jones mit Optimismus startet und im Tagesverlauf aufkommende Zweifel für eine Umkehr sorgen. Nein, wenn morgens alles aussichtslos aussieht, und dann im Tagesverlauf, begonnen mit Shorteindeckungen und gefolgt von Spekulanten, der Index nach oben getrieben wird, ohne dass am Ende erneut Bären mit weiteren Leerverkäufen die Rallye abschwächen, dann könnten die fürchterlichsten Prognosen des Fiscal Cliffs im aktuellen Kursniveau berücksichtigt sein. Schauen wir einmal, wie sich die wichtigsten Indizes im Wochenvergleich entwickelt haben: WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (29.11.2012) | Woche Δ Dow Jones: 13.022 | 1,4% DAX: 7.401 | 2,2% Nikkei: 9.446 | 0,8% Euro/US-Dollar: 1,30 | 1,0% Euro/Yen: 107,44 | 1,2% 10-Jahres-US-Anleihe: 1,62% | -0,07 Umlaufrendite Dt: 1,15% | 0,06 Feinunze Gold: $1.726 | -0,4% Fass Brent Öl: 110,43 | 0,0% Kupfer: 7.909 | 2,6% Baltic Dry Shipping: 1.097 | 1,2% Die Finanzmärkte sprechen eine klare Sprache: Ein Scheitern der Hilfsaktion Griechenlands würde Deutschland, nach Griechenland, am härtesten treffen. Andernfalls würde der DAX nicht die größten Zugewinne verzeichnen, nachdem die Hilfen für die Griechen nun beschlossen wurden. Verrückt finde ich nur den sehr bullischen Ton unter deutschen Anlegern. Entweder sie verstehen besser als alle anderen, dass die Exportorientierung Deutschlands schon ausreichend profitieren werde, um die Steuergelder wieder zurückzuholen. Oder sie verniedlichen das Steuergeschenk wie die Amerikaner den Wegfall der Steuererleichterungen verniedlichen. Schauen wir uns einmal die Sentimentdaten an: SENTIMENTDATEN Analysten Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen): Kaufen / Verkaufen 09.11.- 16.11. (271): 43% / 14% 16.11.- 23.11. (222): 52% / 15% 23.11.- 30.11. (156): 57% / 11% Kaufempfehlungen der Analysten Linde, Eni S.P.A., ThyssenKrupp Verkaufsempfehlungen der Analysten Banco Populare Espanol, Vodafone, Dt. Bank Privatanleger 46. KW: 60% Bullen (154 Stimmen) 47. KW: 65% Bullen (193 Stimmen) 48. KW: 65% Bullen (184 Stimmen) Kaufempfehlungen der Privatanleger Apple, K+S, E.On Verkaufsempfehlungen der Privatanleger Allstate Corp., Virbac S.A. Analysten, also die Profis, haben einen klaren Schwenk zum Optimismus gemacht. Die drohende Ungewißheit aus der Griechenlandtragödie wurde durch Gewißheit ersetzt, Zahlen konnten eingefügt werden, und das Resultat scheint den Analysten zu gefallen. Industrieaktien wie Linde, Eni und ThyssenKrupp werden empfohlen. Es sind die Profiteure einer europäischen Einigung. Unternehmen, die auf europäischer Ebene aktiv sind und von einer Stabilität Europas profitieren. Doch auch die Privatanleger bleiben mit 65% Bullen extrem optimistisch und suchen ihr Heil in den heruntergeprügelten Aktien wie Apple, K+S und E.On. Es scheint, dass Privatanleger darauf setzen, dass diese Kursverluste zu Unrecht erfolgten oder übertrieben sind. Eine Meinung, der ich mich mit Ausnahme von E.On anschließe. TOP ANALYSTENZIELE Sie wollen wissen, was die Analysten im Einzelnen für Aussagen treffen und wo sie die größten Chancen sehen? Ich habe für Sie ab sofort jede Woche eine Übersicht der Analysen mit den höchsten Kurszielen ausgearbeitet. Die Liste zeigt ganz einfach an, wo das aktuelle Kursziel des Analysten prozentual am meisten über dem aktuellen Kurs liegt: Unternehmen | Analyse v. | Kurs | Kursziel | Upside ADIDAS | 29.11 | 46,80 € | 77,00 € | 64,53% RIB Software | 30.11 | 4,45 € | 7,00 € | 57,30% SAF Holland | 30.11 | 5,32 € | 8,00 € | 50,38% Celesio | 28.11 | 13,16 € | 19,00 € | 44,38% K+S AG | 26.11 | 34,76 € | 50,00 € | 43,84% MLP AG | 29.11 | 5,50 € | 7,80 € | 41,82% Tom Tailor | 30.11 | 16,08 € | 22,00 € | 36,82% Kontron | 29.11 | 3,66 € | 5,00 € | 36,61% ThyssenKrupp | 26.11 | 15,70 € | 21,00 € | 33,76% BMW | 28.11 | 68,40 € | 90,00 € | 31,58% Es handelt sich um Analysen aus dieser Woche. Bitte genießen Sie diese Übersicht mit Vorsicht. Sie wissen ja, dass häufig auch ein Eigeninteresse des Analysten für eine rosa Brille sorgen kann, weshalb Analysteneinschätzungen tendenziell optimistischer ausfallen als es die Realität anschließend erlauben würde. Aber die Übersicht gibt einen Eindruck darüber, wo die Erwartungen mit dem aktuellen Kurs am weitesten auseinander liegen. Wer letztlich Recht haben wird, der Analyst oder die Anleger, die den Kurs machen, ist in jedem Einzelfall individuell zu beurteilen. Hui, diese Tabelle liefert ein buntes Bild. Gleich vier Unternehmen aus der Automobilindustrie, BMW, ThyssenKrupp, Kontron und SAF Holland, könnten die Folge der zahlreichen Hochstufungen dieser Woche sein, die wir seitens Analysten gesehen haben. Insbesondere Volkswagen, aber auch BMW wird eine rosige Zukunft vorausgesagt, die Zulieferer werden ebenfalls profitieren. Adidas und Tom Tailor sind stark von den Rohstoffpreisen (Baumwolle, Öl) abhängig, und hier hat sich der Preisdruck in den vergangenen Monaten abgeschwächt. Die Produktionskosten sinken, die Gewinnmarge steigt und so auch der Gewinn, was zu positiven Analystenkommentaren führt. Wie spielt eigentlich China in diese Situation herein? Und könnte es vielleicht mit dem Monatsende zusammenhängen, dass die Kurse so willenlos ansteigen? | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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