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Wir befinden uns mitten in der Berichtssaison und ein Quartalsergebnis ist besser als das andere. "Eigentlich" sollte der DAX gen Norden stürmen, doch Anleger sind verunsichert. Wie ernst sind die Kartellvorwürfe gegen die Automobilbranche? Und wie weit wird der Euro noch steigen?
DIESELKARTELL Die fünf großen deutschen Autobauer haben sich regelmäßig zusammengesetzt, um die technische Ausgestaltung an Motoren zu vereinheitlichen. Es ist kein Kartellvergehen, wenn man sich auf technische Standards einigt. Und größtenteils saßen Ingenieure am Tisch der vermeintlich geheimen Treffen. Vermeintlich geheim, also nicht wirklich geheim, denn diese Treffen wurden 1996 von der Kartellbehörde genehmigt und vom Staat mit jährlich 7,5 Mio. Euro gefördert. Ein Kartellvergehen gibt es genau dann, wenn sich die Teilnehmer über Preise abgesprochen haben, oder aber auch Mengen vereinbart haben, die sodann Auswirkung auf die Preisbildung haben. Wenn es also Absprachen gab, die dazu führten, dass der Kunde am Ende mehr für ein Auto bezahlen musste, als dies im freien Wettbewerb der Fall gewesen wäre. So richtig viele Informationen über die Hintergründe dieses Kartellverfahrens gibt es noch nicht. Ich habe noch nicht gelesen, dass den Teilnehmern Preisabsprachen vorgeworfen wurden. Auch über Mengenabsprachen habe ich nicht gelesen. Es gibt lediglich Zulieferer, die berichten, man habe sich darüber gewundert, dass bei bestimmten Entwicklungsprojekten für verschiedene Autohersteller bei angestrebten Lösungen exakt die gleichen technischen Vorgaben gegeben wurden. Das wäre meinem bisherigen Verständnis nach eine technische Absprache unter Ingenieuren, die keinen Kartellverstoß begründen würde. Wenn diese technischen Vorgaben natürlich andere, gegebenenfalls kostengünstigere Lösungen ausschließen, dann könnte man indirekt einen Preiseinfluss daraus ableiten. Ob dies der Fall war, wird vermutlich erst in einigen Monaten, in jedem Fall aber nach der Bundestagswahl, entschieden. Egal wie die Entscheidung aussehen wird - die ganze Geschichte ist ein weiterer Sargnagel für den Dieselmotor. Dazu passt die Aussage von Zulieferer Conitnental im Rahmen der gestern veröffentlichten Q-Zahlen. Das Unternehmen gehe davon aus, dass die deutsche Automobilindustrie noch genau eine weitere Verbrennungsmotorengeneration entwickeln wird. Das dauert bis 2023. Danach wäre eine Weiterentwicklung aller Voraussicht nach nicht mehr wirtschaftlich. Womit wir wieder bei der Diskussion sind, ob der Elektromotor den Verbrennungsmotor wird ablösen können. Tesla hat diese Woche Q-Zahlen vorgelegt, Analysten haben sich jedoch lediglich um die Zukunftsvisionen des Gründers und CEO Elon Musk gekümmert. Und diese Visionen klingen so schön, dass die Aktie von Tesla immer weiter steigt. Aufgrund meiner Wunschanalyse zu Tesla vor einer Woche haben mich einige Einwände erreicht, die einen Umstieg auf die Elektromobilität in großem Rahmen und in kurzer Zeit widerlegen. Wir haben weder die Kapazität, den notwendigen Strom zu produzieren, noch die Infrastruktur, den Strom zu verteilen oder auch zwischenzuspeichern. Doch genau das ist es, was Elon Musk zu einer so schillernden Führungsperson macht: Die Aufgabe ist groß, schier unmöglich zu lösen, wenn man sich die Entwicklungen der vergangenen 10 Jahre anschaut und dieses Innovationstempo linear in die Zukunft fortschreibt. Musk baut aber darauf, dass er eine Revolution lostreten kann, die unser Stadtbild und unsere Infrastruktur von Grund auf umkrempelt. Ist das realistisch? Kann man sein Geld in diese Entwicklung investieren? Nein. Investieren nicht. Aber man kann mit ein wenig Spielgeld darauf spekulieren, dass die Musk-Elektrobewegung erst am Anfang ist und noch eine Weile brauchen wird, bis Ernüchterung eintritt. Mit unseren Diesel- und Kartellskandalen tun wir hier in Deutschland jedenfalls alles dafür, um Musk zu unterstützen. Schauen wir uns mal die Entwicklung der wichtigsten Indizes im Wochenvergleich an: WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (03.08.2017) Woche Δ Σ '17 Δ Dow Jones 22.026 1,2% 11,5% DAX 12.155 -0,5% 5,9% Nikkei 20.029 -0,3% 4,8% Shanghai A 3.428 0,7% 5,5% Euro/US-Dollar 1,19 1,8% 12,9% Euro/Yen 130,83 0,8% 6,4% 10-Jahres-US-Anleihe 2,23% -0,08 -0,22 Umlaufrendite Dt 0,25% -0,03 0,26 Feinunze Gold $1.269 0,8% 10,2% Fass Brent Öl $52,20 1,4% -8,0% Kupfer 6.289 -0,6% 15,9% Baltic Dry Shipping 1.023 8,6% 10,2% Der Dow Jones klettert mit einem Wochenplus von 1,2% von Allzeithoch zu Allzeithoch, während der DAX mit -0,5% das Vertrauen der internationalen Anleger verliert. Wer möchte schon in den "Exportindex" - wie der DAX unter institutionellen Anlegern gerne genannt wird, investieren, wenn der Euro unaufhörlich weiter klettert (+1,8%). Deutsche Exporte werden schon bald unter zu hohen Preisen im internationalen Wettbewerb leiden. Weder in Europa, noch in den USA ist in den vergangenen Wochen die Wahrscheinlichkeit gestiegen, bald eine restriktivere Geldpolitik der Notenbanken zu sehen. Das Zinsniveau wird länger niedrig bleiben als im Frühjahr vermutet. Entsprechend steuern Anleger wieder verstärkt Gelder in den Anleihenmarkt, die Preise für Anleihen steigen und die Rendite sinkt (D -0,03%punkte, USA -0,08%punkte). Ich habe den Eindruck, dass inzwischen viele Anleger das aktuelle Kursniveau am Aktienmarkt als "hoch" einstufen und ein wenig in den sicheren Hafen der Anleihen umschichten. Auch das Gold legt mit +0,8% kräftig zu, jedoch nur gemessen in US-Dollar. Bei uns in Europa wird in Euro gerechnet daraus ein Minus von 1,4%. Während der Goldpreis international also steigt, verschafft uns der feste Euro-Wechselkurs eine Chance, verspätet noch zu günstigen Kursen einzusteigen. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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