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Sehr verehrte Leserinnen und Leser,
während in Deutschland und Europa viele Anleger eine Börsenpause einlegten und ihre Osterferien genossen, begann in den USA die Berichtssaison zum ersten Quartal. Und die hat es in sich. Alarmierende Kommentare zur Berichtssaison Die Kommentare der Experten klingen jedenfalls alarmierend: So erwarten die Analysten einen Umsatzrückgang von gut drei Prozent. Das ist nicht nur der erste Umsatzrückgang seit dem Beginn der Finanzkrise im Jahr 2007. Ein Umsatzrückgang auf breiter Front bei den Unternehmen war mitunter auch ein Zeichen für eine heraufziehende Rezession in den USA. Dabei fällt insbesondere der Vergleich zum zweiten Quartal 2001 ins Auge (siehe folgende Grafik). Damals wollten die meisten Anleger bestenfalls eine kurze Verschnaufpause nach der vorangegangenen starken Rally erkennen. Dennoch war die Rezession längst da und der vorangegangenen Übertreibung folgte bekanntlich ein kräftiger Abschwung der Aktienkurse. Quellen: Standard & Poors, MarketMaker (Werte für Q1/2015 geschätzt) Ähnlich ist die Situation bei den operativen Gewinnen, bei denen sich die Daten sogar bis 1989 zurückverfolgen lassen: Quellen: Standard & Poors, MarketMaker (n/a: keine sinnvollen Werte; Werte für Q1/2015 geschätzt) Auch die Fiskalklippe ist nun keine Ausrede mehr Selbst der Vergleich mit Ende 2012 kann dabei nicht beruhigen. Damals kam es ebenfalls zwei Quartale in Folge zu einem Rückgang der operativen Gewinne, die sogar fast identisch mit dem des vierten Quartals 2014 und dem inzwischen für das erste Quartal 2015 erwarteten waren (siehe gelbe Ellipsen). Die damalige Schwäche war aber nur vorübergehend. Danach nahm die Gewinnentwicklung der Unternehmen wieder Fahrt auf. Allerdings steuerten die USA damals auf die sogenannte Fiskalklippe zu, welche die Wirtschaft spürbar lähmte. Eine solche Sondersituation haben wir derzeit nicht. Eher im Gegenteil: Die Dollarstärke sowie die Ölpreisschwäche könnten sogar noch monatelang anhalten. Beides erweist sich für die US-Unternehmen offenbar zunehmend als Belastung. Und eine weitere Zahl gibt dem Pessimismus der Experten Nahrung: So reduzierten die Analysten ihre Schätzungen für das Ergebnis des ersten Quartals seit dessen Beginn (01.01.2015) bis zum Beginn der Berichtssaison in der vorigen Woche von einem satten Plus von 11,9 % auf nunmehr -2,1 %. Drastischer Rückgang der Erwartungen – (k)ein Alarmsignal? Und in der Tat – einen Rückgang der Erwartungen in dieser Größenordnung in einem vergleichbaren Zeitraum hat es seit der Rezession während der Finanzkrise nicht mehr gegeben (siehe folgende Grafik): Quelle: Standard & Poors Die vorangegangenen größeren Korrekturen bei den Erwartungen erfolgten ebenfalls im Vorfeld der Fiskalklippe 2012 sowie 2011 nach der Eskalation der Schuldenkrise in Europa und dem Ausbruch des Schuldenstreits in den USA (der letztlich zur Fiskalklippe führte). Allerdings verdeutlicht diese Grafik auch: Dieser Rückgang der Analystenerwartungen ist den institutionellen Anlegern mittlerweise wohlbekannt. Er ist also in den Kursen längst eingepreist. Der S&P 500 ist aber dadurch nicht gefallen, sondern hat sich tendenziell eher erholt. Und die nun folgenden tatsächlichen Ergebnisse werden „nur noch“ an diesen inzwischen deutlich reduzierten Erwartungen gemessen! Ein Abwärtstrend seit 2011 Wenn es also keine weiteren negativen Überraschungen in dieser Berichtssaison gibt, dann kann diese kaum der Grund für fallende Kurse sein. Insofern ist das Beschwören einer „krisenhaften“ Quartalsberichtssaison aus Sicht der Börsianer völlig unangebracht. Und noch eins verdeutlicht diese dritte Grafik: Die Anleger leben offenbar seit geraumer Zeit (konkret seit dem zweiten Quartal 2011) sehr gut damit, dass die Analystenschätzungen Quartal für Quartal nach unten reduziert werden. (Auf diesen Umstand machen wir hier ebenfalls seit mehreren Quartalen aufmerksam.) Ein derart etablierter Trend wird von den Börsianern irgendwann als gegeben hingenommen. Ausschläge in die eine oder andere Richtung sind dann zunächst wenig bedeutsam. Natürlich öffnet sich die Schere zwischen fundamentaler Bewertung und Kursentwicklung damit weiter. Das ist einerseits eine potenzielle Belastung für die Aktienkurse. Andererseits gilt auch: Relativ beständige fundamentale Einflüsse wie die Dollarstärke und die Ölpreisschwäche können von den Unternehmen durch geeignete Maßnahmen immer wieder kompensiert werden. Und das geschieht natürlich auch. Der wichtigste Punkt der laufenden Berichtssaison Insofern wird einer der wichtigsten Punkte dieser Berichtssaison sein, wie schnell und konkret die Unternehmen auf diese Faktoren reagieren werden. Wenn das zur Zufriedenheit der Investoren erfolgt, dann kann die aktuelle Umsatz- und Gewinnschwäche der Firmen tatsächlich wieder nur eine vorübergehende sein. Und dann ist auch die Fortsetzung der Rally möglich. Immerhin sind alle charttechnischen Trends noch völlig intakt, Top-Formationen sind nicht in Sicht und selbst die laufende Konsolidierung der US-Indizes hat bullishen Charakter. Das dürfen Sie bei allen berechtigten Bedenken nicht vergessen! Sie sollten sich daher weiterhin hinter den Markt stellen, der noch lange nicht in den Bären-Modus umgeschaltet hat. Mit besten Grüßen Ihr Torsten Ewert | ||
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