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10 Tage in Folge ist der Dow Jones nunmehr angestiegen. Bislang stammt der Rekord an aufeinanderfolgenden Tagen aus dem Jahr 1996 und lag bei 9. 10 Tage ohne Verschnaufpause gibt das Bild des uneingeschränkten Bullenmarktes wider. Und dieser findet nicht in einer "heilen Welt" statt, sondern vor dem Hintergrund diverser Krisen und Probleme, wie ich bereits in der vorigen Ausgabe vor einer Woche herausgestellt habe.
1996 hatten wir jedoch eine gänzlich andere Situation an der Börse. Das Internet steckte in Kinderschuhen und war nur in den wenigsten Haushalten verfügbar. Erinnern Sie sich an die AOL-Disketten, später -CDs, mit denen Sie über AOL ins Internet konnten? Haben wir heute ein Pendant dazu? Social Internet? Die Cloud und Software as a Service (SaaS) in den Kinderschuhen der Nutzung durch mobile Endgeräte? Vielleicht. Die Pharmabranche steckte mitten in einer Goldgräber-Stimmung. Viele der Blockbuster-Medikamente auf dem heutigen Markt wurden in der damaligen Zeit zugelassen. Es war das Gegenstück zur heutigen Situation, in der die damals erworbenen Patente sukzessive auslaufen und die Pharmaunternehmen sich einem starken Wettbewerb durch generisch erzeugte Nachahmerprodukte gegenübersehen. Die Gewinne schrumpfen... ...und neue Medikamente werden heute weniger durch die klassische Pharma-Forschung entwickelt als vielmehr durch junge Biotech-Unternehmen. Können Generika und Biotechs das Pendant zu der damaligen Pharma-Branche darstellen? Vielleicht. Das Übernahme- und Fusionskarussel nahm damals Geschwindigkeit auf. Die starke Standardisierung der Unternehmenssoftware (ERP durch SAP und Oracle) ermöglichte erst die beliebige Abspaltung von Geschäftsbereichen und die reibungslose Integration neuer Unternehmen. Gewinner dieser Entwicklung waren vor allem die Banken, die diese "Mergers and Acquisitions" begleiteten und hohe Gebühren verdienten. Zudem machten die innovativen Finanzprodukte die Runde, was zu einer Bankenrallye führte. Anders als in Europa, wo die Banken noch dabei sind, ihre Hausaufgaben zu machen, die sie in der Finanzkrise 2007-2008 aufbekommen haben, sind die Bilanzen der US-Banken bereits sauber und dort stehen Goldman Sachs und J.P. Morgan wieder bereit, am Übernahmekarussell zu verdienen. Diesmal sogar ohne nennenswerte Wettbewerber, da sich die Deutsche Bank, die UBS und viele internationale Banken vom US-Markt verabschiedet haben. Im November 1996, als die 9 Plus-Tage stattfanden, wurde der demokratische Präsident Clinton wiedergewählt, und es zeichnete sich ein ausgeglichener Staatshaushalt ab. Zwischen Senat und Kongress gab es eine Patt-Situation, weder Demokraten noch Republikaner konnten irgendetwas Nennenswertes durchsetzen. "Gridlock" nennt man diese Pat-Situation in der US-Politik. Heute ist der demokratische Präsident Obama wiedergewählt worden (im vergangenen November, so lange ist das noch nicht her). Auch heute gibt es im Senat und Kongress "Gridlock", Obama wird schwerlich nennenswerte Gesetzesvorhaben umsetzen können. Wir sehen das schon an dem gescheiterten Heraufsetzen der Defizitgrenze sowie an den nun automatisch stattfindenden Budgetkürzungen. Der Umstand, dass trotz Budgetkürzungen der Dow Jones diese Rallye an den Tag legt, beweist eindrucksvoll, dass das Wichtigste für die Finanzmärkte eine untätige Politik ist. Schlimmer als automatische Budgetkürzungen sind unberechenbare Gesetzesänderungen. 1996 fragte man sich weltweit, ob es überhaupt noch Kriege geben werde. Der Kosovo war noch nicht in die Tagespolitik vorgerückt, Bushs erster Schlag gegen den Irak lag mit 1992 weit zurück. Heute hingegen droht Nord-Korea mit einem atomaren Erstschlag, der Iran ist ebenfalls immer wieder in den Schlagzeilen, und der arabische Frühling ist uns noch gut in Erinnerung. Die USA befinden sich noch immer offiziell im Krieg gegen den Terror. Einen Friedensbonus gibt es heute, im Gegensatz zu damals, nicht. Die russische Wirtschaft funktionierte 1996 noch und Long Term Capital war noch nicht passiert. Ich musste mit Freunden darüber diskutieren, ob es nicht vielleicht doch einen ewigen Konjunkturaufschwung geben könne ohne jegliche Rückschläge. Von einer so rosigen Betrachtungsweise sind wir heute weit entfernt. Es folgten damals vier Jahre, in denen der Dow Jones von 6.200 auf über 10.000 Punkte sprang. Ein Plus von über 50% ausgehend von den damaligen Allzeithochs. IMMOBILIEN- UND ROHSTOFFRALLYE 2007-2008 Die Rallye von Anfang 2007 bis Mitte 2008 wurde im Wesentlichen durch zwei Stories genährt: Zum ersten den Immobilienboom und zum zweiten den Rohstoffhunger des aufstrebenden Chinas. Schauen Sie sich beispielsweise mal die Kursentwicklung von unserer DAX-Aktie K+S an: Anfang 2007 stand sie bei 19 Euro, Mitte 2008 bei 90 Euro! 373% Kursgewinn in 18 Monaten. Im anschließenden Winter wurden lieber Heizschlangen unter den Straßen und Gehwegen installiert als Salz zu streuen. Die Beimischung von Ethanol in den Autosprit sorgte weltweit für explodierende Nahrungsmittelpreise und Bauern düngten was das Zeug hielt. War das nachhaltig? Kupferproduzent Freeport McMoRan sprang damals um 100% an, China kaufte alles Kupfer am Markt auf, das zu haben war. Der Kupferpreis sprang von 5.500 auf 8.500 USD/to. Heute hat Freeport McMoRan gerade erst 9 Mrd. USD ausgegeben um in das Ölgeschäft einzusteigen, ein völlig unverständlicher Schachzug. Der Umstand, dass die Aktie von Freeport heute abwärts läuft, ist diesem letzten Schritt zuzuschreiben nicht einer schwachen Konjunktur. Der brasilianische Eisenerzproduzent Vale schoss damals von 14 auf 42 US-Dollar, ein Plus von satten 200%. Heute notiert die Aktie wieder nah an den 14 US-Dollar, der Eisenerzpreis steht heute zwar deutlich höher als damals, vollführt aber keine ungezügelte Rallye. Die Kohlekonzerne Peabody (+200%), Arch Coal (+175%) und Cliffs Natural (+400%!) versprachen saubere Kohleenergie durch das CCS-Abscheidungsverfahren, bei dem alle schädlichen Nebenprodukte in die Erde eingelagert werden. "Saubere Kohle" war das Versprechen, das bis heute nicht eingelöst werden konnte. Salzgitter sprang auf 157 Euro (+70%) und ThyssenKrupp auf 46 Euro (+26%). Heute stehen sie bei 35 und 18 Euro respektive, weit entfernt von ihren damaligen Höchstkursen. Statoil schoss auf 41 US-Dollar (heute 24 USD), der Ölpreis kletterte von 60 auf 145 USD/Fass. Steigende Rohstoffpreise, insbesondere steigende Ölpreise, wirken wie eine Zusatzsteuer auf die verarbeitende Industrie und bremsen somit die Konjunktur. So erreichte der Dow Jones damals Ende 2007 sein nunmehr vorläufiges Allzeithoch und hielt sich auf hohem Niveau bis Mitte 2008 die Börsen kollabierten. Die Rohstoffhausse war ohne ein Mitziehen der zugrunde liegenden Industrie nicht nachhaltig. Und die fehlende Nachhaltigkeit der Immobilienblase brauche ich Ihnen nicht in Erinnerung rufen, oder? Der Dow Jones erreichte damals sein Allzeithoch auf dem Rücken dieser Rohstoffunternehmen sowie der Banken, die von der Immobilienbranche profitierten. Ein Kartenhaus, das zusammenbrach. BREITE RALLYE 2013 Schauen wir uns nun also einmal näher an, wer diesmal die Rallye treibt. Wenn Sie in den Medien nach einer Antwort suchen, werden Sie schnell abgefüttert: Klar, die Fed! Durch die Liquiditätsflutung der Fed und das niedrige Zinsniveau gibt es keine Alternative zu Aktien. "Journalisten", die Ihnen dieses verklickern, fügen dann mit kindlicher Logik an, dass die Rallye enden wird, sobald Fed-Chef Ben Bernanke die Geldschleusen schließt. Doch das ist falsch. Ja, die Liquiditätsflutung weltweit ist der Grund, warum wir in den vergangenen Jahren nicht in eine Katastrophe abgerutscht sind. Nur durch das billige Geld war es vielen Unternehmen möglich, sich zu refinanzieren und somit den Grundstein für das künftige Wachstum zu legen. Unternehmen, die wie ein Junkie ihre alten Probleme durch das billige Geld in die Zukunft geschoben haben, werden natürlich sofort vor die Hunde gehen, wenn die Liquidität irgendwann einmal abgezogen wird. Doch diese Junkies sind in der Wirtschaft eher die Ausnahme. Wenn wir uns die Dow Jones- und DAX-Unternehmen einmal näher anschauen, sehen wir, dass die meisten die Liquidität nutzen, um sich der Altlasten zu entledigen und den Grundstein für das heutige Wachstum zu legen. Die meisten Unternehmen sind heute in der Lage, auch bei einem deutlich höheren Zinsniveau zu florieren. Schauen wir einmal, welche Unternehmen in dieser Woche ein 52-Wochen-Hoch erreichten: Deutsche Post und Lufthansa (Logistik, wichtig für jeden Aufschwung!), SAP (Software), Linde und HeidelbergCement (Industrie), Allianz und Müchener Rück (Versicherungen, der Finanzsektor lebt, wenn auch nicht bei den Banken), sowie Adidas, Henkel und Beiersdorf (Drogerie, Konsumentenartikel). Ich würde sagen, die Rallye über 8.000 Punkte wird von einer breiten Masse an verschiedenen Branchen getragen. Der Dow Jones wird jeden Tag durch neue Unternehmensmeldungen weiter angetrieben: Merck hat ein bahnbrechendes Anti-Cholesterin-Medikament entwickelt, Boeing erhält einen Auftrag über 200 weitere Flieger, Wal-Mart, die im Februar aufgrund einer versehentlich veröffentlichten E-Mail unter Druck waren, berichten wieder von einer Rückkehr zur Normalität in den Läden. Für Verizon sehen Analysten in den kommenden Tagen einen Ausbruch nach oben. Wenn Verizon hoch läuft, wird AT&T folgen. Die Aktien starteten die Rallye mit extrem niedrigen Bewertungsniveaus. Die meisten großen Aktien haben ein KGV von 12 oder 13, nicht von 18 oder 19, wie bei den letzten Rallyes. Die jetzige Rallye führt die Aktien auf ein höheres Bewertungsniveau. Nicht die Gewinne springen an, sondern die Ungewissheit über die Zukunft schwindet, sodass der Bewertungsabschlag aufgeholt wird. Aber es sind allesamt Unternehmen, die NICHT am Tropf von China oder irgendeiner anderen aufgebauschten Story hängen. Es sind Unternehmen, die in der Zeit der lockeren Geldpolitik den Grundstein für lukratives Wachstum gelegt haben. Dies wird heute durch die Rallye honoriert. Und das ist mir lieber als eine China- oder immobiliengetriebene Rallye. Und das ist der Grund warum die Rallye meiner Ansicht nach länger anhalten wird und warum eine Korrektur eben nicht zu einer Trendumkehr führt, sondern eben nur eine Korrektur bleibt, ein Stolperstein auf dem Weg nach oben. SAP, Adidas, Beiersdorf und Henkel schieben riesige Netto-Cashpositionen vor sich her. Sie profitieren nicht mehr vom günstigen Zinsniveau, sie leisten sich sogar den Luxus, bei diesem niedrigen Zinsniveau Bargeld zu halten. Steigende Zinsen schädigen die Bilanzen dieser Unternehmen nicht im geringsten. Die anderen Unternehmen haben ihre Schulden drastisch zurückgeführt, schauen Sie sich mal die Entwicklung bei HeidelbergCement an. Die zahlen jährlich 500 Mio. Euro zurück! FAZIT: NICHT SO GUT WIE 1996 ABER BESSER ALS 2008 1996 waren die fundamentalen Rahmenbedingungen wesentlich gesünder als heute, wie ich oben zeigte. Doch Zeiten, in denen alles stimmt und die Börsen steigen, sind selten. Meist hören sie auf zu steigen, wenn alles stimmt. 2000 führte die Internetblase zum Höchstkursen, 2007 die Immobilien- und Rohstoffblase. Heute führen gesunde Unternehmensbilanzen zu Rekordkursen! Das ist der wichtige Unterschied: Es gibt keine Liquiditätsblase! Die Liquidität der Notenbanken versickert in den Bankbilanzen und kommt nur bedingt in der Wirtschaft an. Ich will nicht ausschließen, dass es in den nächsten Jahren zu einer Liquiditätsblase kommen kann. Nämlich genau dann, wenn die Wirtschaft an Fahrt aufnimmt und die Kurse vom jetzigen Niveau vielleicht noch weitere 20% anspringen. Wenn die Banken ihre Bilanzen saniert haben und die von den Notenbanken zur Verfügung gestellte Liquidität direkt zur Wirtschaft durchreichen. Dann müssen die Notenbanken umgehend ihre Schleusen schließen, die Anleihenkaufprogramme zurückfahren und den Zins erhöhen. Doch soweit ist es noch nicht und deswegen sehe ich heute noch keine Blase. Es gibt viele Ratgeber die davor warnen, dass diese Rallye "nicht real" sei, sie sei lediglich liquiditätsgetrieben, künstlich durch die Notenbanken erzeugt. Ich will Ihnen sagen was real ist: Wenn Sie heute Ihre Aktiengewinne realisieren und sich von dem Gewinn einen 66er Mercedes SL Cabrio kaufen (siehe Depotcheck in der kommenden Ausgabe), dann ist dieses Auto REAL. Und den Autohändler interessiert es nicht, ob Sie diese Aktiengewinne nur deswegen erzielt haben, weil die Notenbank eine künstliche Rallye ausgelöst hat. Oder kennen Sie einen Autohändler der Ihnen das Auto nicht verkaufen würde, weil das Geld nur durch die Liquiditätsflutung ermöglicht wurde? Ich habe einen solchen Autohändler noch nicht getroffen. Das Argument, die Rallye sei künstlich und nur durch die Notenbanken ermöglicht, kursiert übrigens schon seit vier Jahren. Seit der DAX bei 3,666 Punkten seinen Boden gefunden hatte, wird jeder Kursanstieg begleitet mit dem Wehgesang, dass dies nur durch die lockere Zinspolitik der EZB möglich sei. Ja, das Argument ist richtig, doch wer sich davon abhalten ließ, Aktien zu kaufen, der hat sich eine 120%-Rallye entgehen lassen. So, genug gewettert. Schauen wir uns einmal die Entwicklung der wichtigsten Indizes im Wochenvergleich an: WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (14.03.2013) | Woche Δ Dow Jones: 14.539 | 1,5% DAX: 8.058 | 1,5% Nikkei: 12.561 | 2,3% Euro/US-Dollar: 1,30 | -0,7% Euro/Yen: 124,94 | -0,3% 10-Jahres-US-Anleihe: 2,03% | 0,04 Umlaufrendite Dt: 1,18% | 0,01 Feinunze Gold: $1.592 | 0,9% Fass Brent Öl: $109,10 | -1,2% Kupfer: 7.810 | 1,0% Baltic Dry Shipping: 880 | 5,5% Seit ein paar Wochen steigt der Baltic Dry Verschiffungsindex an, die Transportindustrie verzeichnet eine anziehende Nachfrage. Nicht zufällig haben wir ja auch Lufthansa und die Dt. Post DHL auf der 52-Wochen-Hochliste gefunden. Die Rohstoffpreise hingegen bleiben moderat, der Ölpreis gibt sogar ein wenig nach. Prima Voraussetzungen also für die Industrie. DAX und Dow Jones haben 1,5% zugelegt, der Nikkei sogar 2,3%. In Japan ist der Nikkei sogar um 2,3% angesprungen während der Yen ebenfalls ein wenig stärker wurde, eine interessante Entwicklung. Bislang hatte der Yen jegliche Nikkei-Gewinne egalisiert, inzwischen stabilisiert sich die Währung und der Nikkei läuft weiter. Im Grunde genommen haben wir eine tolle Situation für die Finanzmärkte: Italien spricht inzwischen nicht mehr vom "ob" man Euroland verlassen werde, sondern nur noch vom "wann". Die EZB hat in einem solchen politischen Umfeld überhaupt keine Alternative zur lockeren Geldpolitik, wenn die Club-Med Länder nicht umgehend in eine neue Krise geschickt werden sollen. Die Politik zumindest lehnt sich inzwischen mit dem Rückhalt der Bevölkerung zurück und behauptet, man könne es sowieso nicht richten. Und in den USA hat Präsident Obama immer wieder versucht, die Budgetkürzungen zu verhindern, doch aufgrund des "Gridlock", der Patt-Situation zwischen Regierung und Opposition, lässt sich keine wirkliche Änderung des Automatismus herbeiführen. Auch dort ist also die US-Notenbank Fed gefragt, um mit einer anhaltend lockeren Geldpolitik ein politisch bedingtes Abwürgen der Wirtschaft zu verhindern. Und die guten Unternehmensergebnisse kommen, wie weiter oben gezeigt, von Unternehmen, die auch ohne China florieren. Man ist also nicht mehr abhängig von einer dritten, für unser Verständnis fremdländischen Kultur, sondern die USA schaffen es aus eigener Kraft und Europa profitiert vom alten Partner USA. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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