Beitrag gelesen: 9807 x |
||
Die Woche begann mit mehreren Paukenschlägen: Präsident Putin verließ vorzeitig den G20-Gipfel in Australien. Auch wenn die offizielle Begründung anders lautete, war doch offensichtlich, dass er von den vielen Ermahnungen anderer Staatschefs hinsichtlich seines Vorgehens im Ukraine-Konflikt genervt war. Die Finanzmarktteilnehmer hatten sich Signale der Entspannung aus Australien erhofft und wurden enttäuscht.
Zudem hängt ein dunkler Schleier über den Weltfinanzmärkten, mit Ausnahme der USA. In Japan droht erneut eine Rezession trotz ultralockerer Geldpolitik. Premier Abe hat nun die für 2015 angesetzte Umsatzsteuererhöhung um anderthalb Jahre nach hinten verschoben. Soeben wird berichtet, dass er Neuwahlen für Mitte Dezember angesetzt hat. Seine Politik (Abenomics - Wirtschaftswachstum durch Geldflutung) wirkt nicht wie gewünscht. Chinas Konjunktur entwickelt sich mäßig. Am vergangenen Wochenende wurden einige kritische Berichte veröffentlicht, die das derzeitig relativ stabile Gefüge als nicht nachhaltig bezeichneten. Wenngleich gezielte Maßnahmen derzeit eine relative Entspannung herbeiführten, so liefe die chinesische Wirtschaft dennoch auf eine harte Landung in zwei bis drei Jahren zu, so bspw. die Credit Suisse. So ist es wenig verwunderlich, dass auch der DAX mit einem kräftigen Minus in die Woche startete. Doch schon bald trafen Meldungen aus den USA ein, und die waren alles andere als schwach. ÖLPREISKORREKTUR ENDET BALD, SAGT HALLIBURTON Öl-Dienstleister Halliburton wird seinen Wettbewerber Baker Hughes für 34,6 Mrd. USD übernehmen. Verhandlungen laufen schon seit einiger Zeit, und Marktteilnehmer haben den Deal als unwahrscheinlich betrachtet. Das überraschende an der Meldung vom Montag war zum einen der hohe Preis, den Halliburton zu zahlen bereit ist. Immerhin liegt der Übernahmepreis um 31% über dem Kurs der Vorwoche. Zum anderen hat die Kompromisslosigkeit Halliburtons überrascht, mit der dieser Deal umgesetzt werden soll. Kartellbedenken wurden vollständig akzeptiert, man werde alle entsprechenden Geschäftsbereiche verkaufen, wenn erforderlich. Und eine Strafzahlung (break-up fee) an Baker Hughes in Höhe von 3,5 Mrd. USD wurde akzeptiert, wenn der Deal letztlich doch nicht umgesetzt werden könne. Eine break-up fee ist üblich, doch in der Regel beträgt sie nur einen Bruchteil der hier vereinbarten Summe. Sowohl Halliburton, als auch Baker Hughes benötigen einen Ölpreis über 70 USD/Fass Texasöl (aktuell bei 75,67 USD/Fass). Darunter müssen beide Unternehmen mit erheblichen Kosteneinsparungen bei ihren Kunden, den Ölkonzernen, rechnen, was zu rückläufigen Aufträgen führen würde. Diese Übernahme und insbesondere die Kompromisslosigkeit, mit der sie eingegangen wurde, ist ein deutliches Signal, dass Halliburton den Ölpreis nicht nachhaltig unter 70 USD/Fass rutschen sieht. Andernfalls wäre diese Übernahme ein Himmelfahrtskommando. Und wenn ein so gewichtiger Marktteilnehmer eine so große Wette eingeht, dann muss er schon sehr überzeugt von seiner Meinung sein. An den Finanzmärkten wurde diese Übernahme mit ein wenig Verzögerung dann bejubelt. FORSCHUNG BESSER ALS KASSE MACHEN, SAGT ALLERGAN Pharmakonzern Allergan wurde durch Botox bekannt, ein Schaum, den Sie sich unter Ihre Augenbrauen spritzen lassen können, um Ihre Altersfalten im Gesicht zu vertuschen. Das Unternehmen hat jedoch herausgefunden, dass dadurch auch chronische Migräne bekämpft werden kann, denn die entsprechend behandelten Patienten berichteten über weniger Kopfschmerzen nach der Behandlung. So hat Allergan viel in die Forschung investiert, um weitere Anwendungen auf den Markt zu bringen. Bill Ackman, der aktivistische Investor auf dem Chefsessel von Valeant, hat sich die Zahlen von Allergan angeschaut und kam zu dem Schluss, wenn man die Forschungsausgaben reduziert, dann ist Allergan eine Cashcow und würde eine wesentlich höhere Bewertung verdienen. Allergan hatte vor einem Jahr höhere Forschungsausgaben als irgendein anderes Pharma-Unternehmen. Ackman kaufte seither knapp 10% der Anteile von Allergan über den freien Markt und machte den Aktionären mehrere Übernahmeangebote. Allergans CEO David Pyott ging sofort in die Gegenoffensive und legte offen, an welchen Anwendungen man gerade forsche und wie er die Erfolgsaussichten sowie einen eventuellen künftigen Umsatz sehe. Wenn nur ein kleiner Teil seiner Prognosen umgesetzt werden könne, dann wäre der aktuelle Aktienkurs sowie auch der angebotene Übernahmepreis von Ackmann viel zu niedrig. Die Aktie begann eine Rallye von 80 USD vor anderthalb Jahren bis auf 195 USD. Die von CEO Pyott vorgelegten Argumente haben Anleger überzeugt. Ackmann besserte sein Übernahmeangebot mehrmals nach, doch Pyott schwor seine Aktionäre ein, die Angebote nicht anzunehmen. Mit Forschung sei Allergan wesentlich mehr wert als ohne. Am Wochenende hat nun Wettbewerber Actavis ein Übernahmeangebot für Allergan ausgearbeitet, der Angebotspreis beträgt stolze 210 USD je Aktie. Actavis hat gleichzeitig bekräftigt, im Falle einer erfolgreichen Übernahme nicht an den hohen Forschungsausgaben von Allergan zu drehen. Solche Übernahmen sind Balsam für die Seelen der Finanzmarktteilnehmer. Zweifel, dass die Rekordjagd beim Dow Jones zu hohe Bewertungen hervorgerufen haben könnten werden von solchen Meldungen widerlegt. Wer weit besser über den wirklichen Wert eines Unternehmens Bescheid als Brancheninsider? Und wenn diese sowohl in der Ölbranche, als auch in der Pharmabranche so große Übernahmen tätigen, dann können die Bewertungsniveaus noch nicht so hoch sein. Immerhin werden beide Übernahmen mit einem großen Anteil an Barmitteln bezahlt. So wurden in den USA die Sorgen aus Japan und China schnell weggewischt, und die US-Aktienindizes kletterten auf neue Rekordhöhen. Diese gute Stimmung kam im weiteren Wochenverlauf dann auch bei uns an, und so holte der DAX das nach, was er in den Vorwochen liegen ließ. Schauen wir uns einmal die Wochenentwicklung der wichtigsten Indizes im Detail an: WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (20.11.2014) | Woche Δ Dow Jones: 17.719 | 0,4% DAX: 9.484 | 2,5% Nikkei: 17.358 | -0,8% Euro/US-Dollar: 1,25 | 0,3% Euro/Yen: 147,24 | 1,6% 10-Jahres-US-Anleihe: 2,34% | -0,01 Umlaufrendite Dt: 0,68% | 0,01 Feinunze Gold: $1.195 | 3,6% Fass Brent Öl: $79,63 | 2,7% Kupfer: 6.681 | 0,9% Baltic Dry Shipping: 1.332 | 5,4% Ich werte das noch nicht als neuen Trend, sondern als vorübergehende Gegenbewegung: Der DAX hat mit 2,5% deutlich stärker zugelegt als der Dow Jones (+0,4%). Nachdem der DAX in den Vorwochen von internationalen Anlegern gemieden wurde, kehrten einige nun wieder zurück. In Japan gings aufgrund von Konjunktursorgen bergab mit dem Nikkei (-0,8%). Noch stärker litt der Japanische Yen, der um 1,6% gegenüber dem Euro schwächer wurde. Ich lese kaum Prognosen zur weiteren Ölpreisentwicklung. Offensichtlich befinden sich Analysten noch in Schockstarre aufgrund des überraschenden Preisverfalls, und niemand möchte sich nun zu früh aus dem Fenster lehnen und das Ende der Korrektur verkünden. Im Gegensatz dazu gibt es schon seit Monaten detaillierte Analysen die beweisen wollen, dass der Goldpreis noch unter 1.000 USD/Oz rutschen muss. Beide Rohstoffpreise sind zu einem großen Teil auch abhängig von der Entwicklung des US-Dollars, der in dieser Woche etwas schwächer notierte. Das erklärt aber nur einen kleinen Teil der heftigen Gegenbewegung bei Gold (+3,6%) und Öl (+2,7%) in dieser Woche. Der größere Teil des Ölpreisanstiegs ist wohl mit dem Vertrauenssignal von Halliburton zu erklären, wie oben beschrieben. Beim Gold hingegen machte die Abstimmung in der Schweiz die Runde, die Ende des Monats darüber entscheiden soll, ob die Schweizer Nationalbank große Mengen an Gold zukaufen muss, um einen Mindestanteil an Währungsreserven in Gold zu halten. Erhebungen gehen von einem Scheitern dieser Abstimmung aus. Aber auch Meldungen über eine ganze Reihe von Staaten, die sich auf dem aktuellen Niveau wieder verstärkt mit Gold eindecken, haben wohl für eine Stimmungsaufhellung am Goldmarkt gesorgt. In meinen Augen befinden wir uns in einem Abwärtstrend sowohl beim Gold, als auch beim Öl. Während wir beim Öl bereits Panik gesehen haben, fehlt dies noch beim Gold, und ich denke daher nicht, dass die Gegenbewegung dieser Woche nachhaltig ist. Einen erneuten Rückschlag im Gold würde ich jedoch nutzen, um unsere Goldposition aufzustocken, denn parallel zu den steigenden Aktienkursen sollten wir unsere Versicherung gegen Finanzmarktturbulenzen sodann auch ein wenig hochfahren. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
|