Alt 23.07.20, 17:19
Standard „Märkte brauchen keinen Retter“
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Weitreichende Maßnahmen.

Nach zähen Verhandlungen konnten sich die Staats- und Regierungschefs der EU letztendlich auf den mehrjährigen Finanzrahmen des EU-Haushalts einigen. Damit stehen der EU von 2021 bis 2027 Mittel über 1074 Milliarden Euro zur Verfügung. Zusätzlich wurde ein „Corona-Hilfspaket“ in Höhe von 750 Milliarden Euro geschnürt, für Länder, die Hilfe bei der Erholung von den wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Einschränkungen benötigen. Nach der Genehmigung der nationalen Parlamente wird der EU-Kommission erstmals erlaubt, in großem Umfang Schulden aufzunehmen und Anleihen an den Finanzmärkten anzubieten. Die Ausgabe der Gelder soll in den Jahren 2021, 2022 und 2023 erfolgen. Kritiker bemängeln deshalb, dass das Hilfspaket „zu spät“ erfolgen würde und generell „zu wenig“ sei.

Pessimismus des Unglaubens

Aus meiner Sicht passt diese Diskussion sehr gut in die Phase, in welcher viele Anleger vom „Pessimismus des Unglaubens“ übermannt werden. Mit einem neuen Bullenmarkt geht eine ständige Suche nach schlechten Nachrichten einher. Tatsächlich braucht Europa gar keine massiven fiskalischen Anreize oder andere Hilfestellungen der Regierungen, um sich von der im ersten Quartal 2020 einsetzenden Rezession zu erholen. Insbesondere haben Aktienmärkte noch nie einen externen Retter gebraucht. Für eine wirtschaftliche Erholung im Anschluss an die COVID-19-Verwerfungen sollte es ausreichen, den Wiedereröffnungsprozess fortzusetzen. Aussagen, die in einem frühen Bullenmarkt viele kritische Anleger nicht hören wollen!

Europäische Schulden?

Ein wichtiger Diskussionsgegenstand - der unserer Ansicht nach allerdings keine hohe Marktrelevanz besitzt - ist die Frage, ob die neuen Anleihen als „kollektiv begebene EU-Schuldtitel“ gelten. Viele Experten verneinen, da sie nicht von den EU-Staaten gemeinsam ausgestellt und garantiert werden. Viel mehr ist der Emittent eine supranationale Organisation, eine bürokratische Struktur mit eigenem Budget. Die Finanzierung für diesen Haushalt erfolgt natürlich durch die einzelnen EU-Staaten, wobei jeder einen Anteil im Verhältnis zu seiner Größe zahlt. Diese Anleihen treffen allerdings keine wirkliche Aussage über die kollektive Kreditwürdigkeit und ersetzen nicht die nationalen Anleihen der Mitgliedsstaaten. Mit anderen Worten, dies macht die EU nicht zu einer föderalen Fiskal-Transferunion wie den USA.

Nachhaltige Erholung?

Wie schnell kann der BIP-Rückgang in Europa wieder aufgeholt werden? Das wird mit Sicherheit nicht unmittelbar geschehen. Märkte sind zum Glück auch nicht auf „unmittelbare“ Wirkungen angewiesen, sie schauen drei bis 30 Monate in die Zukunft. Es ist und bleibt ein Irrglaube, dass „externe Hilfspakete“ nötig sind, um eine Rezession zu überwinden! Das hat sich Europa in der Rezession während der Eurokrise von 2011 bis 2013 bereits selbst bewiesen. Die offizielle Erholung begann im Jahr 2013, während viele EU-Mitgliedsstaaten Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen verfolgten - das Gegenteil von stimulierenden Maßnahmen. Heute stellt die EU massenhaft Geld zur Verfügung, um die harten Einbußen durch COVID-19 abzufedern. Aber mit der Wiedereröffnung werden viele Wirtschaftsbereiche in absehbarer Zeit wieder auf eigenen Füßen stehen können - die Bedeutsamkeit der „Soforthilfen“ nimmt somit automatisch ab.

Fazit

Sehen Sie die bürokratische und akademische Diskussion um die EU-Hilfen also entspannt: Die Weltwirtschaft war immer schon widerstandsfähiger, als ihr viele Marktbeobachter zugestehen.

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Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Thomas Grüner die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
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