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In den vorangegangenen Analysen hatte ich fünf Faktoren beschrieben, die auf dem DAX lasteten:
1. Die Ölpreise waren Anfang April deutlich zurückgefallen. 2. Der Euro hatte sich zum US-Dollar stark erholt, was die exportlastigen DAX-Unternehmen belastet. 3. Die US-Indizes befanden sich in einer Konsolidierung (kurzfristige Flaggenformation). 4. Die US-Daten lassen eine baldige Zinserhöhung zu. 5. Aus saisonaler Sicht ist bis Ende Mai mit fallenden Aktienkursen zu rechnen. Gleichung ging heute voll auf Die ersten drei dieser Faktoren haben sich inzwischen zu Kurstreibern entwickelt: 1. Die Ölpreise legen schon seit einer Woche wieder zu. 2. Der Euro ist heute von 1,14 auf unter 1,13 USD um mehr als ein Cent gefallen. 3. Die US-Indizes sind zeitgleich wieder deutlich gestiegen. Dies beflügelte, wie erwartet, den DAX, der auf über 10.000 Punkte zulegen und damit die Konsolidierung der vergangenen Tage beenden konnte. Die Gleichung (steigende Ölpreise + fallender EUR/USD + steigende US-Indizes = steigender DAX) ging also heute voll auf. SKS im USD/JPY wirkt sich auf DAX & Co. aus Doch es gibt möglicherweise einen weiteren Faktor, der die Kursentwicklungen von DAX & Co. beeinflusst. Am vergangenen Freitag berichtete ich, dass im USD/JPY eine Schulter-Kopf-Schulter-Formation (SKS) ihre volle Kraft entfaltete. Diese Abwärtsbewegung des Währungspaares hatte sich auch kursbelastend auf die Aktienmärkte ausgewirkt, was sich beim Blick auf den folgenden Vergleichschart zeigt. Zwischen der USD/JPY-Kursentwicklung (rot) und dem Verlauf des Nasdaq100 (blau) und des DAX (schwarz) erkennt man bis Februar klare Parallelen. Diese Parallelen lassen sich mit einer möglichen Auflösung sogenannter Carry-Trades erklären. Verschulden zu niedrigen Zinsen, Anlegen zu höheren Zinsen Ein Carry-Trade ist eine Investment- oder Spekulationsstrategie, bei der ein Kredit in einer Währung mit relativ niedrigem Zinsniveau aufgenommen wird, um dieses Geld in einem Währungsraum mit höherem Zinsniveau anzulegen. In Japan hat die Notenbank vor nicht allzu langer Zeit Negativzinsen eingeführt, um die Wirtschaft anzukurbeln. Hier kann man also derzeit zu sehr geringen Zinsen Kredite in Yen aufnehmen. Dieses Geld könnte man dann in einem Währungsraum mit steigenden Zinsen anlegen – zum Beispiel in den USA, wo die Notenbank die Zinswende ausgerufen hat. Während in Japan Zinsen fast zum Nulltarif vergeben werden, erhält man auf US-Anleihen gleicher Laufzeit derzeit 1,76 Prozent. Die Differenz zwischen dem Kreditzins in Yen und der Anleiherendite in US-Dollar ist der Gewinn. Eine einträglichere Möglichkeit ist, sich in Yen zu verschulden und das Geld in Aktien anzulegen. So beträgt zum Besipiel die durchschnittliche Dividendenrendite im Dow Jones aktuell fast 3 Prozent. Risiken von Carry-Trades Die Risiken bei dieser Art der Spekulation bestehen in Zinsänderungen und Wechselkursschwankungen. Durch die Transparenz der Notenbanken und deren eingeschlagenen jeweils Zinspfaden ist das Zinsänderungsrisiko gering. Bleibt demnach das Wechselkursrisiko. Und hier macht sich die SKS im USD/JPY deutlich bemerkbar. Yen-Aufwertung bringt Carry-Trader in Bedrängnis Nehmen wir an, ich hätte als Carry-Trader im Sommer vergangenen Jahres 10.000 Dollar in den USA anlegen wollen. Dazu hätte ich Schulden in Höhe von 1.258.500 Yen aufnehmen können (USD/JPY-Wechselkurs am 05.06.2015: 125,85). Würde ich diesen Kredit heute zurückzahlen, dann könnte ich durch die USD/JPY-Wechselkursänderung aktuell nur knapp 1.090.000 Yen bedienen. Es würden also fast 170.000 Yen an Schulden übrig bleiben. Das sind mehr als 1.300 USD bzw. 13 Prozent meines Kredites. Der in diesem Zeitraum erzielte Gewinn (durch Anleiherenditen oder Aktiendividenden) in den USA kann dies nicht ausgleichen. Entsprechend hätte ich einen Währungs- bzw. Wechselkursverlust erlitten. Carry-Trader mussten also schon vorher bei fallenden Wechselkursen ihre Kredite zurückzahlen (oder absichern), um keine Verluste zu erleiden. Dazu mussten sie ihre Investitionen, z.B. die Aktienpositionen, in den USA auflösen (oder absichern). Diese Verkäufe drückten auf die Aktienkurse. So erklärt sich der Gleichlauf der Indizes zum USD/JPY. Und da natürlich auch europäische Aktien als mögliche Anlage in Frage kommen und die US-Börse immer auch noch den Takt der europäischen Börsen vorgibt, wirkte sich dies auch auf den DAX aus. Ein wieder steigender USD/JPY-Wechselkurs ist also gut für Carry-Trader und verringert den Druck, Positionen auflösen zu müssen. Er kann sogar dazu führen, dass neue Carry-Trades eingegangen werden. Insofern kann der heutige DAX-Anstieg auch mit einer deutlichen Erholung des USD/JPY-Kurses (grüner Kreis im Chart) in Zusammenhang gebracht werden: Fazit In einer globalisierten Welt wird das Anlegen an der Börse zu einem immer komplexeren Thema. Es gibt diverse Wechselwirkungen zu beachten. Zudem wird an der Börse immer eine neue „Sau durchs Dorf gejagt“. So haben in der Vergangenheit erst Griechenland, dann China und zuletzt die Ölpreise die Kurse bewegt. Auch die Carry-Trades können in dieser Zeit ein Kurstreiber für die weltweiten Märkte gewesen sein. Um an der Börse erfolgreich zu sein, muss man jedoch all diese Faktoren nicht permanent ausführlich analysieren. Man kann es sich auch einfacher machen, indem man auf die Charts achtet. Hier erkennt man frühzeitig, wie sich die großen Marktteilnehmer positionieren. Und das macht das Investieren an der Börse wieder sehr viel einfacher. Viele Grüße Ihr Sven Weisenhaus | ||
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