Alt 08.04.09, 18:25
Erneute Gerüchte zu GM belasten den Markt
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Die Börsen verdauten gestern erst einmal weitere schlechte Nachrichten von General Motors (GM). Gestern kamen Gerüchte auf, dass GM Vorbereitungen für eine Insolvenz treffen soll. Diese wurden als „intensiv und ernsthaft“ bezeichnet. Aus einer anderen Quelle hörte man, dass die Pläne zur Aufspaltung (wie hier schon einmal dargestellt) in gute und schlechte Unternehmensbereiche voranschreiten.

Diese Gerüchte drückten gestern die US-Märkte deutlich in die Knie. Das ist das, was ich vor kurzem meinte: Diese mögliche GM-Pleite ist in der Lage, die Märkte noch eine Weile zu belasten.

Auf der anderen Seite beginnt nun die Berichtssaison in den USA. Die Zahlen von Alcoa gestern waren schon schlecht. Alcoa leidet natürlich unter dem Preisverfall für Aluminium und der weltweit sinkenden Nachfrage. In den nächsten Tagen und Wochen wird es darauf ankommen, welchen Ausblick die US-Unternehmen für das Jahr 2009 geben. Auch hier sind noch ein paar mögliche Fußangeln für den Markt gerade auch im Bankenbereich versteckt.

Übernahme hebt die Stimmung

Heute sorgte in den USA eine Milliardenübernahme in der Baubranche für bessere Stimmung: Pulte Homes will den Rivalen Centex für 1,3 Mrd. Dollar aufkaufen. Diese Übernahme ließ die Hoffnung aufkeimen, dass es der Baubranche nicht ganz so schlecht geht und vielleicht sogar die Tiefs erreicht sind.

Inflationsphase

Der Chart gestern zu der Bautätigkeit im Vergleich zum S&P500 hat mich noch auf eine Idee gebracht. In den 60er-80er Jahren hatten wir eine Inflationsphase. Eine ähnliche Börsenentwicklung wie damals hatte ich als mögliches Szenario für den Fall in Betracht gezogen, dass die Maßnahmen der Fed zur Deflationsbekämpfung greifen. Dann besteht die Gefahr, dass es der Fed nicht gelingt, rechtzeitig die Zinsen wieder anzuheben und die enorme Liquidität abzuziehen. Die Folge davon wäre eine eventuell auch ausufernde Inflation.

Demnach ist es in Anlehnung an den gestrigen Text spannend, wie sich der US-Immobilienmarkt in dieser Zeit entwickelt hat, beziehungsweise wie sich die Fed-Funds-Rate (US-Leitzinsen) damals entwickelten.

Also habe ich in den gestern vorgestellten Chart noch die (effektive) Fed-Funds-Rate (blaue Linie) eingefügt und ihn auf den Zeitraum zwischen 1962 und 1982 beschränkt.



Man erkennt in diesem Diagramm, dass die Fed-Funds-Rate mit dem S&P500 bis zum Ende der 70er Jahre vergleichsweise synchron zu den Bauindizes gelaufen ist. Interessant ist der dramatische Einbruch der Bautätigkeit ab 1973, der im Prinzip dem aktuellen entspricht. Kurz zuvor hatte es, ähnlich wie in der aktuellen Situation, eine Immobilienhausse gegeben. Die Baugenehmigungen und Baubeginne notierten auf Höchstwerten, die auch in dem aktuellen Boom nicht mehr erreicht wurden (siehe Chart gestern). Auch damals wurden im Zuge fallender Märkte und einer einbrechenden Bautätigkeit die Zinsen auf ein für die damalige Zeit sehr niedriges Niveau von 4,65 % gesenkt. Der S&P500 brach vom Hoch zum Jahresbeginn 1973 bei 120,24 Punkten bis zum September 1974 im Tief auf 62,28 Punkte ein. Den prozentualen Kursrückgang von 48,20 % muss man als Crash bezeichnen.

Auch vergleichbar ist die Synchronität: Mit dem Einbruch des Immobilienbooms geriet auch der Aktienmarkt ins Wanken. Beide fanden in etwa zeitgleich ihre Tiefs. Uns interessiert natürlich, was dann folgte:

Inflation in den USA

Anschließend geriet die Wirtschaft, wie man an den stark steigenden Zinsen sehen kann, in eine Inflation hinein. Auslöser für dieses Spektakel war, Sie werden es bereits erraten haben, die Ölkrise, die im Herbst 1973 begann. Doch auch hier ergeben sich Parallelen. Bis in das letzte Jahr hatten wir es schließlich auch mit einer extremen Ölpreishausse zu tun. Wiederholt sich also die Geschichte?

Es gibt einige Analysten, die behaupten, dass nicht der Einbruch des US-Immobilienmarktes den Crash verursacht habe, sondern der hohe Ölpreis. In diesem Fall könnte man die beiden Szenarien durchaus vergleichen. Meines Erachtens geht diese Sichtweise aber etwas an der Realität vorbei. Die eigentliche Ursache für den Crash war die Kreditmarktkrise und die Pleite von Lehman-Brothers. Das ist anhand der deutlichen Korrelation der Ereignisse mit den Charts gut zu belegen. Aus diesem Grund halte ich den Vergleich mit der Krise in Japan 1990 auch für relevanter (aber, keine Frage, das kann man sicherlich diskutieren).

Insofern ist die Situation trotz der Gemeinsamkeiten eine ganz andere. Trotzdem geben uns diese Parallelen gewisse Hinweise. Sollte es tatsächlich zu einer Inflation kommen, müssen wir natürlich wie Ende der 70er Jahre mit stark steigenden Zinsen rechnen. Wie ich gestern schon sagte, wäre eine Inflation für den US-Immobilienmarkt günstig. Sie können am Chart erkennen, dass es nach dem Einbruch zu einer Echoblase der Bautätigkeit gekommen ist. Im Zuge dieser steigt auch der Aktienmarkt im Großen und Ganzen weiter an. Und das entspräche in etwas auch dem Szenario, welches wir in einer möglichen inflationären Phase erwarten sollten. Ein langfristig orientierter Anleger sollte also hoffen, dass es der Fed gelingen möge, die aktuelle Deflationsgefahr zu bekämpfen.

Viele Grüße

Jochen Steffens

P.S. Auch heute kämpft der Nasdaq100 weiterhin mit der 1.286er und 1.300er Marke. Nervig, aber leider nicht zu ändern.
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