Alt 21.04.09, 17:30
Aktuelle Unsicherheitsfaktoren
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Die Aktienmärkte sind gestern in den USA und Europa zwischen drei und vier Prozent zurückgegangen. Schon mehren sich die Nachrichten, dass die Euphorie der letzten Zeit doch verfrüht gewesen sei. Diese Meldungen zeigen, wie schnell aus einer positiven Grundstimmung auch wieder Panik entstehen kann. Doch als Anleger und Trader sollte man sich niemals von Stimmungen leiten lassen, schon gar nicht von der Stimmung Anderer.

So unschön diese Wahrheit auch sein mag, niemand wird Ihnen zurzeit vergleichsweise verlässlich sagen können, ob wir aktuell „nur“ eine Gegenbewegung oder aber „schon“ den Anfang einer neuen Abwärtsbewegung erleben. Man kann sich bereits in normalen Börsenphasen der Zukunft nur annähern, in dem man die verschiedenen Szenarien bewertet und daraus Wahrscheinlichkeiten ableitet. Zurzeit sind Prognosen meines Erachtens nahezu unmöglich.

Zu viele externe Unsicherheitsfaktoren

Denn gerade in den nächsten Wochen können zu viele externe „Unsicherheitsfaktoren“ den Markt belasten. Da ist zum einen die mögliche Insolvenz von Chrysler oder/ und General Motors zu nennen, die in den letzten Tagen etwas aus dem Fokus der Anleger geraten ist. Heute tickerte die Meldung durch die Medien, dass nach einer Reihe von gescheiterten Krisengipfeln in Washington Chrysler nun doch immer schneller auf eine Insolvenz zusteuert. Aber entschieden ist natürlich noch nichts, die Ultimaten für beide Autobauer laufen Ende April ab.

Bereits alles eingepreist?

Natürlich ist ein großer Teil dieser Sorge vor einer Insolvenz in den aktuellen Kursen bereits eingepreist. Das Thema ist in den Medien, wie auch hier schon rauf- und runter diskutiert worden. Trotzdem vermute ich, dass die mittel- bis langfristigen Folgen schlimmer sind, als der Markt zurzeit wahrhaben will. In Folge einer Insolvenz von GM und Chrysler würden nicht nur in diesen Unternehmen selbst, sondern auch bei den Zulieferern eine zurzeit kaum überschaubare Menge an Arbeitsplätzen gefährdet. In normalen Zeiten wäre ein solcher Arbeitsplatzabbau bereits eine Belastung für eine Volkswirtschaft. Doch in der aktuellen Situation ist jeder neue Arbeitslose in den USA ein weiterer Konsument, der dem für die USA so wichtigen Binnenkonsum quasi entzogen wird.



Wie dramatisch das Bild bereits ist, zeigt diese Grafik, in der die Entwicklung der neu geschaffenen Stellen außerhalb der Landwirtschaft seit dem 2. Weltkrieg dargestellt ist. Zwar gab es in dieser Zeit häufiger einen zum Teil auch massiven Abbau von Arbeitsplätzen, doch die jüngste Entwicklung übertrifft diese bisher deutlich, und wir stecken noch mitten in der aktuellen Entwicklung. So wurden seit Ende 2007 bereits über 5,1 Millionen Arbeitsplätze in den USA vernichtet. Die Arbeitslosenquote stieg auf einen Wert von 8,5 % und damit auf den höchsten Stand seit 25 Jahren.

Ein nachlaufender Indikator?

Nun ist der Arbeitsmarkt gemeinhin ein nachlaufender Indikator. Das heißt, er läuft normalerweise der konjunkturellen Entwicklung hinterher. Doch in Extremsituationen hat er natürlich auch wiederum einen Einfluss auf die US-Wirtschaft. Immerhin ist die Binnenkonjunktur für 60-70 % des US-Wirtschaftswachstums verantwortlich. Wenn in kurzer Zeit über 5 Millionen Stellen abgebaut werden, wird das den Binnenkonsum erheblich belasten. Es entsteht eine Spirale. Der Arbeitsplatzabbau führt zu einem niedrigeren Konsum (Nachfrage), der (die) wiederum die Unternehmen zwingt, Arbeitsplätze abzubauen. Wir können davon ausgehen, dass bei einer Insolvenz der Autobauer diese extrem negative Entwicklung des US-Arbeitsmarktes zumindest noch eine Weile fortgesetzt, wenn nicht sogar gesteigert wird.

Stresstest positiv?

Darüber hinaus wissen wir immer noch nicht, wie der von der Fed durchgeführte Stresstest bei den 19 größten US-Banken ausfallen wird. Wie ich hier schon einmal geschrieben habe, gab es Gerüchte, dass die ersten Ergebnisse positiv ausgefallen seien. Nach neueren bisher unbestätigten und sogar dementierten Gerüchten soll es zu eher negativen Ergebnissen gekommen sein. Wir müssen also abwarten, was Ende April tatsächlich veröffentlicht wird. Meinen Informationen nach sollen die einzelnen Ergebnisse aber bereits Ende dieser Woche vorliegen und dann zentral zusammengefasst werden. Das bedeutet, wir müssen damit rechnen, dass hier Informationen auch schon früher bekannt werden und den Markt beeinflussen.

Neue Zahlen vom US-Immobilienmarkt

Als wäre das noch nicht genug, werden in dieser Woche auch noch weitere Zahlen vom US-Immobilienmarkt gemeldet. Wie ich in bereits mehrfach dargestellt habe, sind die Immobiliendaten zurzeit ein wichtiger, wenn nicht maßgeblicher Indikator für die weitere Entwicklung der Aktienmärkte.

Nachdem in der letzten Woche bei den Baugenehmigungen und Baubeginnen in den USA nach einer Stabilisierung doch wieder ein Rückgang gemeldet wurde, kann es sein, dass die Verkäufe bestehender Häuser, die am Donnerstag veröffentlicht werden, und die Verkäufe neuer Häuser, die einen Tag später kommen, ebenfalls wieder rückläufig sind.

Nächste Woche erwartet uns dann auch noch die Fed-Sitzung. Mit einer Veränderung der Zinsen ist nicht zu rechnen, also werden die Anleger wie gebannt.

Fazit:

Die oben geschilderten Faktoren sind, je nachdem wie sie sich entwickeln, durchaus in der Lage, den Markt noch einmal unter Druck zu bringen. Im Moment sieht es noch nicht so aus, als wären die alten Tiefs in Gefahr. Sollten sich jedoch neue dynamische Abwärtsbewegungen ausbilden, muss man vorsichtig werden. Steigen die Märkte trotz dieser „Gefahren“ weiter an, muss das als ein sehr bullishes Zeichen gewertet werden.

Nasdaq100 und die inverse SKS

Zurzeit ist damit immer noch die inverse Schulter-Kopf-Schulter-Formation, die ich Ihnen bereits vorgestellt hatte, möglich:



Im Zuge der oben genannten Faktoren oder anderen Nachrichten kann der Nasdaq100 durchaus noch einmal an die 1.200-Punkte-Marke laufen. Sollte diese Marke halten und die Kurse anschließend wieder die 1.378-Punkte-Marke nachhaltig überwinden können, wäre die inverse SKS bestätigt. Das Kursziel aus dieser Formation liegt bei 1.750 Punkten. Da Charts einen gewissen Hang zur Symmetrie haben, wäre auch ein Erreichen der 2.000-Punkte-Marke denkbar.

Viele Grüße

Jochen Steffens
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