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Nur wenige Sekunden hat es heute früh gedauert: Der DAX notierte kurz über 8.000 Punkte. Dann folgten wie immer an solch markanten Hürden Gewinnmitnahmen, die den DAX wieder tiefer drückten.
Wer hätte das gedacht: Italiens Wahlergebnis spiegelt den Unmut der Bevölkerung mit der Euro-Politik Montis und damit auch Deutschlands wider. Im Ergebnis sinkt der Wechselkurs des Euros, was gut ist für den Export des deutschen Mittelstands, und so steigt der DAX diese Woche um schlappe 2,6% an. Die Reaktion ist in meinen Augen eindeutig: Die Politik hat sich geradezu verpflichtet, das Euro-Projekt zu einem erfolgreichen Ende zu führen. Je mehr Hürden aufgestellt werden, desto mehr muss die EZB ihre Liquiditätsflutung fortsetzen oder gar ausweiten, was den Euro schwächt und der Wirtschaft hilft. Angst um den Euro spiegelt sich in diesem Szenario nicht mehr wider. Der Dow Jones hat diese Woche ein neues Allzeithoch erklommen. Höher als zu Zeiten der Internethausse 2000 und auch höher als zu Zeiten der Rohstoff- und Immobilienhausse 2007. Die Arbeitslosigkeit ist noch immer hoch, Ausgabenkürzungen treten nach den gescheiterten Budgeterhöhungsverhandlungen nun automatisch in Kraft und werden die US-Wirtschaft belasten und dennoch erklimmen die Aktienindizes ein Rekordniveau nach dem anderen. Boeing ist für mich der Prototyp dieser Rallye. Boeing halten wir seit Frühjahr 2012 in unserem Portfolio, und die Aktie hat mich schon viele Nerven gekostet. Die Ausgabenkürzungen im US-Haushalt betreffen zum größten Teil den Verteidigungsetat, und Boeing ist einer der größten Vertragspartner des Verteidigungsministeriums. Es scheint die Aktionäre nicht zu kümmern, dass hier Ungemach droht - oder aber das Ungemach wurde schon längst im Kurs berücksichtigt. Dann begannen Anfang des Jahres die Batterien zu explodieren, und das Prestigeprojekt, der Dreamliner, wurde aus dem Verkehr gezogen. Bis heute stehen alle bislang ausgelieferten 50 Dreamliner am Boden, und außer vollmundigen Versprechungen ist eine wirkliche Lösung noch nicht in Sicht. Katastrophal für den Dreamliner - aber offensichtlich nicht für Boeing. Die Aktie schüttelte dieses Ereignis schnell als einmalig und lösbar ab und stieg wieder an. Dann verhandeln die Gewerkschaften hart mit Boeing, es gab schon Streiks und Lösungen wurden bislang nur für Teilgruppen gefunden. All das kann die Aktie nicht am Boden halten, Boeing hebt ab und erreicht täglich ein neues 52-Wochen-Hoch. An diesem Beispiel ist wieder einmal sehr schön zu sehen, dass man sich seiner Bauchschmerzen nicht zu schämen braucht, wenn man Aktienanleger ist. Wenn die Bauchschmerzen schwinden, wenn also das US-Haushaltsbudget angehoben wird, die Rüstungsausgaben nicht mehr gekürzt werden und die Gewerkschaften einen neuen Tarifvertrag ausgehandelt haben, und wenn der Dreamliner wieder abhebt, dann sollten Sie die Aktie verkaufen. Denn besser kann es dann kaum noch werden. Rallyes hangeln sich stets an einer Wand der Zweifel, der Angst empor. Wenn Angst und Zweifel erklommen und besiegt wurden, dann folgt der Absturz oder zumindest eine Korrektur. Rosige blühende Wirtschaftslandschaften und Börsenrallyes gibt es nur am Ende einer langen Hausse, die in einer Blase endet, ich erinnere da gerne an den Jahrtausendwechsel mit der Internetblase. Damals konnten Internetunternehmen vermeintlich Geld erschaffen wie Bits und Bytes. Von einer solchen Übertreibung sind wir heute noch weit entfernt, diese Rallye hat Beine, und eine Korrektur, mag sie uns auch beispielsweise um 5% zurückholen, wäre eben nur dies: eine Korrektur. Für einen Trendwechsel hin zu einer Baisse müsste die Übertreibung heftiger ausfallen, dürften nur einige wenige Unternehmen und Branchen die ganze Börse nach oben ziehen. Doch aktuell ziehen fast alle Branchen mit vielen Unternehmen die Indizes nach oben. Ein Trendwechsel wird meiner Ansicht nach erst dann erfolgen, wenn einige wenige Unternehmen die Indizes nach oben ziehen, nicht die breite Masse. Und davon sind wir weit entfernt. Schauen wir uns einmal die wichtigsten Indizes im Wochenvergleich an: WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (07.03.2013) | Woche Δ Dow Jones: 14.329 | 2,0% DAX: 7.940 | 2,6% Nikkei: 12.284 | 5,8% Euro/US-Dollar: 1,31 | 0,1% Euro/Yen: 125,27 | 3,2% 10-Jahres-US-Anleihe: 1,99% | 0,10 Umlaufrendite Dt: 1,17% | 0,00 Feinunze Gold: $1.578 | -0,1% Fass Brent Öl: $110,43 | -0,5% Kupfer: 7.729 | 0,0% Baltic Dry Shipping: 834 | 10,2% In Japan stürmt der Nikkei weiter in die Höhe. Ein Leserbrief aus Japan hat mir diese Woche wieder vor Augen geführt, wie die vergangenen Jahre den japanischen Technologieunternehmen zugesetzt haben. Panasonic, Sony, Sharp, Casio, Canon, Citizen, Fuji, Hitachi, Kyocera, Pioneer, Toshiba, TDK und Yamaha, ... ich wette, Sie haben eine ganze Reihe von Produkten dieser Unternehmen in Ihrem Haushalt. Diese einstige japanische Technologie ist weltweit nicht mehr wettbewerbsfähig. Wir können das auf fehlende oder schlechte Innovationen zurückführen, doch ich führe es zu einem großen Teil auch auf die finanziellen Probleme der Unternehmen zurück. Und das wird sich nun ändern, nachdem der Yen wöchentlich weiter abrutscht. Was haben wir noch nicht besprochen? Ach ja, China! Da tagte der Nationale Volkskongress und hat die Richtung der neuen Führung bekanntgegeben. Wurde noch vor wenigen Tagen ein erneut überschäumender Immobiliensektor befürchtet, so klingt die neue Richtung da schon viel verträglicher: Der Bevölkerungszustrom in den Städten, die Umweltprobleme und die sozialen Probleme müssen gelöst werden um weiter wachsen zu können. Also: Das Wachstum soll nicht gedrosselt werden, um die Strukturen zunächst zu verbessern, sondern das Wachstum soll besser gemanagt werden, damit weiter gewachsen werden kann. Ja, China hat Probleme zu lösen, die nie zuvor ein Land gelöst hat: Die Mega-Stadt Peking mit 20 Mio. Einwohnern hat ein Drittel dieser Einwohner erst kürzlich als Zuwanderer aufgenommen. Dieses enorme Wachstum müsse nicht nur aus logistischer Sicht bewerkstelligt werden, sondern dürfe auch die Umwelt nicht ruinieren, ganz neue Töne aus China. Nun, ganz so neu auch nicht, China ist in vielen Umweltfragen weltweit schon führend, die Dimensionen dort sind nur ungleich größer als bei uns und, daher gibt es immer wieder Negativ-Schlagzeilen. Aber es ist in meinen Augen hinsichtlich China schon lange nicht mehr die Frage, ob die Konjunktur dort rund läuft oder nicht. Die wichtige Frage lautet: Wie wird das Wachstum gemanagt. Und die neue Führung in China hat einige drängende Probleme angesprochen, die es zu lösen gilt. Ich werte das als gutes Zeichen. Die Börsen steigen nicht wegen der US-Haushaltskürzung, nicht wegen des Wahlausgangs in Italien und nicht wegen der drängenden Probleme in China. Die Börsen steigen, weil man den USA zutraut, das Budgetproblem zu lösen, weil man Europa zutraut, den Euro zu halten und weil man der neuen chinesischen Regierung zutraut, die Probleme konstruktiv anzugehen. Bis die Probleme gelöst werden, gibt es in den USA, in Europa und in China Notenbanken, die auftretende Verwerfungen an den Finanzmärkten durch sofortige Liquiditätsspritzen auffangen. Warum also schon die Party verlassen? | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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