Alt 18.05.15, 18:26
Standard Der S&P 500 in der Bredouille
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Sehr verehrte Leserinnen und Leser,

der Reigen mauer Konjunkturdaten aus den USA geht weiter. Nach den schlechten Arbeitsmarktzahlen, dem schwachen Wachstum und Export im ersten Quartal (siehe Steffens Daily vom 11.05.2015) knickt nun auch die Stimmung der Konsumenten deutlich ein. Zudem fiel die Industrieproduktion im April den fünften Monat in Folge.

Trotz neuer Hochs – der Ausbruch gelang noch nicht

Trotzdem konnte der S&P 500 in der vergangenen Woche neue Rekordwerte erreichen: Am Donnerstag und Freitag kletterte er jeweils auf neue Hochs – auf Schlusskursbasis. Ein neues (Intraday-)Allzeithoch gelang ihm hingegen noch nicht. Damit gerät der S&P 500 allmählich in eine Bredouille.



Der Index befindet sich seit geraumer Zeit in einer Konsolidierungsformation in Form eines aufsteigenden Dreiecks (grau), dessen Oberkante die jüngsten Allzeithochs markieren. Dort ist er inzwischen mehrfach gescheitert und immer wieder nach unten abgeprallt.

Dadurch konnte er auch die Oberkante seines bisherigen leicht geneigten Aufwärtstrends (blaue Linien) nicht mehr erreichen. Der steileren Aufwärtslinie seit Oktober folgte er noch im März und April, fiel dann jedoch auch von dieser endgültig zurück (siehe roter Pfeil).

Bearishe Aspekte in einer bullishen Formation

In dieser Auflistung klingt das alles vermeintlich recht bearish, aber ein solch aufsteigendes Dreieck ist zunächst einmal eine bullishe Fortsetzungsformation – ebenso wie z.B. die klassische rechteckige Seitwärtsbewegung. Der bullishe Aspekt wurde zuletzt dadurch unterstrichen, dass der jüngste Rückfall nicht mehr bis an die Unterkante des Dreiecks ging (siehe grüner Pfeil). Der nachfolgende Vorstoß an die Hochs war daher durchaus zu erwarten.

Allerdings schaffte der S&P 500 bisher den Ausbruch ebenso wenig wie ein neues Allzeithoch. Dafür produzierte er am Freitag eine potenziell bearishe Kerzenformation (siehe vergrößerten Ausschnitt im Chart oben): Nach der klar bullishen Kerze vom Donnerstag kam es am Freitag zu einem „Hammer“. Bei diesem liegen – ähnliche wie bei einem Doji, also einer perfekten kreuzförmigen Kerze – Eröffnungs- und Schlusskurs dicht beieinander. Während des Handelstages kam es jedoch zu einigem Hin und Her, so dass die langen „Schatten“ (im Fall des Hammers vor allem nach unten) entstanden. Solche Kerzen deuten auf die Unsicherheit der Anleger hin.

Ein Warnsignal

An einer so bedeutsamen Marke und nach einer vorangegangenen uneingeschränkt bullishen Kerze ist das ein sehr wichtiges Warnsignal! Wenn die Anleger trotz dieser guten Vorgaben vor dem entscheidenden Schritt – dem Ausbruch – zurückschrecken, dann droht eventuell ein neuerlicher Rücksetzer.

In einem aufsteigenden Dreieck sind solche Rücksetzer aber gefährlich, vor allem wenn sie dann auftreten, wenn der Kurs bereits recht weit in das Dreieck hineingelaufen ist. Durch die steigende Unterkante des Dreiecks kann dann schon ein relativ harmloser Kursrutsch dazu führen, dass die Unterkante gebrochen wird. Dann ist die Formation nicht nur hinfällig, sondern sie kann sogar zu einer Top-Formation werden. Diesen Fall erlebten wir 2007/2008 im Vorfeld der Finanzkrise beim DAX.

Es muss jedoch nicht zwangsläufig so kommen. Selbst nach einem Bruch der unteren Dreieckskante könnten sich die Kurse noch fangen, z.B. im Bereich des Tiefs vom März. Dann könnte eine rechteckige Seitwärtsbewegung entstehen, die wiederum potenziell bullish ist. Allerdings dürfte die Konsolidierung danach noch geraume Zeit weitergehen.

Ausbruch, Top, Konsolidierung – alles ist möglich

Aber noch ist es nicht so weit. Die Hammer-Kerze von Freitag könnte auch mit dem kleinen Verfallstag zusammenhängen. Er könnte auch die Ursache für das erhöhte Volumen sein (siehe unterer Chartteil). Dieses verstärkt eigentlich das Warnsignal des Hammers. Im aktuellen Fall kann es sich aber auch einfach nur um den Sondereinfluss des „Verfallstagseffekt“ handeln.

Die eingangs erwähnten verschlechterten fundamentalen Daten scheinen die Anleger jedenfalls nicht übermäßig zu beunruhigen. Im Gegenteil, diese Häufung ernüchternder Zahlen in der jüngsten Zeit stärkt ihre Überzeugung, dass die Fed mindestens bis September, aber eher bis Oktober mit der ersten Zinserhöhung bzw. einer konkreten Ankündigung dazu warten wird.

Daher besteht durchaus weiterhin die Möglichkeit, dass der S&P 500 in den kommenden Tagen nach oben ausbricht und danach seine Rally fortsetzt. Damit würde er sich aus seiner aktuellen Bredouille endgültig befreien.

Mit besten Grüßen

Ihr Torsten Ewert
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