Alt 16.10.16, 18:39
Standard So tickt die Börse: Tohuwabohu aufgrund willkürlicher Meldungen
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Tja, sowas hatte ich in Aussicht gestellt: Es gibt keinen Grund, überstürzt einzukaufen. Der DAX pendelt nach wie vor in seiner Handelsspanne zwischen 10.200 und 10.800 Punkten. Fast schon willkürlich anmutende Informationshäppchen zum richtigen Zeitpunkt sorgen für heftige Reaktionen an den Finanzmärkten.

CHINAS EXPORT BRICHT UM 10% EIN

So schockte China gestern die ganze Welt mit dem Informationshäppchen, dass der Export aus China heraus im September im Vergleich zum Vorjahr um 10% eingebrochen sei. China, das Land, das doch nun endlich aus seiner Wachstumsschwäche heraus kommen solle, um den Karren der Weltwirtschaft aus dem Dreck zu ziehen, nachdem es die USA nicht schaffen. Weltweit gingen die Finanzmärkte infolge dieser Information auf Tauchstation.

Dabei wird wieder einmal das Mantra der Chinesen vergessen: Die kommunistische Einheitspartei Chinas hat es sich zum Ziel gemacht, die BINNENkonjunktur zu stärken. "Binnen" heißt innerhalb Chinas. China war als Werkbank der Welt dankbar für den Außenhandel, doch seit einigen Jahren möchte man die Abhängigkeit von den immer irrationaler fluktuierenden Weltmärkten verringern. Und Schritt für Schritt schaffen das die Chinesen.

Ich verstehe nicht, warum an den Finanzmärkten immer wieder schwache Außenhandelszahlen Chinas für ein Signal gehalten werden, dass es der Weltkonjunktur schlechter gehe. Die Handelsbilanz Chinas befindet sich in einer verordneten Schrumpfkur, die Schrumpfkur ist erfolgreich.

Für Deutschland bedeutet das: Produkte aus Deutschland (Maschinen) werden nicht mehr gekauft, sondern deutsche Unternehmen werden gekauft, um vor Ort in China besser in die Binnenwirtschaft integriert werden zu können. Vielleicht sollte sich das Land der Denker darauf konzentrieren, mehr Unternehmen zu gründen, die dann nach China verkauft werden können.

FLUGZEUGBAU MIT IRREFÜHRENDEN SIGNALEN

Honeywell hat in einer Veröffentlichung vor einer Woche von steigenden Kosten gesprochen, ohne zu erklären, dass man sich auf einen Umsatzsprung vorbereite. Steigende Kosten ohne mehr Umsatz ist natürlich negativ, entsprechend war die Aktie unter Druck geraten (-8%).

Zum Wochenbeginn hat nun Alcoa Quartalszahlen vorgelegt. Der Aluminium-Konzern von CEO Klaus Kleinfeld (uns aus seiner Zeit bei Siemens gut bekannt) hat sich in den vergangenen Jahren von einem reinen Rohstoffproduzenten zu einem Zulieferer von komplexen Systemen weiterentwickelt. Insbesondere Flugzeugbauer gehören zu den Großkunden des Konzerns.

Kleinfeld senkte die Unternehmensprognose für den Rest von 2016 sowie für 2017. Diese vorsichtige Prognose ist genau das, was ich Ihnen in der vergangenen Woche in Aussicht gestellt habe.

Ob letztlich die negativen Szenarien eintreten werden, wird sich erst in den nächsten Monaten zeigen. Diese Tage jedoch werden noch viele weitere CEOs ihre Prognosen an die vorhandenen Unsicherheiten anpassen und möglichst "konservativ" (Finanzdeutsch für "niedrig") schätzen.

Gestern Abend teilte übrigens David Cote, CEO von Honeywell, auf CNBC mit, dass seine vor einer Woche getätigten Aussagen völlig einseitig aufgenommen wurden: Nur die Risiken der hohen Kosten wurden von Analysten verstanden. Der von ihm als sicher in Aussicht gestellte Umsatzsprung sei den Analysten jedoch nicht aufgefallen.

CYBERSECURITY BLÜTEZEIT DEM ENDE NAH...

...das zumindest behauptet der Analyst Brent Thill von UBS. Am Mittwoch hat Fortinet seine Unternehmensprognose für das abgelaufene Quartal gesenkt, die Aktie war um 10% eingebrochen. Cybersecurity, die Sicherheit der diversen Internet-Geräte, befindet sich seit zwei Jahren in einer Boom-Phase, Aktien wie Fortinet, Cyberark und Palo Alto haben sich vervielfacht.

Es war aber nur Fortinet, die eine Gewinnwarnung ausgegeben haben. Von Cyberark und Palo Alto habe ich bislang keine ähnlichen Warnungen vernommen, dort scheint das Geschäft rund zu laufen. Es ist also gut möglich, dass die Probleme von Fortinet nur Probleme von Fortinet sind, nicht aber von der ganzen Branche. Wir werden auch hier auf die Quartalszahlen der anderen Unternehmen warten müssen (3.11. Cyberark, 21.11. Palo Alto), um Genaueres zu erfahren.

Für die derzeit immer stärker oszillierenden Aktienmärkte war diese Warnung ausreichend, um den gesamten Sektor auszuverkaufen. Dies lastet um so schlimmer, da diese Sicherheitsfirmen zu den wenigen Unternehmen mit sekulärem Wachstum zählen, mit Wachstum also, das unabhängig vom Konjunkturzyklus stattfindet.

SAMSUNG GALAXY NOTE 7 - PROBLEM WIRD ZUR LACHNUMMER

Ich habe vorige Woche das Phablet Galaxy Note 7 von Samsung als Konkurrenzmodell zum Smartphone iPhone 7 dargestellt. Einige Leser wiesen mich darauf hin, dass es sich um eine andere Gerätekategorie handelt. Bei dem Größenunterschied von 5,7 Zoll (Galaxy Note 7) zu 5,5 Zoll (iPhone 7 Plus) sehe ich meinen Vergleich durchaus als angebracht an. Apple wird mit seinem iPhone 7 von der Samsung-Schlappe profitieren.

Inzwischen liegen Berichte von so ziemlich allen europäischen Fluglinien vor, die in ihren Sicherheitshinweisen vor dem Start auf das Ausschalten der Smartphones oder aber den Betrieb ausschließlich im Flugmodus hinweisen, "...es sei denn, Sie haben ein Galaxy Note 7. Das schalten Sie es bitte vollständig aus." Ich denke, der Imageschaden wird sich erst noch zeigen und ist in den Milliardenkosten des weltweiten Rückrufprogramms noch lange nicht eingerechnet.

Bis heute ist Samsung des Problems noch nicht Herr geworden. Das passt zu meiner Einschätzung, dass es sich nicht um eine fehlerhafte Komponente handelt, die Samsung austauschen könnte, sondern um die gesamte Konzeption des Modells. Im Wettlauf nach mehr Leistung, mehr Funktionalität, mehr, mehr mehr, den Samsung nur noch gegen sich selbst führt, wurden einfach zu viele Komponenten in einem Schritt in das kleine Ding gepresst, so dass jede derzeit verfügbare Batterie damit überfordert ist.

Die Samsung-Pleite hat natürlich auch weitreichende Auswirkungen: LAM Research, KLA Tencor, Applied Materiels sowie eine ganze Reihe weiterer Halbleiterhersteller leiden unter dem Produktionsausfall dieses Gerätes, die entsprechenden Aktien sind in dieser Woche deutlich zurück gekommen.

Da Halbleiteraktien sich nach einigen schwachen Monaten in den vergangenen Wochen gerade wieder berappelt haben und sich anschickten, die erwartete Herbstrallye anzuführen, ist das Galaxy Note 7 Debakel ein Tiefschlag zur Unzeit.

Übrigens bei der Gelegenheit als kleine, nachgereichte Info zu meiner Wunschanalyse der Vorwoche: Ja, im ZAL Hamburg, dessen beeindruckenden VR-Raum (ich nannte ihn "Holo-Deck") ich vor zwei Wochen besichtigen durfte, wurde in dem Rechner, der die 3D-Graphik erzeugt, tatsächlich ein Nvidia-Graphikchip eingebaut: Der Nvidia M6000, Kostenpunkt ohne PC etwa 4.000 Euro. Ich werte dies als Bestätigung meiner Analyse, in der ich Nvidia als führenden Graphikchiphersteller im 3D-Bereich herausgestellt habe. Auch der hohe Kostenpunkt spricht dafür, dass in diesem Bereich derzeit durchaus Musik vorhanden ist.

ZINSERHÖHUNG IN SICHT

"Jetzt aber wirklich", ist immer wieder zu hören. Im November, spätestens aber im Dezember, müsse die US-Notenbank nun aber wirklich den Leitzins ein zweites mal anheben. Ehrlich.

Und davor haben die Finanzmärkte Angst. Zu Recht. Das Kalkül, das durch niedrige Zinsen Wirtschaftswachstum angekurbelt wird und schließlich durch ordentliche Wachstums- und Inflationsraten die Rückzahlung der Kredite leichter möglich sein wird, geht nicht auf. Das Wachstum lässt auf sich warten. Da reagieren Anleger panisch, wenn die Fed nun endlich doch noch zu ihrer vielfach angekündigten Zinsanhebung kommt.

Das sind so die Themen, die ich diese Woche aufgeschnappt habe. Die Kursbewegungen wurden durch diese Themen verursacht. Wenn ich mir jedoch die einzelnen Themen anschaue und dann sehe, dass nicht nur der gesamte DAX, sondern die Weltfinanzmärkte im Kielwasser von einigen wenigen Meldungen schwanken, fehlt mir der Antrieb, die verschiedenen Themen ernsthaft mit den starken Schwankungen in Verbindung zu bringen. Ich würde vielmehr sagen: Die Verunsicherung an den Finanzmärkten ist groß, eine Richtung gibt es nicht.

Schauen wir uns einmal die wichtigsten Indizes im Überblick an. Heute habe ich, anders als sonst, die Wochenschlusskurse verwendet (und nicht die Schlusskurse vom Donnerstag):

WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES

INDIZES 13.10.2016 Woche Δ

Dow Jones 18.173 -0,5%
DAX 10.580 0,1%
Nikkei 16.856 -0,3%
Shanghai A 3.207 2,0%
Euro/US-Dollar 1,10 -1,4%
Euro/Yen 114,31 -1,4%
10-Jahres-US-Anleihe 1,76% 0,02
Umlaufrendite Dt -0,10% 0,08
Feinunze Gold $1.255 0,1%
Fass Brent Öl $51,72 -1,5%
Kupfer 2.127 -1,1%
Baltic Dry Shipping 885 -3,3%



Zum Wochenausklang lieferte China Informationen über die inländische Preisentwicklung, die maßgeblich durch das Wachstum beeinflusst wird. Ohh Wunder, die Preisindizes sind stärker angestiegen als von Volkswirten in Folge der schwachen Handelsbilanz ausgerechnet. Kurz danach wurde die europäische Außenhandelsbilanz veröffentlicht. Und auch die lag deutlich über den Erwartungen.

Also: Der Schock, der durch die schwache Handelsbilanz Chinas verursacht wurde, ist schon wieder verschwunden. Die Aktienmärkte haben heute ihre Verluste wieder aufgeholt.

Hätten wir darauf wetten können? Nein, diese täglichen Stimmungsschwankungen sind für mich nicht berechenbar. Wir müssen uns etwas langfristiger orientieren, um in diesem Tohuwabohu nicht den Überblick zu verlieren.
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
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