Alt 27.11.10, 18:05
Standard Trotz Irland und Nordkorea „Bombenstimmung“ an der Börse
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„Einer für alle, alle für einen!“ scheint das neue EU-Motto, zumindest bei einigen Politkern zu sein. Nachdem Irland unter dem EU-Rettungsschirm schlüpfte, klopft nun auch Portugal an. Die sprunghafte Ausweitung der Spreads bei den Anleihen schreckte weniger die Anleger als vielmehr fast alle EU-Politiker auf. Nun soll ein noch größerer Rettungsschirm aufgespannt werden, was noch gefährlicher für den Ernstfall wird. Es werden jetzt eine ganze Reihe von Vorschlägen gemacht, um den Antikrisenmechanismus in der EU zu „optimieren“, denn das Thema „Staatsbankrott“ und Sprengen des Euro kocht immer wieder hoch und beunruhigt – zu Recht - die Anleger und auch die Bevölkerung.

Es wird wohl nun eine neue EU-Anleihe, möglichweise sogar als Floater, also mit variablen Zinssätzen, kommen, wo Deutschland automatisch wohl den größten Teil ausmachen wird. Neue Eurobonds für die EU fordert der Wirtschaftsweise Bofinger. Die Bundesregierung befürchtet aber auch dann ein schlechteres Rating durch die „PIGS“-Beimischung und das bedeutet höhere Zinsen. Der Bundesbankchef Axel Weber fordert indessen eine Aufstockung des EU-Rettungsschirms, was fast auf das gleiche rauskommt. Der deutsche Steuerzahler wird im Ernstfall also, falls es zu einem Staatsbankrott bei den „PIGS“ kommen sollte, ohnehin in absoluten Zahlen am meisten zur Kasse gebeten. Übrigens ist auch Frankreich sehr gefährdet und könnte im Rating weiter heruntergestuft werden.

Nach meiner Einschätzung war die Ausweitung der Spreads bei den Irland-Anleihen aber nicht nötig und somit künstlich geschürt – vom wem wohl?-, da Irland bis Mitte nächsten Jahres gar keine Zahlungsprobleme hatte. Wenn es aber die irischen Banken betrifft, dann verstehe ich nicht, wieso der Bankenstresstest zuvor so positiv ausgefallen war. Ich bin der Meinung, dass die Bankenstresstests noch schärfer sein sollten: Zudem sollte nach den Stresstest ein Masterplan entwickelt werden, wie im Stressfall schnell und unbürokratische zu reagieren ist, damit die Finanzmärket nicht unnötig verunsichert werden und Spekulanten dies ausnutzen können. Jede Erhöhung der Zinsen macht es den „PIGS“-Ländern schwierig (bis) unmöglich, den Haushalt zu sanieren. Diese Länder kommen durch die Spar- bzw. Haushaltskonsolidierungs-Auflagen dann in eine Rezession und damit in einen Teufelskreis. Die „PIGS“-Länder müssen alle sparen und die Steuern erhöhen – und das Volk geht auf die Straße, da es nicht einsieht, nur die Rettung der Banken selbst Einbußen hinzunehmen. Dies ist der Teufelskreis.

Der deutsche Bank-Chef Josef Ackermann plädiert jetzt sogar dafür, Russland in den Euro aufzunehmen, was ich für einen sensationell guten Vorschlag halte, denn der Rubel könnte den Euro aufgrund der geringen Staatsverschuldung besser stabilisieren als jedes andere Land in Europa. Mit Russland im Boot könnte der jetzt noch sehr unstabile Euro sogar langfristig dem Dollar als Leitwährung (letzt Leidwährung) Konkurrenz machen oder ihn ablösen. Russland wird jetzt auch NATO-verbündete bei der Terrorbekämpfung. Man diskutiert bereits über ein neues Raketenabwehrsystem, was sicherlich besser ist der „Kalte Krieg“ wie noch 2008 zu Zeiten des Georgien-Krieges. Vielleicht wird dann auch Tolstois „Krieg und Frieden“ neu verfilmt bzw. das Drehbuch dafür neu geschrieben.

Beim Eigenkapitalforum am 22. bis 24. November in Frankfurt/M waren die Konferenzräume gut gefüllt, wobei ich dort die Vorstellung von Unternehmen aus den Emerging Markets vermisst habe. Auch das Emerging Market Seminar „Neue Chancen in der Krise“ der ESI East Stock Informationsdienste GmbH am 24. November in Frankfurt/M war bis auf den letzten Platz ausgebucht, so dass der ESI-Seminar-Indikator auf „Sell“ steht. Die meisten Seminarteilnehmer sind im Moment sehr bullish eingestellt und hoffen auf eine Jahresendrallye. Ein zu hoher Optimismus deutet aber eher auf eine scharfe Korrektur im Dezember hin.

Beim Emerging Market Seminar stellte Richard Saidi von Danske Capital seinen neuen Russlandfonds vor und machte auf die weiterhin großen Chancen auf dem russischen Aktienmarkt aufmerksam. Dabei war der beim dem jüngsten Putin-Besuch bei Angel Merkel geäußerte Wunsch, eine neue EU-Freihandelszone von „Lissabon bis nach Wladiwostok“ zu errichten, noch gar nicht bekannt. Putin beklagt, dass es russische Unternehmer schwer haben, in Europa Fuß zu fassen, was umgekehrt aber sicherlich auch zutreffen dürfte. Gerade Deutschland könnte bei der Modernisierungsoffensive in Russland eine entscheidende Rolle spielen, was auch eine große Zukunftschancen bedeutet Angel Merkel stoppte zwar den Elan von Putin, indem das Projekt „Freihandelszone Russland/EU“ auf später verschoben wurde. Russland will in 2011 in die WTO, was das Land auch von Sentiment weiter nach vorne bringen könnte. Auch die nächste Privatisierungswelle „Privatisierung 2.0“ könnte im nächsten Jahr neue Impulse bringen. Das IPO der russischen „Google“ Mail.ru war 20-zigfach überzeichnet und stieg auch nach dem IPO in London um über 10% von 27 auf 30 €.

Saidi macht den Seminarteilnehmern auch deutlich, dass Russland weit mehr zu bieten hat als Rohstoffe. So entwickelte sich in Russland der Konsumsektor sehr positiv und der Konsumwert Magnit zum „everybody darling“ bei Institutionellen Investoren. Nach jeder Roadshow sprang der Kurs von Magnit um 10% in die Höhe, weil die Planzahlen jeweils übererfüllt und die Prognosen angehoben wurden. Magnit ist auch schon seit Februar letzten Jahres in dem Musterdepot des EAST STOCK TRENDS und stieg seitdem schon um 400%. Aber auch mit anderen Konsumwerten ließ sich in Russland eine deutliche Outperformance erzielen, während Energiewerte wie Gazprom und LUKoil in diesem Jahr nur seitwärts tendierten. Der RTS tendiert nach wie vor seitwärts und verharrt wie schon in der Vorwoche bei 1602 Indexpunkte (-0,99% am Freitag). Im nächsten Jahr bestehen aber aufgrund der niedrigen Bewertung Outperformancechancen.
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Andreas Männicke die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
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