Alt 24.11.12, 14:24
Standard So tickt die Börse: Unternehmensmeldungen dominieren
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Ich würde schon sagen, dass die jüngste Korrektur zu einem großen Teil durch Apple getrieben wurde. Die Aktie erreichte am Freitag vor einer Woche kurzzeitig die 400 Euro Marke und machte am Montag kehrt. So heftig wie der Ausverkauf, auf den viele Bären erfolgreich spekulierten, so heftig fand nun auch die Gegenbewegung, getrieben durch zunächst Shorteindeckungen, statt. Der Kurs schnellte um 11,5% auf 446 Euro hoch.

Seither ist die Luft raus. Frankreich erhielt in dieser Woche eine Abstufung durch die Ratingagentur Moodys, doch die Börse reagierte gar nicht darauf. Dell hat einen Umsatzeinbruch vermeldet, Hewlett Packard muss Milliarden für eine einst als strategisch wichtig bezeichnete Übernahme abschreiben, doch außer den beiden betreffenden Aktien gab es kaum Schockwellen zu diesen beiden Katastrophen. Immerhin: Positive Daten von SAP sorgten diese Woche beim Softwareentwickler für einen Kurssprung von 6,8%. Doch seit der Gegenbewegung, angeführt von der Apple-Erholung am Montag, ist an der Börse nicht mehr viel los.

Das liegt auch am Thanksgiving in den USA, dem sicher größten Familienfest in den USA. Da dort verschiedene Kulturen und Religionen zusammenleben, hat sich das Erntedank-Fest als Familienfest etabliert, von Donnerstag bis Sonntag stehen die Maschinen still ... außer im Einzelhandel.

Für den Einzelhandel hat das Thanksgiving-Wochenende eine besondere Bedeutung. Es läutet das Weihnachtsgeschäft ein und zählt zum umsatzstärksten Wochenende des Jahres. Am heutigen Black Friday werden spezielle Rabatte eingerichtet, mit denen die Kunden gelockt werden, und auch Ihr Autor nutzt den heutigen Tag, um seine Apple-Infrastruktur auf einen neuen Stand zu bringen.

Ab Montag ist in den USA jedes Haus weihnachtlich geschmückt, "Ho, ho, ho" tönt es aus jedem zweiten Lautsprecher, und die Menschen wirken gestresster. So ist denn auch die Ungewissheit im Einzelhandel groß: Werden sich die Menschen aufgrund des befürchteten fiscal cliffs, dem Wegfall der Steuererleichterungen zum Jahreswechsel, mit ihren Geschenken zurückhalten? Oder wirken diese Steuererleichterungen nur für diejenigen, die ohnehin nicht auf's Geld schauen?

Das drohende fical cliff hat nach den US-Präsidentschaftswahlen in Rekordgeschwindigkeit 5% vom Dow Jones geraubt. Binnen nur zwei Wochen wurde der Optimismus, der sich mit der Wiederwahl Obamas verband, in eine Weltuntergangsstimmung gedreht. Zähe Verhandlungen mit Griechenland und die kriegerischen Auseinandersetzungen im Nahen Osten taten das ihrige hinzu, um jeglichen Optimismus auszuradieren.

Das wirklich beeindruckende an dieser Entwicklung sind nicht die Inhalte der Damoklesschwerter. Es ist die Geschwindigkeit, mit der sich der Markt dreht. Noch am vergangenen Freitag entschied ich "Umstellung auf Krisenmodus" und stellte mich auf weitere Ausverkäufe ein. Doch schon während ich schrieb, rauschten die Aktienindizes so stark in den Keller, dass zum Wochenende kaum noch Verkäufer vorhanden waren.

Und schon der Funke einer Hoffnung auf einen Kompromiss beim fiscal cliff sorgte am Montag für eine Rallye, die uns inzwischen wieder in eine neutrale Zone geführt hat. Es scheint, als seien die Befürchtungen, für deren Abarbeiten ich mehrere Wochen ansetzte, bereits abgearbeitet.

Nun wendet sich der Blick auf das Jahresende. Das fiscal cliff scheint nun eingepreist zu sein. Anleger rechnen mit irgendeinem Kompromiss. Es wird einige Steuererhöhungen geben, doch niemand erwartet ein grundsätzliches Scheitern der Verhandlungen. Entsprechend dürften die Verhandlungserfolge und -rückschläge in den kommenden Wochen nur noch bedingt auf die Aktienkurse wirken.

In Europa haben wir uns ebenfalls an das Chaos gewöhnt. Weder Griechenland ängstigt die Anleger, noch ein vorläufiges Scheitern der Budgetverhandlungen in Brüssel. Irgendwie wird man sich schon durchmogeln, haben die Anleger gelernt und bleiben cool.

Der Blick auf das Jahresende nimmt nun also zunehmend Weihnachten ins Visier, das Familienfest. Die Weihnachtsmärkte werden Glühwein ausschenken, man wird das turbulente Jahr mit dem einen oder anderen Freund durchsprechen und seine Schlüsse für das Jahr 2013 ziehen. Vielleicht positionieren sich einige Anleger in den kommenden Wochen schon für das neue Jahr. Doch der Handelsumsatz wird zurückgehen.

Und das birgt ganz eigene Chancen und Risiken. Je dünner das Handelsvolumen, desto leichter ist es, heftige Kursausschläge zu erzeugen. Mangels breiter Teilnahme werden einzelne Unternehmen kaum noch den Gesamtmarkt mitziehen können, sondern eben individuelle Kursbewegungen vollziehen. Es ist eigentlich die perfekte Zeit für uns, auch unser Portfolio zu überarbeiten, Kurssprünge zum Verkauf und Einbrüche zum Aufbau von Positionen zu nutzen.

Eine Position werden wir heute bereits aufbauen, doch mehr dazu im nächsten Kapitel. Schauen wir uns zunächst die Wochenperformance der wichtigsten Indizes einmal im Detail an:

WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES

INDIZES (22.11.12) | Woche Δ

Dow Jones: 12.837 | 2,3%
DAX: 7.245 | 2,9%
Nikkei: 9.367 | 3,8%
Euro/US-Dollar: 1,29 | 1,1%
Euro/Yen: 106,15 | 2,7%
10-Jahres-US-Anleihe: 1,69% | 0,10
Umlaufrendite Dt: 1,09% | 0,02
Feinunze Gold: $1.734 | 1,0%
Fass Brent Öl: $110,44 | -0,5%
Kupfer: 7.711 | 0,8%
Baltic Dry Shipping: 1.084 | 5,9%



Erneut hat der Nikkei alle Rekorde gebrochen. Der Yen ist nun seit einigen Wochen schwach, was der japanischen Wirtschaft hilft. Doch mit 106,15 Yen je Euro ist die japanische Währung historisch gesehen noch immer ziemlich hoch bewertet. Es besteht also noch viel Luft für Abwertungen, denken sich die Anleger optimistisch und jubeln den Nikkei weiter in die Höhe. Entsprechende Absichtserklärungen der japanischen Regierung stützen diese Erwartung.

Die heftigen Kursschwankungen der Aktienmärkte wurden an den Rohstoffmärkten nicht mitgemacht. Dort halten sich die Preise auf hohem Niveau in Erwartung einer anziehenden Konjunktur dank China. Der Goldpreis notiert mit 1.733 USD/Oz nunmehr seit fast anderthalb Jahren ohne große Veränderungen. Wir laufen nun mit großen Schritten auf das Jahr 2013 zu, und meiner seit Anfang des Jahrtausends vertretenen Richtschnur nach endet damit die Zeit, in der wir Gold ohne groß zu überlegen kaufen konnten.

In den Jahren 2013 bis 2017 erwarte ich heftige Preisschwankungen beim Gold, was mit einer Neustrukturierung unseres Weltfinanzsystems einher gehen dürfte. Trotz der heftigen Finanzkrisen der vergangenen Jahre spielt das Geld in meinen Augen noch immer eine viel zu bedeutende Rolle in unserer Gesellschaft. Werte wie Qualität und Nachhaltigkeit sind in den Hintergrund getreten, es sind bestenfalls Modeworte der Intellektuellen. Doch bei den wirtschaftlichen Entscheidungen spielen sie kaum eine Rolle.

Und Geld, mehr Geld, und dann ganz viel Geld sind keine vermittelbaren Ziele für ein Unternehmen. Ich weiß, für einen Börsenbrief klingt das nun ziemlich weit links. Ich denke aber, dass es gerade die konservativen Menschen leid sind, sich mehr mit dem Vermögenserhalt zu beschäftigen als mit Dingen ihrer Tätigkeit, und ich erwarte, dass es in den kommenden Jahren einfacher werden wird, Unternehmen aufzubauen und Arbeitsplätze zu schaffen.

Der Goldpreis steigt, wenn Menschen das Vertrauen in die eigene Währung, in das eigene System verlieren. Ich denke, wir haben hier schon einen recht hohen Frustrationsgrad erreicht. Änderungen finden nur im Ausnahmefall kontrolliert und schrittweise statt, meist gibt es zuvor nochmals Chaos. Sollten wir nochmals ein wenig Chaos bekommen, dann dürfte der Goldpreis noch weiter in die Höhe schnellen. Vielleicht sind Anleger jedoch inzwischen abgeklärt genug, um eine Kaufpanik im Gold zu vermeiden. Vielleicht sind unsere Politiker inzwischen aufgeklärt genug, um einen strukturierten und schrittweisen Umbau zu bewerkstelligen... hmmm, nein, das glaube ich nicht wirklich.

Also bleiben wir beim Gold vorerst dabei, werden aber ein wenig weniger aggressiv mit unseren Käufen.

Schauen wir uns einmal die Stimmung an den Märkten an:

SENTIMENTDATEN

Analysten
Empfehlungen (Anzahl Empfehlungen): Kaufen / Verkaufen
02.11.- 09.11. (311): 48% / 11%
09.11.- 16.11. (271): 43% / 14%
16.11.- 23.11. (222): 52% / 15%

Kaufempfehlungen der Analysten
Südzucker, Sky Dtl., Apple

Verkaufsempfehlungen der Analysten
Commerzbank, E.On, Hewlett-Packard

Privatanleger
45. KW: 63% Bullen (165 Stimmen)
46. KW: 60% Bullen (154 Stimmen)
47. KW: 65% Bullen (193 Stimmen)

Kaufempfehlungen der Privatanleger
Apple, E.On, Commerzbank

Verkaufsempfehlungen der Privatanleger
Qualys Inc., Archos S.A., Ciments Francais


Nachdem sich Analysten in den Vorwochen vornehm zurückgehalten haben, nutzen Sie diese Woche um kräftig bullische Empfehlungen zu erstellen. Bemerkenswert ist, dass Apple sowohl von Analysten als auch von Privatanlegern häufig empfohlen wird. Der Ausverkauf bis auf 400 Euro zeigt, dass sich dort zumindest eine kräftige Unterstützung befindet und ein weiteres Abrutschen verhindert.

Witzig finde ich die Tatsache, dass Analysten vor der Commerzbank und E.On warnen, während Privatanleger gerade dort die besten Chancen sehen. Bei E.On schlage ich mich eindeutig auf die Seite der Analysten. Ich habe im Heibel-Ticker bereits mehrfach ausgeführt, dass unsere Versorger auf absehbare Zeit von der politischen Seite kaum Möglichkeiten erhalten werden, überraschend gute Gewinne zu erwirtschaften. Jeder eingenommene Euro wird skeptisch beäugt und hinterfragt, und wenn sich eine Möglichkeit bietet, ihn mit einer Zusatzsteuer zu belegen, wird die Politik aktiv werden.

Die Commerzbank hingegen ist inzwischen aus dem Gröbsten raus und hat nun nur noch das Problem, nicht mehr so lukrativ zu sein wie vor den Finanzkrisen. Die Umstrukturierungen zeigen Spuren, das Unternehmen ist nun verstärkt im vermeintlich langweiligen und geringmargigen Geschäft der Spareinlagen und Kredite unterwegs. Immer wieder erwarten Anleger große Gewinnsprünge, doch die bleiben bis auf Weiteres aus. Dafür jedoch ist das Institut in meinen Augen vor einer Insolvenz vorerst gerettet, was mittelfristig ein deutlich höheres Bewertungsniveau zulassen sollte. Hier schlage ich mich also auf die Seite der Privatanleger, man braucht aber starke Nerven.

Schauen wir einmal, welchen Unternehmen die Analysten die größte Kurschance geben:

TOP ANALYSTENZIELE

Sie wollen wissen, was die Analysten im Einzelnen für Aussagen treffen und wo sie die größten Chancen sehen? Ich habe für Sie ab sofort jede Woche eine Übersicht der Analysen mit den höchsten Kurszielen ausgearbeitet. Die Liste zeigt ganz einfach an, wo das aktuelle Kursziel des Analysten prozentual am meisten über dem aktuellen Kurs liegt:

Unternehmen | Analyse v. | Kurs | Kursziel | Upside

Continental | 23.11 | 79,86 € | 125,00 € | 56,52%
Evotec | 23.11 | 2,63 € | 4,10 € | 55,89%
Hochtief | 21.11 | 39,55 € | 60,00 € | 51,71%
K+S | 19.11 | 33,09 € | 50,00 € | 51,10%
Aixtron | 19.11 | 9,74 € | 14,50 € | 48,87%
Kontron | 20.11 | 3,36 € | 5,00 € | 48,81%
Celesio | 22.11 | 13,12 € | 19,00 € | 44,82%
Dt. Telekom | 22.11 | 8,34 € | 12,00 € | 43,88%
Daimler | 20.11 | 36,66 € | 52,00 € | 41,84%



Es handelt sich um Analysen aus dieser Woche. Bitte genießen Sie diese Übersicht mit Vorsicht. Sie wissen ja, dass häufig auch ein Eigeninteresse des Analysten für eine rosa Brille sorgen kann, weshalb Analysteneinschätzungen tendenziell optimistischer ausfallen als es die Realität anschließend erlauben würde. Aber die Übersicht gibt einen Eindruck darüber, wo die Erwartungen mit dem aktuellen Kurs am weitesten auseinander liegen. Wer letztlich Recht haben wird, der Analyst oder die Anleger, die den Kurs machen, ist in jedem Einzelfall individuell zu beurteilen.

Bunt durch den Gemüsegarten gibt es hier Empfehlungen der Analysten, die den Fokus auf Einzelempfehlungen belegen. Es wird nicht blind eine Branche nach oben gejubelt, sondern Analysten sehen Chancen bei einzelnen Unternehmen, die in ihren jeweiligen Bereich besonders gut aufgestellt sind.
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis)  
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