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Schauen wir diese Woche gleich mal auf die Entwicklung der wichtigsten Indizes, denn daraus lässt sich eine Menge dessen ableiten, was derzeit in der Welt passiert:
WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (11.04.2013) | Woche Δ Dow Jones: 14.865 | 1,8% DAX: 7.872 | 0,7% Nikkei: 13.462 | 4,4% Euro/US-Dollar: 1,31 | 1,4% Euro/Yen: 130,35 | 4,8% 10-Jahres-US-Anleihe: 1,79% | 0,03 Umlaufrendite Dt: 1,08% | 0,02 Feinunze Gold: $1.561 | 0,5% Fass Brent Öl: $104,31 | -2,0% Kupfer: 7.613 | 1,9% Baltic Dry Shipping: 865 | -0,1% Der Nikkei ist um 4,4% angesprungen. Notenbankchef Kuroda hatte vor einer Woche eine heftige Liquiditätsflutung Japans angekündigt. "Hätte ich doch in den Nikkei investiert", wird sich nun der eine oder andere von Ihnen denken, doch das wünschen Sie sich nicht wirklich. Gleichzeitig hat der japanische Yen nämlich 4,8% gegenüber dem Euro abgegeben. Unter'm Strich wäre Ihr Investment in den Nikkei heute weniger wert als vor einer Woche, der Wechselkursverlust hätte den Nikkei-Gewinn vollständig aufgezehrt. Allen Bärenrufen zum Trotz ist der DAX nicht eingebrochen, mit einem Wochenplus von 0,7% wurden die Verluste der Vorwoche nahezu ausgeglichen. Nicht berühmt, aber immerhin. Nachdem zuvor die Jagd nach Dividendentiteln dominierte, haben sich Anleger nunmehr auf die Außenseiter konzentriert: Die Aktien, die von der bisherigen Rallye weitgehend vergessen wurden: Die Deutsche Bank und die Commerzbank sowie E.On und RWE stehen an der Spitze der Wochengewinner. Es ist ein bekanntes Verhalten: Die wirklich guten Unternehmen sind schon gut gelaufen (Bayer, Merck, Beiersdorf, Lufthansa), und kein Anleger möchte den steigenden Kursen gerne hinterherlaufen. Also schaut man, wer noch "Nachholpotenzial" hat. Dabei übersehen Anleger häufig die Gründe für die bislang schlechte Performance dieser Aktien. Ich wäre also vorsichtig, aus den derzeitigen Gewinnern einen nachhaltigen Trend abzuleiten. Mit 1,08% Rendite ist eine Staatsanleihe nicht unbedingt eine attraktive Alternative, und so ist auch das niedrige Zinsniveau eine weitere Erklärung für die stabile Verfassung der Aktienbörse trotz der Hiobsbotschaften im Euroland. Wohin sonst soll man sein Geld bringen, wenn Spareinlagen nicht mehr sicher sind, wie wir in Zypern gesehen haben, und Staatsanleihen kaum Zinsen abwerfen? Ähnlich sieht es in den USA aus. Auch dort ist das Zinsniveau zu niedrig. Doch die USA unterscheiden sich in einem Punkt von Europa, von Japan und von China: Sie haben einen Notenbankchef, der Geld mit dem Helikopter über der Bevölkerung verteilt, wenn nötig, und sie haben eine Regierung, die handlungsunfähig ist. "Gridlock" nennen die Amerikaner diese Situation in Washington, Stillstand. Obama redet über ein partielles Waffenverbot und über Kriegstreiberei in Nordkorea. Er weiß, dass er in Sachen Steuern, Sozialhilfen, Gesundheitsausgaben und Wirtschaftsförderung derzeit nichts bewegen kann, die Opposition wird jegliche Änderungen verhindern. 1994 bis 1998 hatte Präsident Clinton schon einmal eine solche Situation und es war eine der wirtschaftlich besten Zeiten für die USA. Unternehmern ist es relativ egal, wie Entscheidungen ausfallen, Hauptsache Entscheidungen fallen. Gewissheit ist das, was ein Unternehmer zum Planen braucht. Natürlich gibt es mehr oder weniger freundliche Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, dementsprechend werden dann mehr oder weniger Investitionen durchgeführt. Nur eines schadet wirklich: Ungewissheit. Sie bringt Unternehmer dazu, mit einer Entscheidung über eine Investition abzuwarten, bis die Politik eine Entscheidung getroffen hat. In der US-Politik sind alle Entscheidungen gefallen, die Obama beeinflussen bzw. anschieben konnte. Von nun an herrscht für die nächsten mindestens zwei Jahre eine Patt-Situation in Washington, gridlock, und Unternehmer müssen nicht mehr auf ausstehende Entscheidungen warten. Sie können nun planen, denn in den nächsten zwei Jahren wird sich an den Rahmenbedingungen nichts ändern. Es ist die beste aller Welten für die Amerikaner: Washington verschwindet vom Radar und Notenbankchef Ben Bernanke hält die Geldschleusen weit offen, um die politischen Fehler (Zwangskürzungen des Haushaltsbudgets durch ausbleibende Einigung im Steuerstreit) mit Liquidität aufzufangen. Das erkennen auch die Japaner, die ihr Geld vor der Entwertungskampagne des Notenbankchefs Kuroda in Sicherheit bringen. Wohin? Na, ganz bestimmt nicht nach Europa, nachdem Spareinlagen in Zypern und Unternehmensanleihen in Holland für die Refinanzierung von Banken und Staaten herangezogen wurden. Ich weiß, es ist noch ein weiter Weg von dort bis zu ähnlichen Maßnahmen in Deutschland, und ich habe noch keine Angst um meinen Spargroschen, doch welcher Japaner kann innerhalb Europas so gut differenzieren wie wir Europäer selbst? Im Zweifel bleibt er Europa lieber fern und verschiebt sein Vermögen in die USA. Dort erkennt auch der Japaner bald das niedrige Zinsniveau und die günstigen Rahmenbedingungen für Unternehmen, und so wird das Geld schon bald in Aktien angelegt. Bislang waren Dividendentitel gefragt doch diese Woche haben auch in den USA insbesondere diejenigen Aktien zugelegt, die bislang vergessen wurden. Der Dow Jones eilt von Allzeithoch zu Allzeithoch, selbst der S&P 500 hat inzwischen sein Allzeithoch von von 2007 und 2000 hinter sich gelassen. Nachdem in den vergangenen Wochen Kritiker gebetmühlenartig davor warnten, dass sich das Gewinnniveau der Unternehmen nicht halten könne, zeichnet sich nun ab, dass im Falle einer weltweiten wirtschaftlichen Erholung im zweiten Halbjahr nun doch das Gewinnniveau gehalten werden könnte. So schwenkt nun die Rhetorik um in ein kritisieren der Bewertungsniveaus: Einzelne Highflyer werden herausgestellt und als Symbol eines überteuerten Marktes genannt. Doch die Fakten sehen anders aus: Rechnet man alle Gewinne des Jahres 2012 der S&P 500 Unternehmen zusammen und errechnet daraus ein aktuelles Kurs/Gewinn-Verhältnis, so ergibt sich ein KGV von 15, was historisch günstig ist. Und während die Gewinnerwartungen für 2013 seitens der Analysten in den vergangenen zwölf Monaten kontinuierlich gesunken sind, zeichnet sich nun eine Bodenbildung ab, es könnte schon bald zu einer Erhöhungsorgie bei den Erwartungen der Analysten kommen. Ein zu hohes Bewertungsniveau kann ich also im US-Markt trotz Allzeithochs nicht erkennen. Fazit: Kurzfristige Kursbewegungen werden immer durch bestimmte Ereignisse losgetreten, wie derzeit beispielsweise durch die Kapitalflucht aus Japan, vielleicht ist auch der eine oder andere vermögende Europäer dabei. Während sich solche kurzfristigen Trends stets als Sondereffekt diskreditieren lassen, der auch kurzfristig ins Gegenteil umschlagen kann (kurzfristige Korrektur), so sind doch die mittelfristigen Faktoren insbesondere in den USA überaus vielversprechend. Liquiditätsflutung durch die Notenbank bei einer handlungsunfähigen Politik und günstig bewerteten Unternehmen lassen mich darauf setzen, dass wir in 12 bis 18 Monaten noch deutlich höhere Kurse sehen. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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