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Vergangene Woche hat US-Notenbankchef Ben Bernanke den Anfang vom Ende der Liquiditätsflutung in Aussicht gestellt. Er hat dies so vorsichtig formuliert wie möglich, dennoch haben die Finanzmärkte heftig darauf reagiert.
Die Rückführung der Liquiditätsflutung sei abhängig von der weiteren Konjunkturentwicklung, hat er gesagt. Das sollte allen Anlegern klar machen, dass er nur dann Liquidität aus dem Markt nehmen wird, wenn die Konjunktur damit nicht beeinträchtigt wird. Dennoch haben Anleger ad hoc Anleihen auf den Markt geworfen. Die Rendite für die 10-Jahre laufende US-Staatsanleihe sprang von 2,1% auf 2,6%. Am 22. Mai, als Bernanke erstmals das Wort "Tapering", derzeit in den USA das Synonym für die Rückführung der Liquiditätsflutung, in den Mund nahm, stand die Rendite noch unter 2%. Anleger kaufen Anleihen, um ihr Vermögen zu "erhalten" und um einen erträglichen Zinsfluss zu bekommen. Die Zinsen waren in den vergangenen Jahren kläglich. Doch die Gefahren an den Aktienmärkten waren groß, sodass viele sicherheitsorientierte Anleger mit den niedrigen Zinsen zufrieden waren. Die Erwartung steigender Zinsen führt dazu, dass eine Anleihe, die heute beispielsweise mit 2% verzinst wird, in einem Umfeld von 4% Zinsen nur mit einem heftigen Abschlag verkauft werden kann, um den niedrigen Zins zu kompensieren. Wer kauft schon eine 2%-Anleihe, wenn es 4%-Anleihen gibt? Da muss man im Preis kräftig entgegenkommen, wenn man das Ding loswerden will. Diese Erwartung nimmt der Preiseinbruch am Anleihemarkt nunmehr vorweg. Für Banken wiederum ist ein moderat steigender Zins vorteilhaft. Sie können die Kreditzinsen für drei oder fünf Jahre laufende Finanzierungen erhöhen, während sie gleichzeitig nach wie vor das für den Kredit erforderliche Geld täglich neu zu 0,1% bei der Notenbank leihen. Der Zinsgewinn steigt also. Doch der Zins darf aus Sicht der Notenbank nicht zu schnell ansteigen. Viele Unternehmen und in den USA auch viele Häuslebauer finanzieren sich mit variablen Zinsen, die sich am Tageszins orientieren. Moderat steigende Finanzierungskosten können in der Regel durch die parallel anziehende Konjunktur wettgemacht werden. Die Geschäfte laufen besser, das Einkommen steigt. Steigt der Zins jedoch zu schnell, dann geraten viele Finanzierungen aus dem Ruder. Es kommt wieder zu einer Pleitewelle, die übrigens nicht nur die finanzierenden Unternehmen schädigt und auch nicht nur die Häuslebauer, sondern auch die Banken, die dann steigende Ausfälle beklagen. Das ganze System kommt ins Wanken. Es ist also klar: Die Jahrzehnte der fallenden Zinsen neigen sich dem Ende. Doch schnell ansteigende Zinsen wären Gift für die Trendwende und könnten sie schlimmstenfalls sogar in Frage stellen. Bernanke muss also bei dieser Trendwende sehr vorsichtig vorgehen. Mit seinen Worten muss er die Finanzmärkte und die Wirtschaft auf steigende Zinsen vorbereiten, doch er muss ihnen gleichzeitig auch zeigen, dass es noch genügend Zeit gibt um sich darauf vorzubereiten. Bernanke muss das richtige Gleichgewicht in seinen Worten finden, er braucht ein ausgewogenes Yin & Yang. EZB-Chef Supermario Draghi geht das Problem von einer ganz anderen Seite an: Ein Konjunkturaufschwung ist in Europa noch nicht in Sicht, bestenfalls sprechen wir von einer Stabilisierung der Konjunktur, also ein Ende des Konjunktureinbruchs. Insbesondere die Club-Med Länder haben nun Angst vor einem baldigen Ende der Liquiditätsflutung durch die EZB. Draghi ruft in diese Verunsicherung hinein, dass er gegebenenfalls bereit sei, den Leitzins weiter zu senken und auch weitere "unkonventionelle" Schritte zu gehen. Insbesondere vor dem Hintergrund der nach wie vor recht robusten deutschen Wirtschaft ist diese Aussage natürlich kritisch. Draghi muss ganz Europa mit einer Geldpolitik beglücken, die kaum auf regionale Unterschiede eingehen darf. So muss er nunmehr den Club-Med Ländern Zuversicht vermitteln, Versprechungen, damit die dortigen Unternehmen Mut fassen, investieren und dadurch tatsächlich für eine Bodenbildung, vielleicht sogar bald einen Aufschwung sorgen, während er gleichzeitig den Deutschen die Angst vor einer inflationären Geldpolitik nehmen muss. Wollen wir also hoffen, dass seine "leeren Versprechungen" bereits die gewünschte Wirkung erzielen. Auch Draghi ist also auf der Suche nach dem Gleichgewicht, dem Yin & Yang. Kommen wir also zum Yin & Yang: Auch in China sucht man nach dem richtigen Weg für ein anhaltendes, stabiles Wirtschaftswachstum ohne die Spitzen der vergangenen Jahrzehnte. Sie erinnern sich: China ist in guten Zeiten mit Wachstumsraten von 13% oder 14% Lokomotive der Weltwirtschaft gewesen, in schlechten Zeiten hingegen zog China in der jüngsten Zeit immer stärker die Weltwirtschaft mit in den Abgrund. Die neue Regierung möchte diese starken Schwankungen beenden und das Wachstum auf stabile 7-7,5% begrenzen. Seien Sie nicht überrascht, für ein Schwellenland wie China mit einer jungen, aufstrebenden Bevölkerung sind diese Wachstumsraten tatsächlich moderat. Sie sind nicht zu vergleichen mit unseren 1,5% Wachstum auf hohem Niveau mit alternder Bevölkerung. Dazu müssen die Exzesse der Vergangenheit bereinigt werden. Vergangene Woche beispielsweise hat man eine harte Linie gegenüber Banken gefahren, die Liquiditätsengpässe hatten. Viele Banken seien zu hoch gehebelt und müssen ihr Geschäft in den Augen der neuen Regierung zurückfahren. Mit Worten kommt man solchen Glücksrittern nicht bei, also müssen Schockwellen durch das Finanzsystem geschickt werden, um die Banken zur Vernunft zu bringen. Eine solche Schockwelle haben wir am Wochenende erlebt, als wider Erwarten KEINE Liquiditätshilfen durch die Regierung für die klammen Banken bewilligt wurden. Die Erinnerung an Lehman Brothers 2008 kam hoch, denn wenn eine Bank tatsächlich Pleite ginge, könnten die Schockwellen gigantisch sein, so die Befürchtung. Zu Unrecht, wie ich meine, denn im Kommunismus hat die Regierung einen besseren Einblick in das Geschäft ihrer Genossen als im Kapitalismus der USA. Zudem ist die Finanzwelt heute wesentlich stabiler und könnte solche Schocks besser auffangen. Zudem kam es nicht zu einem solchen Schock, denn als die Panik durch das chinesische Finanzsystem geisterte, griff die Regierung am vergangenen Dienstag dann doch in die Schatztruhe und schüttete wieder die gewünschte Liquidität über die Märkte. Die Botschaft ist angekommen: Der Hebel der Kreditgeschäfte chinesischer Banken muss zurückgeführt werden. Die Weltmärkte sind informiert und werden sich auf weitere Turbulenzen aus China einstellen. Schauen wir einmal, wie die wichtigsten Indizes auf diese Turbulenzen reagiert haben: WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (27.06.2013) | Woche Δ Dow Jones: 15.024 | 1,8% DAX: 7.991 | 0,8% Nikkei: 13.667 | 3,3% Euro/US-Dollar: 1,30 | -1,1% Euro/Yen: 129,01 | 0,2% 10-Jahres-US-Anleihe: 2,48% | 0,06 Umlaufrendite Dt: 1,40% | 0,05 Feinunze Gold: $1.204 | -7,0% Fass Brent Öl: $103,19 | 0,7% Kupfer: 6.785 | -0,9% Baltic Dry Shipping: 1.125 | 11,2% Im Wochenverlauf gab es heftige Verluste, die nach der Liquiditätsspritze Chinas am Dienstag wieder mehr als ausgeglichen wurden. Es bleibt jedoch die Erkenntnis, dass in China bis auf weiteres keine zweistelligen Wachstumsraten mehr zu erwarten sind. Es bleibt ebenfalls die Erkenntnis, dass die Zeiten der lockeren Geldpolitik zu Ende gehen - nicht nur in den USA, sondern auch in China. Entsprechend ist der Inflationsschutz Nr. 1, das Gold, diese Woche nochmals kräftig ausverkauft worden. Ein wichtiger Nährboden für die Goldhausse ist weg. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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