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Zinsen, Währungen, Ölpreis, ... so viele Dinge, die den DAX beeinflussen. Doch in diesen Tagen wird es noch komplizierter: Während der DAX überwiegend ein Derivat des Wechselkurses ist, wie ich Ihnen vor einer Woche erklärte, ist der Dow Jones ein Derivat des Ölpreises geworden. Und natürlich hat der DAX eine hohe Abhängigkeit vom Dow Jones, sodass auch der DAX unter den Ölpreisschwankungen leidet.
Die Zinsentscheidung der Fed spielt natürlich auch noch eine Rolle, aber nur eine untergeordnete. Die Tagesrichtung an den Börsen wird derzeit durch Öl und Wechselkurs bestimmt, das Zinsniveau bestimmt die mittel- und langfristige Richtung. Schauen wir uns dieses Gemenge einmal näher an. FED VERFOLGT IMMER MEHR ZIELE GLEICHZEITIG Am Mittwoch hat die US-Notenbankchefin Janet Yellen verkündet, dass der US-Leitzins von 0-0,25% auf 0,25-0,5% angehoben wird. Ich habe in zwei Updates die Heibel-Ticker PLUS Kunden bereits über die Bedeutung des Zinsschritts aufgeklärt, hier nochmals kurz das Wesentliche: In der schriftlichen Erklärung nimmt Yellen Stellung zu den Rahmenbedingungen, die beobachtet werden, um eine Zinsentscheidung zu treffen. Ziele der Fed seien Preisstabilität, gemessen an einer Inflationsrate von möglichst um 2%, sowie die Vollbeschäftigung, gemessen an der Arbeitslosenquote von möglichst 4%, was als Sockelarbeitslosigkeit gilt. INSTABILE SCHWELLENLÄNDER Bereits im September hatte die Fed mit der Aussage überrascht, globale Konjunkturentwicklungen und geopolitische Spannungen ebenfalls zu berücksichtigen. Damals waren die Schwellenländer unter Beschuss geraten. Viele Länder sowie deren Unternehmen sind hoch verschuldet in US-Dollar-Anleihen. Sie müssen also Zinsen in US-Dollar zahlen, und das tut weh, wenn der US-Dollar zu stark an Wert gewinnt, wie es meist vor dem Hintergrund von Zinserhöhungen der Fall ist. Höhere Zinsen in den USA machen den US-Dollar verhältnismäßig attraktiver, der Außenwert steigt und damit wird es schwerer für Staaten und Unternehmen, die ihr Geld in anderen Währungen verdienen, jedoch Zinsen in US-Dollar zahlen müssen. An der Börse hat man erleichtert darauf reagiert, dass die Fed also auch solche Probleme mit ins Kalkül zieht, wenn sie über die Zinspolitik entscheidet. Zu hohe Zinsen in den USA hätten nämlich zu einem Kollaps in den Schwellenländern führen können, was die Weltkonjunktur belasten würde und somit negative Auswirkungen wiederum auch auf die USA hätte. Dieses Mal hat die Fed neben der "Weltkonjunktur" auch noch die "Finanzmarktstabilität" explizit als Ziel genannt. Das ist erneut ein Novum und extrem wichtig für die Finanzmärkte. Denn in den Tagen vor der Zinsentscheidung gab es Turbulenzen am Finanzmarkt aufgrund eines Fonds, der seine Anteilseigner nicht mehr auszahlen konnte. INSTABILE FINANZMÄRKTE Hintergrund: Third Avenue Focused Credit Fund hatte in hochverzinsliche Unternehmensanleihen investiert. Je höher die Verzinsung, desto größer das Risiko, das brauche ich Ihnen nicht zu erklären. In den Jahren nach der Rezession 2008/2009 erholten sich viele Unternehmen und entwickelten sich deutlich besser als im Rahmen der Krise befürchtet. Dennoch gab es während der Krise viel Finanzierungsbedarf, und so gab es viele Unternehmen, die sich zu hohen Zinsen finanzierten. Diese hochverzinslichen Unternehmensanleihen waren in den Folgejahren eine lukrative Alternative zu den Niedrigzinspapieren der Staaten. Unternehmen, die sich gut entwickelten, lösten diese hochverzinsten Papiere bald ab. Es blieb jedoch der Anlagebedarf derer, die unbedingt mehr Zinsen für ihr Portfolio haben wollten. So zogen die Anleger ihr Kapital nicht von Third Avenue ab, sondern forderten aufgrund des bis dato großen Erfolges immer mehr von diesen hochverzinslichen Unternehmensanleihen. Sie können sich denken, was geschah: Die Qualität der Papiere, die der Fonds kaufen konnte, um den Zinsansprüchen seiner Investoren zu genügen, wurde immer schlechter. Es kam der Fracking-Boom der USA als letzter Notnagel, und so wurden viele der Fracking-Projekte auf diese Weise finanziert. Nun, da der Ölpreis nicht mehr über 100 USD/fass steht, geraten viele dieser Finanzierungen unter Druck. So langsam setzt sich diese Erkenntnis auch bei den Anlegern des Fonds durch und sie ziehen nun endlich ihr Kapital ab. Doch der Fonds hat inzwischen Papiere darin enthalten, die keiner mehr kaufen möchte. Das Thema hochverzinsliche Unternehmensanleihen ist vor dem Hintergrund der steigenden Leitzinsen nun durch. Die Papiere werden nicht mehr gehandelt, und so hat der Fonds bei vielen illiquiden Papieren auch keine Möglichkeit mehr, einen Marktpreis festzustellen. Nun bleiben zwei Möglichkeiten: Entweder man bewertet die illiquiden Papiere mit einem Marktwert von Null, denn nichts anderes muss der vorsichtige Kaufmann für Werte annehmen, die keiner haben will. Oder man schließt den Fonds. Seit der Finanzkrise gibt es nicht mehr die Pflicht, Unternehmenswerte zu Marktpreisen zu bewerten, also kommt der Fonds um diese Schmach herum. Das heißt im Umkehrschluss, dass der berechnete Fondswert den echten Verkaufspreis bei weitem übersteigt. Die Fondsanteile sind nur noch ein Bruchteil dessen wert, was berechnet wird. Es folgte also vor 10 Tagen ein Run auf diesen Fonds, Anleger zogen ihr Kapital massenweise ab, sodass die liquiden Mittel im Fonds schnell futsch waren. Verkäufe von Unternehmensanleihen hätten schnell offenbart, dass der Fondsanteil nur noch einen Bruchteil dessen wert ist, was zuvor berechnet wurde. Also beschloss das Management, die Auszahlungen zu stoppen. Damit wurde das Gesetz gebrochen. Es gibt Hedgefonds, die solche Regelungen in ihren Geschäftsbedingungen unterbringen. Es ist einer der Gründe dafür, warum Hedgefonds als überaus riskant gelten und für Privatanleger nicht geeignet sind. Fonds hingegen müssen eine tägliche Auszahlung ermöglichen. Das Stoppen der Auszahlungen ist nicht vorgesehen. Nun hatte der Third Avenue Focused Credit Fund lediglich 788 Mio. USD an Werten eingesammelt, das ist an der Wallstreet nicht viel. Doch dieser Schritt des Auszahlungsstopps wurde als Spitze des Eisbergs gesehen, denn es gib eine ganze Reihe von Fonds, auch viel größere Fonds, die sich diesem Thema verschrieben haben. Auf Yahoo! Finance gibt es eine Liste der Fonds, die im laufenden Jahr 10% und mehr an Wert verloren und mit entsprechenden Kapitalabzügen zu rechnen haben. (http://finance.yahoo.com/news/why-t...134706002.html). Die meisten davon sind im Thema hochverzinste Unternehmensanleihen unterwegs. Was also, wenn der Ölpreis weiter fällt? Noch mehr hochverzinsliche Unternehmensanleihen geraten unter Druck, noch mehr Fonds werden entsprechende Kapitalabflüsse verzeichnen und irgendwann bleibt es dann vielleicht nicht mehr bei nur einem kleinen Fonds wie Third Avenue, sondern irgendwann geht vielleicht auch mal ein großer Fonds in die Grätsche. Und dann würde eine große Verkaufswelle auf die Märkte treffen. Wenn man dieses Thema weiter fasst, dann gehören auch einige Staatsfonds zu den gefährdeten Finanzinstrumenten. Beispielsweise Saudi Arabien und Norwegen erwirtschaften bei dem niedrigen Ölpreis schon lange nicht mehr die hohen Einnahmen, mit denen sie in den vergangenen Jahren ihr System am laufen hielten. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese Staatsfonds von den Regierungen dazu angehalten werden, Anteile zu verkaufen, um das Staatssäckel zu füllen. Und auch das würde dann eine Verkaufswelle lostreten, die nicht nur den Anleihemarkt trifft, sondern alle Anlagebereiche, in denen sich diese Fonds liquide Mittel holen können - also auch die Aktienmärkte. Die US-Notenbank, die zunächst nur für die Geldwertstabilität konzipiert wurde und in den 1960ern auch den Arbeitsmarkt in ihren Verantwortungsbereich holte, fühlt sich heute zusätzlich für die Weltkonjunktur sowie die Finanzmärkte verantwortlich. Wenn man dies nun weiß, dann wird die Pressekonferenz, die Janet Yellen im Anschluss an die Zinsentscheidung abhielt, um so unverständlicher. YELLENS PRESSEKONFERENZ OFFENBART ALTERNATIVLOSIGKEIT Mehrere Journalisten fragten Yellen ganz direkt, was genau denn künftig das Ziel der Fed sei. Es ist schwer genug, ein Ziel zu verfolgen. Der Spagat zwischen zwei Zielen hat die Fed immer wieder vor unlösbare Aufgaben gestellt. Nun soll die Geldpolitik vier Ziele gleichzeitig im Auge behalten? Und wenn dem so ist, wie genau wurden denn dann nun die erstrebenswerten Ziele definiert? Anhand welcher Faktoren wurde denn die Zinsentscheidung gefällt? Yellens Antwort war sehr unbefriedigend. Zunächst teilte sie mit, dass man sich nicht um einzelne Fakten kümmere (dots). Es sei einfach an der Zeit gewesen, den Leitzins anzuheben, damit man im Falle eines Finanzmarktschocks in der Zukunft handlungsfähig sei. Mit meinen Worten: Die von uns gesteckten Ziele sind noch nicht erreicht, wir haben aber einfach trotzdem den Zins angehoben, weil wir es schon seit langer Zeit in Aussicht gestellt haben. Die Weltkonjunktur gibt eine Zinserhöhung zwar noch nicht her, aber wir haben uns selbst in eine Situation manövriert, in der wir nicht mehr zurückkönnen. Aber keine Angst, so Yellen weiter, wir sind in der Zukunft bereit, alles notwendige zu tun, wenn es erforderlich wird. Das ist verschlüsselte Sprache für "wir können den Zinsschritt ja auch wieder zurücknehmen". Ich hatte mir eine leichte Zinsanhebung gewünscht, und die haben wir bekommen. Ich habe mir auch gewünscht, dass die Fed mit weiteren Zinsanhebungen vorsichtig umgeht, damit die Finanzmärkte nicht in Panik verfallen, auch das ist geschehen. Doch ich habe mir auch gewünscht, dass dieser Zinsschritt mit den Zielen der Fed vereinbar ist, und das ist offensichtlich nicht der Fall. Das bereitet mir Sorgen. Schauen wir uns also einmal an, wie die Finanzmärkte auf die erste Zinsanhebung seit neun Jahren reagiert haben: WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (17.12.2015) | Woche Δ Dow Jones: 17.575 | 0,0% DAX: 10.738 | 1,3% Nikkei: 19.230 | 0,0% Euro/US-Dollar: 1,10 | 0,0% Euro/Yen: 133,63 | 0,0% 10-Jahres-US-Anleihe: 2,24% | 0,00 Umlaufrendite Dt: 0,42% | 0,00 Feinunze Gold: $1.070 | 0,0% Fass Brent Öl: $39,97 | 0,0% Kupfer: 4.682 | 0,0% Baltic Dry Shipping: 534 | 0,0% Im Vorfeld der Zinsentscheidung waren die Märkte kräftig unter Druck geraten. Die Zinsanhebung selbst war eingepreist, spekuliert wurde über die Worte Yellens. Und die fielen überaus friedlich aus, sodass weitere Zinsanhebungen, wenngleich sie von Yellen angekündigt wurden, kaum belasten dürften. Zur Erinnerung: Ein Leitzins bis 2% ist noch immer stimulierend für die Volkswirtschaft. Die Stimulation wird nur geringer, je höher der Zins. Und mit 0,25-0,5% kann man noch immer von einer hohen stimulierenden Wirkung sprechen. Höhere Zinsen machen den US-Dollar attraktiv, der Euro fällt also gegenüber dem US-Dollar (-1,2%). Das kommt vor allem der Exportnation Deutschland zugute, der DAX legte unter'm Strich um 1,3% zu während der Dow Jones 0,4% abgab. Während sich Währungen und Aktienkurse trotz unterwöchiger Schwankungen im Wochenvergleich kaum bewegten, zeigen die Rohstoffmärkte jedoch heftige Ausschläge. Der Ölpreis ist um 6,6% eingebrochen, was die schwache Börse am heutigen Freitag erklärt. Der Baltic Dry Shippingindex ist mit -11,8% unter 500 USD gerutscht. Dieses Niveau spiegelt eine Einstellung der Handelsaktivitäten in Rohstoffen wider. Und das ist natürlich gar kein gutes Zeichen. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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