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Ich denke, wir müssen ein Sprichwort aus dem deutschen Sprachgebrauch streichen. Denn der Freudensprung des DAX vom vergangenen Mittwoch (+2,7%) ist auf den Sack Reis zurückzuführen, der in China eben nicht umgefallen ist.
China hat sich vorübergehend vom Welthandel abgenabelt. Man wolle die Binnenkonjunktur entwickeln, hieß es aus China. Diese Umstellung führte zu heftigen Verwerfungen, insbesondere Im- und Export litten stark darunter und es wuchs die Befürchtung, Chinas Wirtschaft könne eine harte Landung hinlegen. Nach den zweistelligen Wachstumsraten der vergangenen Jahre werde es, so die Befürchtung, nicht bei einer Normalisierung in Richtung 7% oder 5% bleiben, sondern vorübergehend auch zu negativen Wachstumsraten kommen. In diesem Szenario würde dann auch die Im- und Exporttätigkeit noch weiter einbrechen als schon in den Monaten zuvor. Am Mittwoch hat nun China die Handelsbilanz für März veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass der Import nur um 7,6% geschrumpft ist, Analysten waren von -11,5% ausgegangen. Und der Export ist um 13,2% angezogen, hier hatten Analysten nur halb soviel erwartet. China meldet sich mit diesen Zahlen eindrucksvoll auf den Weltmärkten zurück. Ich hatte das bereits seit einigen Wochen in Aussicht gestellt, denn die Binnenkonjunktur lief stabil genug um Schlimmeres zu verhindern. Doch über die Binnenkonjunktur Chinas, den sprichwörtlichen Sack Reis, schert sich niemand. Zudem haben wir mit unserem Baltic Dry Verschiffungsindex Woche für Woche eindrucksvoll sehen können, wie die Preise für den Transport von Schüttgut nach und von China kontinuierlich anstiegen, mehrmals sogar um über 20% in nur einer Woche. Heute wurde eine weitere Zahl veröffentlich: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Chinas ist um 6,7% angewachsen. "Nur" rufen die Weltuntergangspropheten und erinnern, dass diese Rate vor wenigen Jahren noch bei 14% lag. "Eine harte Landung ist nicht in Sicht" rufen die ewigen Optimisten und führen an, dass insbesondere die Industrieproduktion, die als frühzyklisch gilt, über den Erwartungen angestiegen sei (um 6,8% statt der erwarteten 5,9%). Und auch der Einzelhandel entwickelt sich extrem robust (+10,5%), was ja das Ziel der Kommunistischen Partei ist: Die Binnenkonjunktur stärken. Meine Worte. "Wer hoch springen möchte, muss zunächst in die Knie gehen" schrieb ich vor zwei Wochen. Denn vor zwei Wochen, als der DAX bereits bei 10.000 Punkten notierte, gaben die Rahmenbedingungen keinen weiteren Kursanstieg her. Anleger waren schon investiert und es fehlte Kapital an der Seitenlinie, das für weitere Käufe und damit Kursanstiege hätte sorgen können. Nun hat der DAX bei 9.500 Punkten Schwung geholt und in Kapitel 04 werde ich analysieren, ob der Schwung ausreicht, um sich nun deutlich von den 10.000 Punkten nach oben abzusetzen. QUARTALSZAHLEN SCHWACH, AKTIEN STARK Vieles spricht dafür, dass die Rallye tatsächlich weitergeht. Die ersten Quartalszahlen aus den USA fielen grottenschlecht aus, dennoch bleiben die Kurse der entsprechenden Aktien stabil. Am Montag hat der Aluminium-Hersteller Alcoa die Berichtssaison eröffnet. Der Umsatz fiel mit 4,95 Mrd. USD gleich eine halbe Milliarde USD schwächer aus als von Analysten erwartet. CEO Klaus Kleinfeld nannte den extrem großen Preisdruck als Grund für den Umsatzrückgang. Die Aktie brach am Montag Abend von 9,75 auf 9,25 USD ein. Doch bereits am Dienstag holte die Aktie einen Großteil des Verlustes wieder auf. Bis gestern Abend stieg die Aktie schließlich auf 10,01 USD, steht heute also höher als vor den vermeintlich verheerend schlechten Zahlen. Im weiteren Verlauf der Woche folgten unzählige Finanzinstitute mit ihren jeweils überraschend schlechten Zahlen: J.P. Morgan, Bank of America, BlackRock und Wells Fargo konnten allesamt weder Gewinn- noch Umsatzerwartungen erfüllen (mit Ausnahme Wells Fargo beim Umsatz, der etwas höher ausfiel). Alle vier Bankaktien stehen heute deutlich höher als vor ihren jeweiligen Quartalszahlen. Eisenbahngesellschaft CSX spricht von rückläufigen Kohletransporten. Umsatz und Gewinn blieben hinter den Erwartungen zurück. Delta Airlines verzeichnet ebenfalls einen schwachen Umsatz, konnte aber durch gutes Kostenmanagement den Gewinn steigern. In Deutschland hat die Industrieholding Indus solide Zahlen vorgelegt. Autoscheinwerfer-Zulieferer Hella Hueck konnte zwar das Umsatziel erreichen, der Gewinn litt jedoch. Die defensive Aktie von Gerresheimer ist nach soliden Zahlen ausverkauft worden, sie war im Vorfeld bereits zu stark angestiegen. Alles in allem war der Start in die Berichtssaison grottenschlecht. Doch das war erwartet worden, im Vorfeld waren die Erwartungen der Analysten bereits so stark gesenkt worden wie seit vier Quartalen nicht mehr. Die Erwartungen waren also am Boden und mit der Veröffentlichung der Zahlen, egal wie schlecht sie auch sein mögen, atmen Anleger auf. Das ist also der Boden, von dem aus nun alles besser wird, scheinen Anleger beim Ausatmen vor sich hin zu säuseln. Schauen wir uns einmal die Entwicklung der wichtigsten Indizes im Wochenvergleich an: WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (14.04.2016) | Woche Δ Dow Jones: 17.926 | 2,2% DAX: 10.094 | 5,9% Nikkei: 16.911 | 7,4% Shanghai A: 3.225 | 2,4% Euro/US-Dollar: 1,13 | -0,9% Euro/Yen: 123,48 | -0,2% 10-Jahres-US-Anleihe: 1,78% | 0,09 Umlaufrendite Dt: 0,05% | 0,03 Feinunze Gold: $1.230 | -0,5% Fass Brent Öl: $44,11 | 12,6% Kupfer: 4.849 | 4,5% Baltic Dry Shipping: 597 | 15,5% Insgesamt ist der DAX diese Woche um 5,9% angesprungen. Übertroffen wurde der DAX nur noch vom Nikkei, der 7,4% zulegte. Je mehr die einzelnen Märkte in den vergangenen Monaten verloren hatten (per heute: DAX -6%, Nikkei -11,2%), desto stärker war diese Woche die Aufholjagd. Der Dow Jones, der als einziger Index bereits im Plus notiert (+2,9%), legte nur um 2,2% zu. Und selbst Aktien in China, dem Land, das vermeintlich kurz vor dem Abgrund steht, konnten um 2,4% zulegen. Ein wesentlicher Grund für die relative Stärke der Exportnationen Japan und Deutschland war der starke US-Dollar, der gegenüber dem Yen um 1,1% zulegte und gegenüber dem Euro um 0,9%. Die Parität ist seit einigen Wochen vom Tisch. Nun ist auch ein rasanter Anstieg Richtung 1,20 USD/EUR vorerst gestoppt. Zwischen 1,10 und 1,15 USD/EUR wird der Wechselkurs als fair betrachtet, keines der beiden Länder kann daraus Vor- oder Nachteile ziehen, solange dieses Niveau gehalten wird. Endlich also mal ein wenig Ruhe an dieser Front. Aus den USA hatten wir in der Vorwoche einige positive Konjunkturdaten erhalten. Entsprechend wird dort inzwischen wieder diskutiert, wann denn nun endlich die nächste Zinsanhebung folgen könnte. Fed-Chefin Janet Yellen hat kürzlich gesagt, sie bleibe vorerst in Warteposition, gleichzeitig entwickelt sich die Konjunktur vorteilhaft. Was kann es schöneres geben? Vor dem Hintergrund dieser erneut aufkeimenden Diskussion ist das Zinsniveau ein wenig angestiegen (+0,1 Prozentpunkte). Dieses Wochenende treffen sich die OPEC-Länder in Doha und verhandeln über mögliche Fördermengenkürzungen oder zumindest über das Einfrieren der aktuellen Fördermengen. Aus Vorfreude ist der Ölpreis bereits um 12,6% angesprungen. Es wird schwer für die OPEC-Länder, diese Vorfreude noch positiv zu überraschen. Wir dürfen gespannt sein, ich werde mich zum Beginn der kommenden Woche bei Ihnen melden, wenn es wichtige Ergebnisse gegeben haben sollte. Auch das Kupfer ist um 4,5% angesprungen, gemeinsam mit dem Preis für Eisenerz, Nickel, Zink und diversen anderen Industriemetallen. Auch hier gibt es noch keine Hinweise auf Fördermengenkürzungen oder Nachfrageanstiege. Doch wie so häufig dreht der Preis an der Börse früher als die fundamentalen Daten. Es würde mich nicht wundern, wenn wir in den kommenden Wochen "überraschende" Meldungen über eine anziehende Nachfrage nach Rohstoffen zu lesen bekommen. Viele Rohstoffe, nicht alle. Gold beispielsweise hat diese Woche Federn gelassen. Als Krisenhafen hat das Gold diese Woche nach den überraschend guten Zahlen aus China an Bedeutung verloren. So ist der Preis für die Unze Gold um 0,5% zurück gegangen. Wie bereits oben angesprochen ist der Baltic Dry Verschiffungsindex nochmals um 15,5% angesprungen. Seit dem Tief Mitte Februar ist dieser Index bereits um 105% angestiegen, mehr als eine Verdopplung der Transportkosten. | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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