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Da habe ich doch nicht schlecht gelegen, oder? Nach +5,9% in der Vorwoche legte der DAX diese Woche nochmals um 3,4% zu. So ziemlich alle Marktbeobachter hatten beim Erreichen der 10.000 Punkte-Marke im DAX reflexartig vor Rückschlägen gewarnt. Der Heibel-Ticker war meines Wissens die einzige Publikation, die bereits frühzeitig auf das bevorstehende nachhaltige Überwinden der 10.000 Punkte-Hürde hinwies und auch nach dem erfolgreichen Überspringen am bullischen Ausblick festhielt.
Wie immer, wenn man so gut liegt mit seiner Prognose, habe ich in den vergangenen zwei Wochen ziemlich schlecht geschlafen. Es braucht schon einiges, um sich so gegen die weit verbreitete Meinung zu stellen. Um so schöner ist es, wenn die Sache aufgeht und nun sollten wir, bevor der Größenwahn einzieht, Teilgewinne mitnehmen. Nachdem in der vergangenen Woche eine Reihe von Banken Quartalszahlen veröffentlichten, die schlechter ausfielen als erwartet, und deren Aktien dennoch anstiegen, ist es nun nicht mehr ganz so einfach. Doch noch immer zeigt der Markt eine relative Stärke, die weiterhin optimistisch stimmt. DAIMLER BELASTET DEN DAX So gab es heute eine ganze Reihe von Hiobsbotschaften, und dennoch hält sich der DAX verhältnismäßig gut (nur -0,5%), der Dow Jones notiert aktuell sogar im Plus. Gestern wurde Mitsubishi in Asien vorgeworfen, Abgaswerte manipuliert zu haben. Heute erhielt Daimler von der US-Justizbehörde die Aufforderung, das Zustandekommen der Abgaswerte intern und unter Einbeziehung von US-Aufsehern zu ermitteln. Hinter der Aufforderung steht eine Sammelklage. Es handelt sich um den ersten Schritt einer vermutlich längeren Prozedur. Zunächst wird also Daimler aufgefordert, die Abgaserhebungsverfahren vollständig transparent zu machen. Auf Basis dieser Informationen kann das Justizministerium dann im zweiten Schritt Fehlerquellen herausfiltern. Und sollte es nennenswerte Fehlerquellen geben, wird auch Daimler unter Druck geraten. Daimler notiert mit 5,5% im Minus und zieht BMW (-0,75%) mit in den Keller. Zwei Drittel der DAX-Werte notieren im Plus, können aber das Minus der beiden Autowerte nicht kompensieren. Seit dem VW-Abgasskandal habe ich Sie wiederholt vor Autowerten gewarnt. Die komplexe Motorentechnologie kann nur von deutschen Ingenieuren beherrscht werden, wenn überhaupt. Doch es scheint als kommen nun auch die deutschen Ingenieure an ihre Grenzen. VW, Mitsubishi, Daimler, ... allein der Umstand, wenn ein Unternehmen Verbrennungsmotoren herstellt, wird in einigen Jahren bereits ausreichen, um das Unternehmen als riskant einzustufen, wenn das so weiter geht. Passend dazu habe ich gestern eine ausführliche Daimler Wunschanalyse ausgearbeitet, die Sie in Kapitel 05 lesen können. Dort sind die heutigen Meldungen nicht enthalten. Daimler ist günstig, es läuft rund und dennoch ist die Aktie im Kielwasser des VW-Abgasskandals noch nicht abgehoben. Die heutige Meldung wird die Aktie weiterhin zurück halten. Wer mutig ist, der steigt hier ein. Ich erwarte keine skandalösen Ergebnisse in Folge der Untersuchungen, allerdings wird es eine Reihe negativer Meldungen geben, die Sie als Aktionär überstehen müssen. GOOGLE INVESTIERT WIE EIN BETRUNKENER MATROSE In den USA gab es gestern Abend gleich drei Tiefschläge: Alphabet, das Internetunternehmen formerly known as Google (RIP Prince) hat gestern Abend enttäuschende Q-Zahlen veröffentlicht. Umsatz und Gewinn sind um 17,4% bzw. 20% resp. angewachsen. Doch die Kosten sind überproportional gestiegen. 10.000 zusätzliche Arbeitnehmer hat Google eingestellt, die Einnahmen im Ausland wurden durch den starken US-Dollar geschmälert und die "other bets", die "anderen Wetten", mit denen Google in die Zukunft investiert, haben 200 Mio. USD mehr verschluckt als zuvor. Dabei hatte gerade die von der Wallstreet ins Silicon Valley gewechselte Ruth Porat als CFO von Google versprochen, die Investitionsfreude des Google-Managements in Zukunftsträume zu zügeln. Der Anstieg dieser Kostenposition erinnert nun jedoch mehr an die Spendierfreude eines betrunkenen Matrosen. Auch die Kosten pro Klick (CPC) für eine AdWords Werbung sind rückläufig, der Durchschnittspreis ist um 9% gesunken. Google notiert heute mi 5% im Minus. STARBUCKS MIT SCHWACHEM AUSBLICK Der zweite Tiefschlag heißt Starbucks. Das Unternehmen hatte vor drei Monaten mit schwachen Umsätzen in Europa negativ überrascht. Dieser Malus konnte nun ausgeglichen werden, die Erwartungen der Analysten wurden erreicht. 9% Umsatzwachstum über alle Märkte, 16% Gewinnwachstum können sich sehen lassen. Zudem ist die Gewinnmarge von 17% auf 17,3% angewachsen. Doch der Ausblick hat Anleger enttäuscht. 10% Umsatzwachstum und ein Gewinn von 1,85 bis 1,86 USD/Aktie im laufenden Jahr ist deutlich weniger als die von Analysten erwarteten 1,89 USD/Aktie Gewinn und die 12,5% Umsatzwachstum. Starbucks notiert aktuell mit 5,75% im Minus. MICROSOFT BRUCHLANDUNG Der dritte Tiefschlag stammt nun aus dem Hause Microsoft und hat auch mich überrascht. Satya Nadella steht bei mir hoch im Kurs, er hat den Konzern neu ausgerichtet und das Cloud- sowie Officegeschäft zu wichtigen Wachstumsträgern gemacht. Auch das Suface Tablet verzeichnet in diesem Anwendungsumfeld Erfolge. Doch neben diesen Highlights scheint bei Microsoft nicht viel zu laufen, und so haben die Zahlen unterm Strich enttäuscht. Die Xbox wird nach einem Jahrzehnt als erfolgreiche Spielekonsole sang und klanglos eingestellt. Auf dem Smartphonemarkt bekommt Microsoft keinen Fuß auf den Boden. Windows 10 ist gut vom Markt aufgenommen worden, hilft aber lediglich den Abwärtstrend im PC-Geschäft zu verlangsamen, nicht aber umzukehren. 4,25% lautet das Minus der Microsoft-Aktie am heutigen Tag. Während ich nun diese drei Tiefschläge beschrieben habe, ist der Dow Jones von einem leichten Plus in ein leichtes Minus gedreht. Das ändert nichts an meiner Einschätzung: Diese drei Tiefschläge haben es nicht geschafft, verwandte Aktien mit in den Keller zu reißen. Bei allen drei Unternehmen war zwischen den Zeilen zu lesen, dass ohne einen so starken USDollar insbesondere die Gewinnsituation deutlich besser ausgesehen hätte. Und mit einem Wechselkurs zwischen 1,07 bis 1,12 USD/EUR in den Monaten Januar bis März stand der US-Dollar damals deutlich tiefer als heute, denn der Wechselkurs scheint sich nun über 1,12 USD/EUR zu etablieren. WOCHENRÜCKBLICK Was ist noch passiert in der vergangenen Woche? In Japan und in Ecuador gab es verheerende Erdbeben mit hunderten Opfern. Es hätte niemanden überrascht, wenn diese beiden Ereignisse für einen Ausverkauf an den Börsen gesorgt hätten, immerhin sind einige Zulieferer der Smartphoneproduzenten im japanischen Erdbebengebiet angesiedelt und auf absehbare Zeit nicht lieferfähig. Die Aktie von Apple war aus diesem Grund unter Druck. Netflix hat mit 500.000 neuen Abonnenten das Ziel der Analysten von 586.000 neuen Abos klar verfehlt, die Aktie brach am Dienstag um 8% ein. Kein Wunder, denn ein Unternehmen mit einem KGV von 437 darf sich keinen Fehler leisten. Big Blue alias IBM hat den 16. Umsatzschwund in Folge verzeichnet. CEO Ginni Rometty erklärt Quartal für Quartal mit eindrucksvollen Worten, warum das nicht zu verhindern war. Doch ein Gegenmittel hat auch sie nach vier Jahren noch immer nicht gefunden. Gestern hat dann ein auf Short-Spekulationen spezialisierter Hedgefonds den deutschen Werbevermarkter Ströer unter Beschuss genommen. Ich habe eine ausführliche Analyse der Vorwürfe in Kapitel 06 vorgenommen. Wenn DAX und Dow Jones trotz solcher Hiobsbotschaften weiter aufwärts streben, dann wird das der Optimist als ein Zeichen von extremer Stärke darstellen, der Pessimist wird konstatieren, dass die Einschläge immer näher kommen. Schauen wir einmal, wie sich die wichtigsten Indizes im Wochenvergleich entwickelt haben. WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (21.04.2016) | Woche Δ Dow Jones: 17.983 | 0,3% DAX: 10.436 | 3,4% Nikkei: 17.565 | 3,9% Shanghai A: 3.090 | -4,2% Euro/US-Dollar: 1,13 | 0,3% Euro/Yen: 124,75 | 1,0% 10-Jahres-US-Anleihe: 1,87% | 0,09 Umlaufrendite Dt: 0,10% | 0,05 Feinunze Gold: $1.247 | 1,4% Fass Brent Öl: $44,79 | 1,5% Kupfer: 4.999 | 3,1% Baltic Dry Shipping: 670 | 12,2% Plus 3,4% im DAX, sogar 3,9% im Nikkei trotz Erdbeben. Der Dow Jones hingegen konnte nur um 0,3% zulegen, und in China gaben die Aktien gar 4,2% ab. Grund für die gute Performance der Exportländer Japan und Deutschland ist meiner Einschätzung nach der steigende Ölpreis sowie die allgemein festeren Rohstoffpreise. Im Zeitalter des Computer-automatisierten Handels werden steigende Rohstoffe mit Konjunkturaufschwung gleichgesetzt, was die Exporttätigkeit in der Welt ankurbelt. Diese Algorithmen sind weltweit fest einprogrammiert und sorgen für sofortige Kursreaktionen bei entsprechenden Bewegungen der Rohstoffpreise. Doch ich habe Berichte gelesen, dass in China nach einer eher zurückhaltenden Konjunkturtätigkeit nun wieder Lager aufgefüllt werden, was eben nur vorübergehend für einen Preisanstieg sorgt. Natürlich werden die Lager aufgefüllt, weil man mit verstärkter Produktionstätigkeit rechnet, doch das wird noch einige Monate dauern, bis wir an dieser Stelle Gewissheit haben. Das Ganze kann sich auch noch als Strohfeuer entpuppen. Das Kupfer ist also um 3,1% angesprungen. Der Ölpreis um 1,5%, obwohl das Treffen der Ölförderländer in Doha ergebnislos verlief. Ein Ausverkauf wäre eigentlich die logische Folge dieses enttäuschenden Ergebnisses gewesen. Doch inzwischen hat die Internationale Energieagentur (IEA) vorgerechnet, dass die Ölnachfrage im laufenden Jahr "nur noch" um 1,16 Mio. Fässer am Tag anwachsen werde. Gleichzeitig wissen wir, dass die Saudis ihr Angebot um 1 Mio. Fässer ausweiten, der Iran um weitere 600.000 Fässer. 1,6 Mio. mehr gefördertes Öl am Tag trifft auf einen Nachfrageanstieg um 1,16 Mio. Fässer, da werden noch immer 440.000 Fässer zu viel gefördert. Doch nun laufen die Fracking-Anlagen in den USA aus und werden nicht mehr eingesetzt, da der Ölpreis für die Erschließung neuer Fracking-Vorkommen zu niedrig ist. Im laufenden Jahr werde die US-Produktion daher um 1 Mio. Fässer zurückgehen. Sprich: Das Nachfragewachstum kann nicht gestillt werden. Öl wird wieder knapp, egal ob der Iran nun irgendwelchen Einfrierungen zustimmt oder nicht. Das Wachstum der Nachfrage komme hauptsächlich aus China und Indien, so die IEA. Die Meldung wurde zwar als negativ-Schlagzeile für den Ölpreis veröffentlicht, weil das Wachstum geringer ausfällt als noch zuvor erwartet. Doch dieses Nachfragewachstum war offensichtlich nicht mehr in den Köpfen der Anleger präsent und sorgte nun für einen weiteren Anstieg des Ölpreises. Der Baltic Dry Verschiffungsindex ist um weitere 12,2% auf nunmehr 670 USD gestiegen. Ein weiteres Zeichen für eine Wiederbelebung der Wirtschaft. Sind diese guten Daten nun der Beweis für die Kursanstiege der vergangenen Wochen und sollten Sie daher nun Gewinne mitnehmen? Oder ist das erst der Anfang einer fulminanten Rallye? | ||
Für Inhalt und Rechtmäßigkeit dieses Beitrags trägt der Verfasser Stephan Heibel die alleinige Verantwortung. (s. Haftungshinweis) | ||
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