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Auf der einen Seite sind die Differenzen bei den TTIP-Verhandlungen zu groß, um in absehbarer Zeit Erfolge zu vermelden. Auf der anderen Seite bietet man dem Verhandlungspartner eine Besichtigung des Waffenarsenals. Zuerst fordert die EU 13 Mrd. Euro (14,5 Mrd. USD) Wettbewerbsstrafe von Apple. Postwendend fordern nun die USA 14 Mrd. USD (12,5 Mrd. Euro) Strafe für unsaubere Immobilienkredite in den Jahren vor 2009.
Da hat die EU unterschwellig gedroht, US-Steuerflüchtlinge zu melken, wenn die USA nicht stärker in den TTIP-Verhandlungen auf die EU zugeht. Kein Problem, sagen nun die USA, dann machen wir eben Eure Banken kaputt. Ist hier ein Bezug zwischen Apple und der Deutschen Bank gegeben? Kann hier ein Bezug zu den TTIP-Verhandlungen hergestellt werden? "Wissen" können wir das nicht, aber die zeitliche Abfolge und die Beträge legen diese Vermutung nahe. 5,5 Mrd. Euro hat die Deutsche Bank für Rechtsstreitigkeiten zurückgestellt, etwa die Hälfte davon für den Hypothekenskandal. Die nun aufgerufene Summe des US-Justizministeriums ist um ein Vielfaches höher. Doch es ist eine Summe, mit der sich auch schon andere US-Geldhäuser beschäftigen mussten. Am Ende hatte man sich jedoch stets auf eine deutlich kleinere Summe geeinigt. Die Reaktion der Deutschen Bank ist in meinen Augen denkbar ungeschickt. Sowohl CEO Cryan ließ umgehend vermelden, dass er am Ende der Verhandlungen mit der US-Behörde mit einer Strafe rechne, die nicht annähernd an die nun im Raum stehenden 14 Mrd. USD heranreichen werde. Nun habe ich auch noch den Kommunikationschef Jörg Eigendorf live auf CNBC gesehen, der vollmundig davon sprach, dass am Ende der Verhandlungen mit der US-Justizbehörde nur ein Bruchteil dieser Strafe stehen bleiben werde. Ich halte das aus zwei Gründen für ungeschickt: Die Hypothekenkrise sitzt vielen US-Anlegern noch tief in den Knochen, sie wollen die Schuldigen als bereuende Schäflein sehen. Das freche Auftreten von Eigendorf provoziert geradezu eine härtere Gangart der US-Justizbehörde. Zudem sind die Zeiten, in denen die US-Justizbehörde dem "Schuldigen" deutlich entgegen kam, Vergangenheit. Es waren die ersten Banken, denen Zugeständnisse gemacht wurden, weil sie frühzeitig bei der Aufklärung kooperierten. Inzwischen ist man bei denen angekommen, die bis zuletzt stets abstritten, was nicht bewiesen war. Da sind die Zugeständnisse immer kleiner geworden. Das Ende der Deutschen Bank ist damit noch nicht eingeleitet. Einigt man sich am Ende auf die Hälfte, dann würde einer vorläufigen Kalkulation der Berenberg Bank zufolge die Kernkapitalquote der Deutschen Bank knapp unter 10% rutschen (aktuell 10,8%). Die Baselvorschriften sind hart und die Deutsche Bank könnte Probleme bekommen, ausreichend Eigenkapital vorzuweisen. Eine weitere Kapitalerhöhung könnte erforderlich sein, wenn man ersten Reaktionen auf die drakonische Summe Glauben schenkt. Und eine Kapitalerhöhung verwässert die Eigentümerstruktur, mindert den Gewinnanteil der heutigen Aktionäre. Nun liegt alles auf dem Tisch: Die Rückstellungen könnten nicht reichen, eine Kapitalerhöhung droht und das Damoklesschwert der US-Hypothekenkreditstrafe ist hernieder gerauscht. Schlimmer kann's nimmer? Vielleicht. Eine Spekulation ist es wert. BAYER KAUFT MONSANTO Mit Lanxess hat Bayer bereits seine Chemiesparte an die Börse gebracht. Es verbleibt das Pharmageschäft in Leverkusen, gestärkt durch die Übernahme von Schering, sowie die Agrarsparte, hier insbesondere die Agrochemie. In der Sparte der Agrochemie war zuletzt viel Bewegung geraten: ChemChina hat die Schweizer Syngenta gekauft, DuPont geht mit Dow Chemical zusammen und nun zahlt der mit 75 Mrd. Euro bewertete Bayer-Konzern 66 Mrd. Euro in bar für Monsanto. In bar, weil die Finanzierungskosten derzeit praktisch nicht vorhanden sind. Denn Bayer gehört zu den europäischen Unternehmen, deren Unternehmensanleihen von der EZB aufgekauft werden können. Es ist die größte Übernahme, die jemals ein deutsches Unternehmen getätigt hat. CEO Werner Baumann hat erst am 1. Mai das Ruder übernommen. Er ist nach seinem Studium direkt bei Bayer eingestiegen und gilt als kühler Rechner. Die Integration von Schering soll er orchestriert haben. Eine Übernahme dieser Größenordnung hat stets auch eine politische Komponente. Bayer wird zum mit Abstand weltweit größten Agrarunternehmen (23,1 Mrd. USD), vor ChemChina/Syngenta (14,8 Mrd. USD) und DuPont/Dow Chemical (14,6 Mrd. USD). Auf Rang vier folgt abgeschlagen BASF (5 Mrd. USD), doch die Ludwigshafener dürfen sich auf eine Reihe von Abspaltungen freuen, die Bayer und Monsanto im Rahmen der Kartellverhandlungen dann verkaufen werden. Zudem sind auch bei den beiden anderen Zusammenschlüssen noch Unternehmensteilverkäufe zu erwarten. Die wichtige Frage, die von den Kartellbehörden beantwortet werden muss, lautet: Wie wollen wir die Welt von morgen ernähren: Sollen Agrarerträge zu Lasten der Diversifikation gesteigert werden, um den Welthunger zu lindern? Oder sind Artenvielfalt und regionale Besonderheiten wichtiger, um die Ökologie nicht aus dem Gleichgewicht zu bringen? Umweltorganisationen halten den Großkonzernen vor, die vergangenen Jahrzehnte der Konsolidierung nicht dazu genutzt zu haben, den Welthunger zu lindern, sondern den Profit zu maximieren. Monsanto ist schon seit Jahren der Sündenbock der Branche. Insbesondere die Gen-Pflanzen werden angeprangert. Mit auf diese Pflanzen speziell abgestellten Pestiziden wird alternativem Saatgut das Leben schwer gemacht. Die Strategie ziele nachweislich nicht auf ein mehr an Nahrungsmittel ab, sondern auf eine Gewinnmaximierung. Dies zeige sich insbesondere durch die starke Verbreitung von Getreidesorten, die nur für die Tierfütterung geeignet sind und dadurch zwar mehr teures Fleisch ermöglichen, aber wichtige Anbauflächen für günstige Nahrungsmittel erobern. Auf der anderen Seite wird Bayer mit einem ganz ungewöhnlichen Freund rechnen können: Mario Draghi. Die EZB hat ohnehin bereits Probleme, ausreichend Anleihen zu finden, um ihr Anleihenkaufprogramm in versprochenem Umfang durchzuführen. Im November, so das Ergebnis einer jüngst veröffentlichten Studie, könnten der EZB bereits die kaufbaren Papiere ausgehen. Eine Barübernahme, vermutlich finanziert durch die Ausgabe von Unternehmensanleihen, würde die EZB daher begrüßen. Es kämen wieder Unternehmensanleihen über ein paar Milliarden auf den Markt. Die Vita von CEO Baumann liest sich wie eine einzige Erfolgsgeschichte. Rückschläge gab es nicht, was der Mann anpackt, wird gut. Bayer hat durch ihn das Übernehmen und Integrieren von anderen Unternehmen zu einem integralen Bestandteil des eigenen Geschäfts gemacht. Es würde mich schon wundern, wenn sich Baumann mit diesem Schritt übernommen hat. Doch auf der anderen Seite wäre es nicht der erste "Winner", der seine Grenzen aufgezeigt bekommt. Und die Argumente der Übernahmegegner sind in meinen Augen durchaus gerechtfertigt. Nur technologischer Fortschritt kann eine immer größere Anzahl von Menschen ernähren. Doch der technologische Fortschritt benötigt klare, ökologisch definierte Grenzen. Und die gibt es bislang nicht. Auf CNBC sind Bayer CEO Baumann und Monsanto CEO Hugh Grant (nicht der Schauspieler) wie zwei ziemlich beste Freunde aufgetreten. Zweifel am Erfolg der Übernahme hatten sie nicht. Dennoch würde ich mich nicht festlegen. Neben der europäischen muss dieser Übernahme auch die amerikanische Kartellbehörde zustimmen, denn Monsanto sitzt in St. Louis. In den USA glauben zumindest nur wenige an den Erfolg dieser Übernahme, denn statt bei den gebotenen 128 USD notiert die Aktie derzeit lediglich bei 104 USD. Zur Bayer-Aktie: 3% Dividendenrendite, ein KGV 2017e von 12, das ist nicht teuer. Nach den Zusammenschlüssen in der Branche drohte Bayer ins Hintertreffen zu geraten. Die Übernahme wird von Aktionären überwiegend positiv betrachtet. Sollte der Deal platzen, ist eine Kompensationszahlung von 2 Mrd. USD an Monsanto fällig. Bei 11 Mrd. EBITDA wäre das bitter, aber vermutlich immer noch besser, als es nicht versucht zu haben. Ich denke, die Aktie können sie im Depot behalten - egal ob die Übernahme klappt oder nicht. Schauen wir einmal, wie sich die wichtigsten Indizes im Wochenvergleich entwickelt haben: WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES INDIZES (15.09.2016) Woche Δ Dow Jones 18.212 -1,4% DAX 10.431 -2,3% Nikkei 16.405 -3,3% Shanghai A 3.143 -3,0% Euro/US-Dollar 1,12 -0,3% Euro/Yen 114,72 -0,4% 10-Jahres-US-Anleihe 1,70% 0,09 Umlaufrendite Dt -0,12% 0,13 Feinunze Gold $1.315 -1,6% Fass Brent Öl $46,69 -6,4% Kupfer 2.162 3,5% Baltic Dry Shipping 764 -3,5% Na endlich, möchte ich fast sagen, da ich mich schon viel zu früh für eine Marktkorrektur positioniert habe. Doch nun geht's bergab und die Zweifler dominieren die Mainstream-Finanzpresse: "The Donald Trump" liegt gleichauf mit "Illary Clinton", wie Hillary aufgrund ihrer Krankheit nun genannt wird. Und vor The Donald hat die ganze Welt Angst. Dann ist die internationale Notenbankpolitik an einem Wendepunkt: Ein "Weiter so" wird es nicht geben, wie wir den jüngsten Reden von Janet Yellen und Mario Draghi entnehmen konnten. Es wird nach neuen Instrumenten gesucht. Ein neues Instrument könnte beispielsweise ein höheres Inflationsziel als "nahe bei, aber nicht über 2%" sein, 3% oder gar 4% sind zu hören. Oder aber der direkte Kauf von Aktien. Der Schritt vom Kauf von Unternehmensanleihen zu Aktien ist nun auch nicht mehr so groß, oder? Vergangene Woche hat die EZB angekündigt, weitere Schritte bei Bedarf vorzubereiten. Heute hat die Bank of England ähnliche Kommentare von sich gegeben. Am Mittwoch kommende Woche wird die US-Notenbankchefin Janet Yellen vermutlich ins gleiche Horn stoßen, sie hatte die entsprechende Rede ja schon im Rahmen des Bankertreffens in Jackson Hole vor wenigen Wochen gehalten. Auch die Bank of Japan wird am kommenden Mittwoch ihre Zinsentscheidung bekannt geben. Dort ist man schon viel weiter als bei uns, dort wird schon seit Jahren alles gekauft, was verbrieft ist. "Abeonimcs" heißt das dort, in Anlehnung an den Premierminister Shinzō Abe. Die Konjunkturdaten in Europa als auch in den USA können als durchwachsen bezeichnet werden. Eine Zinserhöhung, wie sie für die USA derzeit vielfach diskutiert wird, würde mich schon überraschen, wenn sie am Mittwoch bereits verkündet wird. Die Konjunktur gibt das nicht her. Allerdings dauert die Niedrigzinsphase nun schon viel zu lange und die hohe Liquidität könnte schon wieder zu Blasenbildung führen. Ich habe den Eindruck, die Fed wird den Zins nicht anheben, sondern begnügt sich damit, ihre verschiedenen Ausschussmitglieder mit sich widersprechenden Kommentaren in die Öffentlichkeit zu schicken. Immer wieder habe ich mich gefragt, warum Fed-Chefin Janet Yellen ihren Kollegen nicht den Mund verbietet, ich habe das auch häufig genug im Heibel-Ticker diskutiert. Doch unterm' Strich dürfte das ganze Theater abgesprochen sein, um den Finanzmärkten zu zeigen, dass man "kurz vor" einer Zinsanhebung steht und nur noch gerade einmal ein paar wenige Wochen wartet, bis man es denn endlich auch tun wird - nunmehr schon seit neun Monaten. Also: Zweifler haben das Ruder übernommen und wir haben noch nicht einmal das Argument gehört, dass das Niedrigzinsumfeld die Gewinnentwicklung der Unternehmen beeinträchtigt. Diese Woche hat der DAX 2,3% abgegeben, der Nikkei 3,3% und der Dow Jones nur 1,4%. Die USA können sich bislang von der Korrektur weitgehend abkoppeln. Lange kann es diese unterschiedliche Bewegung nicht geben. Der Ölpreis ist, wie von mir vergangene Woche angekündigt, wieder zurück gekommen. Nicht nur der drastische Einbruch bei den Lagerbeständen, sondern auch die Hoffnung auf eine Fördermengeneinigung zwischen Russland und Saudi Arabien haben sich als vorübergehend herausgestellt. Und so beginnt der Ölpreis wieder zu fallen, das Wochenminus beträgt 6,4%. Nach der Pleite des südkoreanischen Reeders Hanjin waren die Transportraten vorübergehend in die Höhe gesprungen, so auch der Baltic Dry Verschiffungsindex. Dieser kommt nun langsam zurück (-3,5%). | ||
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